Er hat mir nicht mehr geschrieben, doch neulich dachte ich an seine Berufsgruppe. Ich las von einem 65-Jährigen aus Heiligenberg, der Opfer von Telefonbetrügern geworden war. Unbekannte hatten dem Mann geschrieben und sich als sein Sohn ausgegeben. Dieser vermeintliche Sohn hätte sein Handy ins Klo fallen lassen und bräuchte nun dringend die Unterstützung des Vaters, hieß es. Der 65-Jährige sollte zeitnah mehrere tausend Euro auf ein Konto überweisen – und tat es. Erst Tage später flog der Schwindel auf, als der 65-Jährige seinen echten Sohn traf.

„Hallo Papa, wie geht es dir?“

Diese Masche ist leider sehr clever. Denn man kann nicht ausschließen, dass Menschen ihr Handy ins Klo fallen lassen und sie eine wichtige Überweisung für ein gerade geliefertes Ecksofa tätigen müssen. Man kann auch nicht ausschließen, dass hilfsbereite Eltern ihren (falschen) Kindern in so einem Fall helfen. So dachte ich wieder an diese Berufsgruppe, einer von ihnen hatte mich vor mehreren Monaten bei WhatsApp angeschrieben.

„Hallo Papa, wie geht es dir? Ich habe eine neue Nummer“, lautete die Nachricht von einer mir unbekannten Nummer mit deutscher Vorwahl. Berufsbedingt war mir klar: Hier hatte ein Telefonbetrüger wohl die Angel ausgeworfen.

Seit einem Jahr Funkstille

Aber warum nicht einfach mal zurückschreiben und gucken, was passiert? Es gäbe viele Fragen: Woher hatte er meine Nummer? Warum übte er diesen Beruf aus? Hatte er kein schlechtes Gewissen? Und wäre kein anderer Beruf möglich gewesen? Vor einer Geldübergabe oder Überweisung hätte ich die Polizei informiert. Im besten Fall wäre auch noch ein Artikel dabei herausgesprungen.

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Ich versuchte also, mich wie ein fürsorglicher Vater auszudrücken, und schloss die Nachricht ab mit „Lg paps“. Nach drei Tagen antwortete er nicht und ich schrieb erneut – keine Antwort, ich gab auf. Nach etwa einem Jahr Funkstille las ich vom Heiligenberger Fall und schrieb erneut. Doch es herrscht weiterhin Funkstille zwischen uns. Man könnte sagen: Er hat mich geghostet.

Damit ist nicht zu spaßen

Möglicherweise hat er andere Opfer gefunden. Möglicherweise schrieb ich nicht wie ein älterer WhatsApp-Nutzer, sondern wie ein 31-Jähriger, der sich als Boomer ausgeben will. Beim Blick auf den Chatverlauf wirkt es mittlerweile, als ob ich ihn ernsthaft belästige. Ich hätte gern mit ihm gechattet, doch ich trauere dem nicht nach. Wahrscheinlich hätte er eine Masche gehabt, um selbst mich übers Ohr zu hauen.

Liebe Leserinnen und Leser, sollten Sie eine solche WhatsApp-Nachricht erhalten, gehen Sie nicht darauf ein. Beachten Sie die regelmäßigen Hinweise der Polizei dazu. Denn: Mit Telefonbetrug ist nicht zu spaßen.