Annika Geiger will es wissen. Die gebürtige Daisendorferin möchte Miss Germany 2022 werden. Derzeit ist sie unter den Top 160 aus 12 000 Bewerbungen aus ganz Deutschland. Dann wird auf Top 80, 40 und 20 reduziert, ehe im Februar 2022 das Finale im Europapark in Rust stattfindet.

Wer glaubt, dass es sich dabei noch immer um einen Schönheitswettbewerb handelt, irrt. „Die Wahl hat sich weg vom Bikini hin zu einer Plattform für Frauen entwickelt“, erzählt die 27-Jährige beim Videocall. Geiger sitzt dabei in ihrem Wohnzimmer in London am Schreibtisch.

Früh zum Studium ins Ausland

Sie lebt größtenteils mit ihrem Partner in der britischen Hauptstadt und ist dort bei einem Tech-Unternehmen als Account Direktorin tätig. Für den Job reist sie aber auch viel, war zuletzt zum Beispiel länger in Portugal.

Ebenfalls an den Bodensee verschlägt es sie immer wieder, um ihre Familie zu besuchen. Ihre Eltern wohnen noch hier, ihr Bruder studiert in München. Annika Geiger zog es früh ins Ausland. Nach dem Abitur am Droste-Hülshoff-Gymnasium entschied sie sich, auf Englisch Tourismusmanagement in Holland zu studieren.

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Ihre Bachelorthesis entstand in London, für ihre zwei Masterabschlüsse ging es wieder nach Holland und Australien. Die Insel Bali war ebenfalls eine Station der 27-Jährigen. Im Jahr 2018 zog sie fest an die Themse, wo sie ihre App-Tech-Karriere startete.

„Ich war offen für Neues“, sagt sie über den Branchenwechsel weg vom Tourismusmanagement über Businessmanagement hin zur Tech-Branche. Oft musste sie Geliebtes zurücklassen. „Das tut schon weh“, gibt sie zu. Doch einmal unterwegs, lassen sich ihr zufolge leicht die nächsten Schritte überlegen.

London – hier die Themse – ist zur Wahlheimat der 27-Jährigen geworden. Doch auch einen längeren Aufenthalt in Amerika kann ...
London – hier die Themse – ist zur Wahlheimat der 27-Jährigen geworden. Doch auch einen längeren Aufenthalt in Amerika kann sie sich für die Zukunft vorstellen. | Bild: Privat/Annika Geiger

Ehemalige Kandidatin inspiriert sie

Auf die Miss-Germany-Wahl wurde sie über das Profil einer ehemaligen Kandidatin aufmerksam. Das habe sie inspiriert, sagt Annika Geiger. Aber: „Ich möchte auf gar keinen Fall anderen Frauen mit Eifersucht gegenübertreten, sondern dass wir uns unterstützen.“

Das hat mit ihrer Mission zu tun: mehr Frauen im Technologiebereich, mehr Frauen in Führungspositionen, mehr Visibilität für Frauen im Allgemeinen. Die 27-Jährige sucht sich dafür Unterstützung bei Frauen, so hat sie beispielsweise eine Mentorin. Genauso ist sie aber selbst als Mentorin und Lehrerin im Einsatz. Außerdem übernimmt sie im nächsten Jahr eine Stelle als Gastdozentin in einem Masterstudiengang.

Geiger erlebt Zurückweisung im Job

Annika Geiger sagt über sich selbst: „Ich bin sehr ehrgeizig.“ Doch obwohl sie viel Mühe in ihre erste Arbeitsstelle in London steckte, kam sie nicht weiter. „Frauen werden hingehalten und es fehlt ihnen an Selbstbewusstsein. Sie sind so erzogen, dass sie irgendwo reinpassen und funktionieren müssen.“

Das wurde ihr klar, als sie vor ein paar Jahren um Position und Gehalt verhandeln wollte, aber nicht gehört wurde. „Es ist mir passiert. Dabei ist mir bewusst geworden, wie oft das geschieht“, berichtet die 27-Jährige. Sie sah sich nach eigenen Angaben mit unfairen Vergleichen zu Männern und Sticheleien konfrontiert.

„Frauen werden hingehalten und es fehlt ihnen an Selbstbewusstsein. Sie sind so erzogen, dass sie irgendwo reinpassen und funktionieren müssen.“
Annika Geiger, Miss-Germany-Kandidatin

Daraufhin beschäftigte sie sich viel mit dem Thema Frauen und Arbeitswelt, fand ihre Mission, mit der sie nun auch in den Top 160 der Miss-Germany-Wahl steht. „Ich hatte viele eigene mentale Blockaden“, sagt Annika Geiger. Doch der Umschwung gelang. Sie wechselte firmenintern auf eine andere Position und begann vor einigen Monaten einen Job in ihrem jetzigen Unternehmen.

Anderen Frauen gegenüber ist sie transparent, versucht, sich mit ihnen zu vernetzen. „Ich will Frauen mitgeben, sich nicht unter Wert zu verkaufen und nach etwas zu fragen, selbst wenn sie nicht denken, dass sie dies wert sind“, so Geiger.

„Ich will Frauen mitgeben, sich nicht unter Wert zu verkaufen und nach etwas zu fragen, selbst wenn sie nicht denken, dass sie dies wert sind.“
Annika Geiger, Miss-Germany-Kandidatin

Ihre Bewerbung bei Miss Germany einzureichen, hat ihr einiges an Mut abverlangt. „Ich mache prinzipiell die Sachen, vor denen ich am meisten Angst habe. Aber gute Angst“, sagt Annika Geiger. Ihr Partner sei stolz auf sie: „Er versucht, die Artikel über mich auf Deutsch zu verstehen.“ Ihre Eltern hat sie während ihres jüngsten Besuchs am Bodensee mit der Kandidatur überrascht. Laut der 27-Jährigen waren sie zunächst perplex, freuen sich jedoch beide auf den weiteren Verlauf des Wettbewerbs.

Online-Abstimmung startet im Oktober

Annika Geiger wird als Nächstes bei der Miss-Germany-Live-Experience dabei sein. Diese findet vom 16. bis 19. September statt. An einem der Tage hat Geiger die Gelegenheit, sich vorzustellen und andere Kandidatinnen kennenzulernen. Ab Oktober kann dann online für sie abgestimmt werden. Ferner muss sie die Jury überzeugen – von ihrer Persönlichkeit und Mission. Sollte sie unter die Top 20 kommen, stehen ihr ab Ende Januar 2022 Coachings und Treffen mit Mentorinnen bevor. Die Top 20 kommen ins Halbfinale, zehn Frauen treten im Finale an.

Social Media ist dabei eine wichtige Komponente. Die Kandidatinnen nutzen ihre Kanäle, um sich zu präsentieren – ganz privat oder bei der Arbeit. Bei den Treffen entstehen Inhalte für die Miss-Germany-Kanäle, aber auch die Profile der Frauen. Annika Geiger nutzt Instagram, um ihrer Botschaft Gehör zu verschaffen.

Für eine Kandidatur zur Weinprinzessin sei sie noch zu schüchtern gewesen, sagt Annika Geiger und lacht. Über den Titel der Miss Germany und die Optionen, die sich daraus ergeben, würde sie sich freuen. „Loslassen und groß träumen“, sagt sie sich und anderen Frauen. Wo die 27-Jährige noch hin möchte? Vielleicht nach Amerika für ein, zwei Jahre. „Ich versuche, offen zu bleiben“, erklärt sie.

Tanzen gehört immer noch zum Leben von Annika Geiger dazu. Am Bodensee turnte und tanzte sie in Vereinen.
Tanzen gehört immer noch zum Leben von Annika Geiger dazu. Am Bodensee turnte und tanzte sie in Vereinen. | Bild: Privat/Annika Geiger
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