Wie zuversichtlich sind Sie, dass es bald eine Landshut-Ausstellung geben wird?
Ich bin da sehr zuversichtlich. Das Projekt ist durchfinanziert, die Mitarbeiter sind fest angestellt und beginnen jetzt mit der Arbeit an einem Museumskonzept. Da das Landshut-Projekt auch im Koalitionsvertrag steht, gehe ich davon aus, dass alles klappen wird.
Das Projektteam hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Wie kompliziert wird ein Museumskonzept?
Die Kollegen wollen Grundlagen erarbeiten. Es wäre schlimm, wenn wir eine Ausstellung konzipieren, die historisch nicht einwandfrei belegbar wäre. Deswegen ist der Anspruch extrem hoch. Wir wollen, dass die Ausstellung inhaltlich, fachlich und didaktisch ausgereift ist. Das ist auch der Grund, warum das Projektteam mehr Zeit braucht. Es gibt ja bereits Forschungen zur Roten Armee Fraktion (RAF), auch eine Ausstellung zur RAF lief bereits in Baden-Württemberg, da wurde uns bereits Hilfe zugesagt. Aber es gibt noch offene Fragen, etwa die genaue Geschichte von Kapitän Schumann, das einzige Todesopfer der Landshut. Er wurde stundenlang verhört, von wem ist aber bis heute nicht erforscht. Wir würden gerne zeigen, was da ganz genau passiert ist. Gleiches gilt für die Frage, wer Hans Martin Schleyer erschossen hat. Auch das ist noch nicht endgültig geklärt.
Sind das nicht sehr anspruchsvolle Vorsätze?
Nein, wir wollen ja keine 08/15-Ausstellung präsentieren, wir haben einen gewissen Anspruch. Die Bundesregierung will diese Ausstellung haben, wir werden uns ins Zeug legen, dass diese wirklich gut wird.
Sprechen wir nun von einem Museum oder einem Mahnmal?
Es wird kein Mahnmal werden, die Landshut wird ganz sicher in einem Museum ausgestellt – ein Museum des Deutschen Herbstes. Wir wollen keine Pilgerstätte werden.
Der Bund trägt die investiven Kosten bis zur Ausstellungseröffnung, rund 10 Millionen Euro. Doch die Finanzierung der laufenden Kosten, die Sie mit etwa 200 000 Euro pro Jahr beziffern, ist noch nicht abschließend geklärt. Wie weit sind Ihre Gespräche zu den Betriebskosten gediehen?
Diese Gespräche laufen. Wir gehen davon aus, dass wir in den ersten Jahren kostendeckend sein werden und auch gar kein Geld brauchen werden. Aber nach einigen Jahren könnte es sein, dass wir finanzielle Hilfen brauchen. Es ist völlig normal, dass das Interesse dann ein wenig abebbt. Ich bin mir aber sicher, dass es Gelder geben wird, bevor wir hier die Lichter ausmachen müssen. Für solche Zwecke gibt es diverse Kulturtöpfe oder Ingangsetzungspauschalen. Derzeit wird noch argumentiert, dass keiner zahlen wird, weil es so im Protokoll steht.

Aber ich habe eine klare Meinung, die dieselbe ist wie die von Oberbürgermeister Andreas Brand: Wer bestellt, der muss auch zahlen. Das Dornier-Museum hat sich als Partner beim Landshut-Projekt zur Verfügung gestellt, wir haben das Grundstück gespendet und wir helfen bei der Durchführung mit. Aber es ist letztlich ein Projekt der Bundesrepublik Deutschland. Wenn es ans Eingemachte geht, wird es eine Lösung geben, da bin ich mir ganz sicher.
Natürlich verhandele ich im Hintergrund. Aber es gibt noch keine Ergebnisse. Ich will aber bei den Akteuren das Bewusstsein wach halten, dass künftige Finanzierungen nötig werden könnten. Deswegen spiele ich mit offenen Karten und kommuniziere das schon jetzt. Ich möchte nicht, dass es irgendwann heißt, wir hätten nicht die Wahrheit gesagt. Glauben Sie, dass der Bund den Laden nach drei Jahren wieder zumachen wird? Es wird eine Lösung geben.
Spielt Sigmar Gabriel noch irgendeine Rolle?
Im Moment ist er untergetaucht, wir haben auch keinen Kontakt derzeit, er hat viele Termine. Ich würde ihn natürlich gerne einbeziehen. Ich fände es großartig, wenn er als Initiator bei der Museums-Eröffnung dabei wäre und sprechen könnte.
Martin Rupps, ein Mitglied des wissenschaftlichen Beirates, kritisiert Sie öffentlich und sagt, es ginge nichts vorwärts. Was sagen Sie dazu?
Wenn Martin Rupps sich informiert hätte und nicht die beleidigte Leberwurst spielen würde, dann hätte er gesehen, dass wir sehr viel gemacht haben in der Zwischenzeit. Es ging um Finanzierung und Organisation des Projektes, viel lief im Hintergrund. Es ging um Details, etwa um die Frage, wie oft sich der Beirat trifft, lauter Verwaltungsgeschichten.
Aber das müsste Martin Rupps doch wissen?
Es ist nicht meine Aufgabe, Herrn Rupps ständig zu informieren. Er dürfte eigentlich auch keine Pressearbeit machen. Das Schwierige an ihm ist, dass er drei Rollen innehat: Die des Mitglieds des wissenschaftlichen Beirats, die des SWR-Reporters und die des Privatmannes. Da wissen wir manchmal auch nicht, welche Mütze er gerade auf hat. Ich muss mich nicht von ihm öffentlich kritisieren lassen.
Die Häfler sind ja immer noch nicht sehr begeistert von der Landshut. Warum glauben Sie, ist das Thema immer noch so schwierig für Friedrichshafen?
Das hängt vor allem damit zusammen, dass das Thema den Häflern falsch verkauft wurde. Die Botschaft, dass Friedrichshafen für die Landshut-Ausstellung zahlen soll, war und ist falsch und ist Quatsch. Das habe ich von Anfang an dem Oberbürgermeister gesagt. Diese Finanzierung ist Bundessache.
Gleichzeitig wollen Sie aber, dass die Stadt Friedrichshafen bzw. die Zeppelin-Stiftung sich am Dornier-Museum beteiligt. Was genau schwebt Ihnen vor?
Ich möchte eine anhaltende Unterstützung. Andere Institutionen, die junge Menschen fördern, wie etwa ein Ruderverein oder ein Württembergischer Yachtclub oder sonstige Einrichtungen für Bildung und Wissensvermittlung, bekommen Geld. Warum soll dieses Haus, das seine Wurzeln im Zeppelin-Konzern hat, keine Hilfe bekommen? Das ist schwer zu erklären, warum wir kein Geld bekommen sollen.
Könnte es daran liegen, dass Ihr Vater Silvius bei der Eröffnung des Museums klipp und klar gesagt hat, dass die Familie das Museum hinstellt und auch finanziert, und dass die Stadt nicht in die Finanzierung eingebunden wird?
Dieses Museum konnte nur aus der Familie heraus entstehen. Eine andere Frage ist, wie es in Zukunft weitergeht. Es war sehr großzügig von meinem Vater, 50 Millionen Euro zu investieren, ohne Hintergedanken und ohne kommerzielle Weiterverwendung. Das Dornier-Museum erzählt die Stadt- und Industriegeschichte Friedrichshafens. Wenn ich die Stadt wäre, würde ich mir die Finger danach lecken und mich darüber freuen, dass es Menschen gibt, die der Stadt und der Bodenseeregion ein Museum umsonst hinstellen. Im Prinzip profitieren doch nur die Stadt und der Fremdenverkehr vom Dornier-Museum. Die Familie Dornier profitiert nicht davon.
Im Übrigen agiert hier eine gemeinnützige Stiftung, nicht die Familie Dornier. Wir können nicht noch einmal 50 Millionen Euro in das Museum stecken. Die Stadt sollte doch einmal überlegen, ob das Museum nicht doch interessant ist. Und falls es nicht interessant ist, dann wird es eben irgendwann einmal zu Ende sein. Aber es gibt Signale vom Gemeinderat, die mir zeigen, dass das Bewusstsein doch da ist. Wir sind das größte Technikmuseum hier am Bodensee und zeigen eine enorme Bandbreite. Wir bilden Geschichte von 1914 bis 1984 ab – vom Wasserflugzeug über Nudelsiebe, Senkrechtstarter bis hin zum Satellitenbau – das ist ein irres Spektrum.
War es ein Fehler, dass Sie im April 2017 damit begannen, die Landshut herzuholen, ohne dass der Gemeinderat davon wusste? Im Juni 2017 haben Sie in einer Sitzung mit dem Gemeinderat mit der Schließung des Dornier-Museums gedroht, sollte es keine finanzielle Beteiligung geben, weil das Museum 1,7 Millionen Euro Schulden im Jahr macht. Erst danach wurde bekannt, dass Sie die Landshut holen wollten. Sind Sie da taktisch falsch vorgegangen?
Fakt ist, dass ich immer klar gesagt habe, dass ich mit der Stadt über eine Zuwendung zum Dornier-Museum spreche, nicht über eine Finanzierung des Landshut-Projektes. Das habe ich OB Brand von der ersten Stunde an gesagt, das weiß er auch ganz genau. Ich bin bereit zu akzeptieren, dass der OB die Landshut nicht will und dass das Angelegenheit des Bundes ist. Bin ich falsch vorgegangen? Als Museumsdirektor bin ich dafür verantwortlich, möglichst viele Besucher herzuholen. Ich muss das Programm attraktiv halten. Wenn wir ein neues zeitgeschichtliches Museum, also die Landshut-Ausstellung haben, dann kommen auch mehr Besucher als bisher. Das war der Hintergrund der Landshut-Entscheidung.
War es schlau, den Gemeinderat nicht von Anfang an ins Boot zu holen, was das Thema Landshut betrifft? Die Nachricht, dass der Flieger nach Friedrichshafen kommt, war ja tatsächlich etwas schockartig. Würden Sie in der Rückschau sagen, das hätten Sie anders machen müssen?
Die Verhandlungen mit der Stadt Friedrichshafen dauern ja schon sehr lange. Schon mein Bruder Cornelius hat mit der Stadt darüber verhandelt – ohne Ergebnis. Aber ich muss schauen, wie ich betriebswirtschaftlich vorankomme. Es ging nicht darum, jemandem eins auszuwischen, es ging darum, die Attraktivität dieses Hauses zu erhöhen.
Wie ist denn der Stand der Gespräche derzeit? Wie oft haben Sie sich mit dem OB getroffen?
Wir haben uns einige Male getroffen. Der Stand ist, dass wir auf die Zusage warten, dass wir eine Unterstützung für das Dornier-Museum bekommen.
Wie viel Geld brauchen Sie von der Stadt, bzw. der Stiftung, um den Museumsbetrieb aufrecht zu erhalten?
Schon vor geraumer Zeit haben wir der Stadt gesagt, dass wir 800 000 Euro im Jahr brauchen. Und das ist im Vergleich etwa zum Zeppelin-Museum eine sehr bescheidene Summe. Den Rest kann die Familie Dornier tragen. Das Zeppelin-Museum braucht mindestens drei Millionen Euro pro Jahr. Jedes Museum ist defizitär, das ist in der ganzen Bundesrepublik so und völlig normal. Wir würden uns freuen, wenn wir von der Stadt eine Unterstützung bekommen würden.
Ein weiteres Problem sind aber auch die Strukturen. Wie machen Sie dem Gemeinderat klar, dass das Dornier Museum 490 000 Euro Pacht an die Silvius Dornier Objektgesellschaft zahlt, das Geld also gewissermaßen intern in der Familie bleibt. Viele sagen, die Familie Dornier sei vermögend und könne alles selbst tragen.
Unsere Familie wäre bereit, die Museumsimmobilie an die Stiftung zu übertragen. Somit besteht dann keinerlei Verbindung mehr zu der Stifterfamilie und es gibt somit auch keine Mietzahlung an unsere Objektgesellschaft.
Jede Generation betritt ein neues zeitliches Umfeld. Mein Vater hatte damals, als er seinen Firmenanteil verkaufte, ein stattliches Vermögen. Wenn Sie das durch sieben teilen und die Erbschaftssteuer abziehen, dann bleibt nicht mehr so viel übrig. Es fällt den Erben schwer, jedes Jahr 1,5 Millionen Euro ins Museum zu schießen. Und ich glaube, dass es Aufgabe der Stadt ist, sich um die Industriegeschichte der Stadt Friedrichshafen zu kümmern. Wir haben uns jetzt acht Jahre lang gekümmert, wir haben das Haus gebaut, alles ist bezahlt. Ich denke, dass es normal ist, dass eine Stadt, die vom Dornier-Konzern viele Jahre lang profitiert hat, auch uns als Stiftung hilft. Der Dornier-Konzern war der zweitgrößte Konzern am Bodensee und wurzelt im Zeppelin-Konzern. Warum die Zeppelin-Stiftung da nicht helfen möchte, das verstehe ich nicht.
Was würde denn passieren, wenn der Gemeinderat am Ende entscheidet, keine Zuschüsse zu geben?
Für mich ist das Scheitern keine Option. Ich möchte, dass wir als Team weiterkommen. Ich bin vom Dornier-Museum überzeugt. Warum sollte man so einem Haus nicht helfen wollen? Wenn es eine definitive Absage geben sollte, dann müssen wir halt schauen.
Haben Sie vielleicht die Befindlichkeiten in der Stadt unterschätzt, als Sie hier angefangen haben?
Vielleicht ja. Ich bin jemand, der positiv denkt. Wenn da ein Wille ist, ist da auch ein Weg. Man muss sich eben durchbeißen und Dinge durchkämpfen. Vielleicht habe ich teilweise die Menschen überrascht, auch mit dem Landshut-Projekt – aber letztendlich wird das neue Museum eine neue Attraktion für Friedrichshafen.
Fragen: Kerstin Mommsen
Zur Person
David Dornier wurde 1962 in Friedrichshafen geboren und ist Enkel des Luftfahrtpioniers Claude Dornier und der Sohn von Silvius Dornier. Seit April war er 2016 Sprecher der Dornier-Stiftung für Luft- und Raumfahrt und Mitglied des Stiftungsvorstands. Seit Mai 2017 ist er Direktor der Dornier-Museums in Friedrichshafen. David Dornier ist zudem Inhaber zweier privater Hörfunksender in Berlin und Nürnberg.