Deutlich länger als geplant haben die Untersuchungen für den Flugzeugabsturz vor fast zwei Jahren gedauert, bei dem alle drei Insassen ums Leben kamen. Am Dienstag legte die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BfU) in Braunschweig ihren Abschlussbericht der Öffentlichkeit vor. Darin wird klar: Was an Bord geschah, lässt sich nicht mehr aufklären.

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Ergebnisse auf 39 Seiten

Auf 39 Seiten legt die BfU das gesammelte Wissen und die Erkenntnisse aus den monatelangen Untersuchungen dar. Ursache für den Absturz war demnach ein „plötzlicher Kontrollverlust“ der Piloten über das Flugzeug, als die Cessna C510 Mustang im Dunkeln und in den Wolken zum Landeanflug auf den Flughafen in Friedrichshafen ansetzte. Wahrscheinlich habe das Wetter mit leichter bis mäßiger Turbulenz, Schneefall und Vereisung eine Rolle gespielt.

Ganz am Ende des Berichts steht aber auch, dass „gesicherte Ursachen für den Kontrollverlust aufgrund fehlender Informationen über die Ereignisse an Bord des Flugzeugs nicht ermittelt werden konnten“. Denn das Cockpit wurde beim Absturz völlig zerstört und damit auch die Speicherkarten des Bordcomputers. Da das Flugzeug nicht mit einem Flugdatenschreiber oder einem Rekorder ausgerüstet war, lagen den Ermittlern damit keine Aufzeichnungen vor, die Aufschluss über das Geschehen an Bord geben konnten.

Was am Unfalltag geschah

Der Untersuchungsbericht rekonstruiert die Geschehnisse an jenem 14. Dezember 2017 sehr detailliert – bis zu dem Zeitpunkt, als das Flugzeug bei Schneefall und eisiger Kälte plötzlich rasant an Flughöhe verlor, mit Hindernissen kollidierte und in einem Waldgebiet aufschlug. Ausgewertet wurden Wetterdaten, Funkverkehr, Obduktionsberichte, Untersuchungen an den Wrackteilen, Radaraufzeichnungen oder Zeugenbefragungen.

Ein Triebwerk liegt am 15. Dezember 2017 in dem Waldstück bei Sieberatsreute, in dem die Cessna abgestürzt war.
Ein Triebwerk liegt am 15. Dezember 2017 in dem Waldstück bei Sieberatsreute, in dem die Cessna abgestürzt war. | Bild: Karl-Josef Hildenbrand

Um 17.43 Uhr war die Maschine demnach im hessischen Egelsbach gestartet, flog über Mannheim, Stuttgart und an Mengen vorbei in Richtung Süden. Im gesamten Funkverkehr gab es von der Besatzung weder Meldungen über technische Probleme noch andere Einschränkungen. Um 18.13 Uhr hatte der Tower in Zürich den letzten Funkkontakt zur Maschine. Der Radarlotse beobachtete dann, wie die Cessna beim Eindrehen auf die Anfluglinie für den Flughafen Friedrichshafen stark zu sinken begann. „Auf sein wiederholtes Anrufen reagierte die Besatzung nicht mehr“, steht im Bericht.

46 Sekunden zwischen letztem Funkkontakt und Absturz

Zwischen dem „unauffälligen“ Funkkontakt bis zum Kontrollverlust vergingen zirka 46 Sekunden. Um 18.14 Uhr touchierte das Flugzeug Baumwipfel, wobei hier Teile der linken Tragfläche sowie des Leitwerks gefunden wurden. Schwer beschädigt flog die Cessna mit hoher Geschwindigkeit in ein 1000 Meter entferntes Waldstück und zerschellte. Auf der 130 Meter langen Absturzspur wurden mehrere Bäume abgeschlagen und entwurzelt. Weil der Rumpf der Maschine beim Einflug in den Wald zerstört wurde, hatten die Insassen keine Überlebenschance, konstatiert der Bericht.

Keine technischen Probleme

Warum die Piloten jedoch die Kontrolle über die Maschine verloren, lässt sich laut BfU-Bericht nur vermuten. Nach ersten Informationen ging die Staatsanwaltschaft Ravensburg Anfang März 2018 davon aus, dass eine vereiste Landeklappe Ursache für den Absturz gewesen sein könnte. Diese These wurde im BfU-Zwischenbericht kurz Zeit später allerdings nicht bestätigt. Möglich seien „vielerlei Ursachen“, heißt es abschließend. Wegen des Wetters sei auch eine starke Vereisung unmittelbar vor dem Unfall möglich. Bei beiden Triebwerken war die Enteisung eingestellt. Technische Probleme schließen die Ermittler mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Auch gesundheitliche Gründe scheiden aus, genauso wie Einflüsse durch Medikamente, Drogen oder Alkohol.

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Orientierung verloren

Die Ermittler gehen eher davon aus, dass der Flug „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ vom Autopiloten, also vom Computer, gesteuert wurde. Die Flugparamenter beim Eindrehen der Maschine auf die Anflugroute für die Landebahn lassen demnach „einen Kontrollverlust beim Übersteuern des Autopiloten oder auf eine Abschaltung des Autopiloten“ schließen. Dieser „Steuerfehler“ passierte in den Wolken, bei Niederschlag und Dunkelheit, also ohne Sichtkontakt zum Boden. Vermutlich habe die Besatzung versucht, das Flugzeug nach dem Erstkontakt mit Hindernissen noch abzufangen. Danach war die Kontrolle über die bereits schwer beschädigte Maschine vermutlich „vollständig verloren“.

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Aus dem Leben gerissen

Josef Wund, der in Eriskirch geboren wurde, arbeitete sich vom Maurer über den Architekten bis zum Firmenlenker hoch. Mit 27 Jahren erhielt er den Bauauftrag für die neue Friedrichshafener Messe. Später baute er die Thermen in Erding, Bad Wörishofen, Titisee, Sinsheim und Euskirchen und hatte weitere Großprojekte vor. Drei Tage nach seinem 79. Geburtstag kam er bei dem Flugzeugabsturz ums Leben. Das Unglück hatte in Deutschland und Österreich ein großes Medienecho und Betroffenheit ausgelöst. Das Erbe seines Firmenimperiums ging zu großen Teilen auf die von ihm gegründete Josef-Wund-Stiftung über.