Stellvertretend für die Häfler Baukultur wurden bei einer Untersuchung 30 Beispiele ausgewählt. Voraussichtlich im Juni befasst sich der Gemeinderat mit dem Ergebnis. Wichtig bei den ausgewählten Bauwerken und räumlichen Gebieten sei gewesen, dass sie übertragbar seien, erklärte Denkmalexpertin Nicola Halder-Hass bei einer Bürgerinformationsveranstaltung. Daher seien unter den 30 ausgewählten Objekten auch keinerlei Sonderbauten zu finden.
Die Experten von Bricks And Beyond (Berlin) gingen bei ihrer Untersuchung nach Zeitschichten vor und schauten sich auch im Hinterland um. Wir zeigen einige Beispiele für aus ihrer Sicht erhaltenswerte Bausubstanz in der Stadt.

Villa Bögle – 1811 bis 1918
Los geht‘s mit der ersten Zeitschicht – von 1811 bis 1918, also von der Stadtgründung bis zum Ersten Weltkrieg. Stellvertretend wurden unter anderem Hotels, Schulgebäude und ein Rathaus ausgewählt, aber auch Villen wie etwa das Wohn- und Geschäftsgebäude an der Charlottenstraße, das zuletzt Blumen Hirscher beherbergt hat. Es stehe stellvertretend für die Zeit, in der „Friedrichshafen wachgeküsst wurde“, so Halder-Hass. Ein Großteil der historischen Gebäude könne als erhaltenswerte Bausubstanz eingestuft werden.

Hinterland und Hofanlagen
„Erhaltenswerte Bausubstanz ist auch in den kleinen Weilern zu finden“, betonte die Denkmalexpertin außerdem. Und weil für Friedrichshafen auch die Landwirtschaft eine wichtige Rolle spiele, hätten sie sich auch im Hinterland nach Hofanlagen umgesehen, die stellvertretend ausgewählt werden könnten. Eine davon ist der Wolfenhof mit seiner kleinen 1732 erbauten Kapelle, etwas außerhalb von Ailingen gelegen.

Villen – 1920er-Jahre
Für die Zeitschicht der 1920er-Jahre wurden dann besonders viele Villen ausgewählt. In der Eckenerstraße befinden sich gleich zwei davon: Sie tragen die Hausnummern 89 und 56. Letztere sei ein ganz besonders Schmuckstück, betonte Halder-Hass, hier sei nämlich sogar noch das kleine Gartenhäuschen zum See hin erhalten.
Siedlungsbau – 1930er- und 1940er-Jahre
Die darauffolgenden 1930er- und 1940er-Jahre seien dann vom Siedlungsbau stark geprägt gewesen, den die Experten hier daher herausstellen wollten. Zu diesem sei es gekommen, weil die Industrie in dieser Zeit erstarkt sei. Typisch sei für die kleinen Häuser ihr Nutzgarten gewesen, in denen man Kartoffeln und Gemüse habe anbauen können.

Die kleinen Grundrisszuschnitte würden heutigen Platzansprüchen freilich nicht mehr gerecht, daher sei recht viel angebaut worden. Dennoch sei das Charakteristische der Siedlungen nicht verloren gegangen, diese daher erhaltenswert: „Man kann hier die Siedlungen reinnehmen, obwohl sie überformt sind: Da sieht man den Unterschied zum Denkmalschutz“, sagte Halder-Hass.
Auch das Rathaus Ailingen stammt aus dieser Zeitschicht. Hier sei besonders zu betonen, dass es sich um ein gutes Beispiel handle, wie man qualitativ hochwertig energetisch sanieren könne, ohne „alles kaputtzudämmen“.

Wiederaufbau – 1950er-Jahre
Es geht weiter in eine Zeitschicht, die Friedrichshafen bis heute stark prägt, in der daher auch die meisten Gebäude ausgewiesen wurden: die 1950er-Jahre. Wiederaufbaupläne wurden schnell aus der Schublade gezogen. Es sei der damaligen Verwaltung wichtig gewesen, ein Stück weit den Parzellengrundriss der Innenstadt wieder aufzunehmen, aber auch einen Schritt weiterzugehen. Der „Boulevard Friedrichstraße“ wurde ebenfalls an dieser Stelle in die Auswahl aufgenommen, auch wenn hier unterschiedliche Zeitschichten gemischt seien. Hier gehe es vor allem um das Gesamtgefüge, das das Stadtbild maßgeblich präge. Dazu zählen beispielsweise die Gebäude der Friedrichstraße 46 und 48.

Die Gebäude sehen teilweise fast aus wie die alten. Schaut man aber näher hin, sieht man, dass sie eine neue Form haben. Sie haben Dachgauben, die es früher nicht gab, sind höher und breiter. So entwickelt sich Stadt weiter. Was für jene Zeit auch wichtig ist: Friedrichshafen stand unter der Besatzung der Franzosen, die das Stadtbild ebenfalls geprägt haben – daher sei auch etwa die Franzosensiedlung stellvertretend ausgewählt worden, deren Übertragbarkeit zahlreich gegeben sei.
Ausbau der Strahlkraft – 1970er- bis 1990er-Jahre
Die letzte Zeitschicht reicht von den 1970er- bis in die 1990er-Jahre. In dieser Zeit hat Friedrichshafen seine Strahlkraft als Messestadt und Stadt der Konzerne von Weltruf am Bodensee ausgebaut: Die ansässige Architektenschaft habe damals deutsche Architekturströmungen aufgenommen und mit regionalen Bautraditionen verbunden, erkennen die Experten. Stellvertretend für diese Zeit wurde etwa das Seehotel direkt am Stadtbahnhof nahe der Uferpromenade mit seiner auffälligen Architektur ausgewählt, das 1994 errichtet wurde.