Der Beschluss war keine Überraschung: Mit den Stimmen von CDU, Freien Wählern, FDP und SPD beschloss der Gemeinderat am Dienstagabend das neuerliche Rettungspaket für den Bodensee-Airport. Im Juli geht der insolventen Flughafen-Gesellschaft (FFG) das Geld aus. Bis dahin braucht sie nicht nur die – im wesentlichen schon vor einem halben Jahr beschlossene – Finanzspritze. Bis zum Jahr 2025 sollen 44 Millionen Euro fließen. Kernstück des Sanierungsplans ist der Verkauf von 160 Hektar Grund und Boden samt Flughafengebäuden an seine Gesellschafter. Nur dieser Deal, der 21,7 Millionen Euro in die Kasse spülen soll, sichert dem Airport (vorerst) das Überleben.

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Dabei ging es in der öffentlichen Ratsdebatte eben nicht um Details zum Verkauf. Das wurde anschließend hinter verschlossenen Türen verhandelt. Die Mehrheit folgte auch hier dem Vorschlag der Verwaltung, sickerte aus Ratskreisen durch: Die Stadt Friedrichshafen möchte vorzugsweise über die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) die Grundstücke kaufen – und so quasi alleiniger Eigentümer des Airports werden, denn LZ gehört der Zeppelin-Stiftung. Das Verkaufsangebot inklusive des nötigen Mietvertrags für die FFG soll bereits in Arbeit sein.

Luftschiffbau Zeppelin soll Flughafen-Gelände kaufen

Der Beschluss lässt aber auch Alternativen zu, falls LZ nicht zum Zuge käme. Weitere Optionen wären, dass ZF oder die Technischen Werke Friedrichshafen (TWF), die ebenfalls Gesellschafter des Flughafens sind, ein Kaufangebot machen. Letztlich sei auch eine Beteiligung des Landkreises und/oder der Gemeinde Meckenbeuren möglich.

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Mit diesem Verkaufs-Beschluss dürfte der Bodenseekreis ein großes Problem haben. Stadt und Landkreis sind mit je 39,4 Prozent der Anteile Hauptgesellschafter am Flughafen. Der Kreistag soll am Mittwoch allerdings die Gründung einer Besitzgesellschaft beschließen, damit der Bodenseekreis Miteigentümer am Airport werden kann. Erklärtes Ziel: Bis zu 50 Prozent will der Kreis am Immobilien-Deal beteiligt werden, und zwar „auf jeden Fall“, steht in der Ratsvorlage. Das sei in Zeiten niedriger Zinsen zudem eine „vorteilhafte Geldanlage“. Und dem Kaufpreis stünde ein echter Gegenwert an Grund und Boden gegenüber, der steigen wird.

Passagiere laufen auf dem Bodensee-Airport zum Flieger nach Skopje. Die WizzAir-Linie ist derzeit die einzige, die in Friedrichshafen ...
Passagiere laufen auf dem Bodensee-Airport zum Flieger nach Skopje. Die WizzAir-Linie ist derzeit die einzige, die in Friedrichshafen bedient wird. | Bild: Felix Kästle

Letztlich will der Landkreis als Gesellschafter, der erneut Millionen in die Hand nimmt, um den Flughafen zu erhalten, „auf Augenhöhe“ mit der Stadt bleiben. Das Gleichgewicht zwischen den beiden Mehrheitsgesellschafter wäre empfindlich gestört, wenn der Kreis künftig „nur die Risiken des Betriebs begleiten müsste, gleichzeitig aber von den Chancen der Grundstücke abgeschnitten würde“, ist weiter zu lesen. Mit anderen Worten: Der Kreis wäre zum Geldgeber einer fast vermögenslosen Gesellschaft degradiert, ohne an der Verwertung des hier schlummernden Bauland-Potenzials profitieren zu können.

Landkreis stellt die Vertrauensfrage

Unter diesen Vorzeichen dürfte die Debatte darüber im Kreistag am Mittwoch sehr spannend werden. Zumal in dem Gremium mit Achim Brotzer (CDU), Dagmar Hoehne (Freie Wähler) und Gaby Lamparsky (FDP) drei Kreisräte sitzen, die gleichzeitig Fraktionschefs im Häfler Gemeinderat sind. Ein echtes Dilemma, können sie ja hier nicht mit „Hü“ und dort mit „Hott“ abstimmen. Wohl auch deshalb gab es am Dienstagabend eine lange Diskussion über den „richtigen“ Weg. Letztlich setzte sich die Meinung durch, sagen Beteiligte, dass der Verkauf an LZ der schnelle und rechtssichere Weg wäre. Die Gründung einer Besitzgesellschaft hingegen sei in der gebotenen Eile mit Risiken behaftet.

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Raufen sich Stadt und Bodenseekreis, Gemeinderat und Kreistag zusammen? Die Rede ist von Drohgebärden aus dem Landratsamt auch in Richtung Rathaus. Man müsse gegebenenfalls überlegen, ob der Landkreis unter diesen Voraussetzungen Gesellschafter des Flughafens bleiben kann und will. Am Mittwoch wird laut Tagesordnung zuerst über die Gründung der Besitzgesellschaft entschieden, erst danach über die Finanzhilfen.

„Ziel ist der Erhalt des Flughafens“, sagte Achim Brotzer am Dienstagabend. Zur Überwindung der Insolvenz sei er „auf die Hilfe seiner Gesellschafter“ angewiesen. Ohne Einigung und den Verkauf der Grundstücke gehen Ende Juli am Bodensee-Airport die Lichter aus.

Sie wollten vor der Ratssitzung ein Zeichen setzen, aber ohne Erfolg (von links): Vor dem GZH protestierten Thomas Henne ...
Sie wollten vor der Ratssitzung ein Zeichen setzen, aber ohne Erfolg (von links): Vor dem GZH protestierten Thomas Henne (Gemeinwohlökonomie), Sanne Weber, Jonathan Oremek (Fridays for Future Bodenseekreis), Brigitte Wallkam (BUND) sowie Emilia und Nevio mit ihrer Mama Miriam Montano gegen das neuerliche Flughafen-Rettungspaket. | Bild: Cuko, Katy

Grüne, ÖDP und Netzwerk wollen Ende des Flughafens

Ein Szenario, mit dem die Grünen im Gemeinderat genau wie die Fraktionen vom Netzwerk und der ÖDP gut leben könnten. Felix Bohnacker (Grüne) forderte erneut ein Ausstiegsszenario für den Flughafen. Das Prinzip Hoffnung sei wieder einmal gescheitert. Verkauf und Rückmietung der Grundstücke sei „die absolut letzte Chance“, wobei der Betrieb ein Fass ohne Boden bleibe.

Und für das Netzwerk zog Fraktionschef Jürgen Holeksa erneut das Roland-Berger-Gutachten in Zweifel, das „von der Realität des Lebens überholt“ sei. 715 000 Passagiere weniger bis 2025 als im Sommer 2020 prognostiziert „sprechen eine eindeutige Sprache“. Für die ÖDP-Fraktion „gibt es diesen Flughafen in fünf Jahren nicht mehr“, sagte Joachim Krüger.

Die Protestierenden hatte ein symbolische rote Linie mit zahlreichen Argumenten gegen den Flughafen ausgelegt, die die Gemeinderäte auf ...
Die Protestierenden hatte ein symbolische rote Linie mit zahlreichen Argumenten gegen den Flughafen ausgelegt, die die Gemeinderäte auf dem Weg zum Sitzungsaal im GZH überschreiten mussten. | Bild: Cuko, Katy