Bei ZF war der Ansturm auf das Dienstfahrrad-Leasing hoch. „Derzeit liegen 1525 genehmigte Anträge vor, 590 Fahrräder wurden bereits ausgeliefert“, berichtet eine ZF-Sprecherin auf Nachfrage dieser Zeitung. Lange hatten die ZF-Mitarbeiter darauf gewartet, immer wieder hatte sich der Start verzögert. Die ZF Friedrichshafen AG bietet nun den 45 000 Beschäftigten in Deutschland an, über den Dienstleister Company Bike sich ein beliebiges, für sie passendes Dienstfahrrad auszusuchen und per Gehaltsumwandlung günstig zu nutzen.
Wie funktioniert das Leasing-Modell?
Bereits am ersten Tag, nachdem die ZF-Mitarbeiter vom neuen Leasingmodell erfahren hatten, erhielt Sandro Sterzai vom gleichnamigen Fahrradladen in Friedrichshafen Anfragen. „Wenn große Namen wie ZF einsteigen, werden vielleicht noch weitere größere Firmen in Friedrichshafen nachziehen und das Thema Dienstrad wird weiter boomen“, sagt er.
Auch Häfler Radhändler profitieren
Was viele noch nicht wüssten: Die neuen ZF-Diensträder könnten nicht nur online bestellt werden, sondern auch vor Ort beim lokalen Fahrradhändler. „Bisher sind vor allem kleinere Firmen in Friedrichshafen dabei und neuerdings auch Beamte“, berichtet Sterzai.
Petra Haberl, Projektverantwortliche aus dem Bereich Corporate Compensation und Benefits bei ZF, erläutert in einer Pressemitteilung, warum sich das Unternehmen zur Möglichkeit des Dienstrad-Leasings entschlossen hat. „Das fördert nicht nur die Gesundheit, sondern schont auch die Umwelt und bietet die Möglichkeit neue Mobilitätskonzepte auszuprobieren. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.“
Corona-Pandemie lässt Fahrradhandel boomen
Während der Corona-Pandemie boomte nicht nur der Verkauf, sondern auch das Leasinggeschäft. „Die Menschen hatten Zeit, sich mal mit dem Thema zu beschäftigen“, bestätigt auch Richard Dämpfle von Saikls in Meckenbeuren. „Die Nachfrage nach Jobbikes war enorm, es gab sogar Antragsstau“, sagt er. Viele Menschen merken, dass es viel bequemer ist, mit dem Rad zu Arbeit zu fahren, lästige Staus und Parkplatzsuchen fallen weg. „Und auch die Firmen merken, dass es auf Dauer gesünder und auch günstiger ist, wenn Mitarbeiter mit dem Rad kommen, schließlich kosten Parkplätze viel Geld – und versiegelten unnötig Flächen, die in dieser Region rar und teuer sind“, erklärt Dämpfle.
Kritik kommt von den Gewerkschaften
Die Gewerkschaft Verdi sieht den neuen Trend zum Dienstfahrrad allerdings äußerst kritisch. Das Argument: „Bei den derzeit angebotenen Modellen gewinnen nur die Arbeitgeber und die Fahrradhändler wirklich, für die Beschäftigten geht es Richtung Nullsummen Spiel, Hauptverlierer sind die Sozialkassen“, erläutert Andreas Henke, Pressesprecher des Verdi-Landesbezirks Baden-Württemberg. Hauptkritikpunkt von Verdi ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung weniger Steuern, aber vor allem weniger Beiträge in die Sozialversicherung bezahlen. „Am Ende bedeutet das, dass die Beschäftigten weniger Rente zur Verfügung haben – das Ganze ist also genau genommen eine Milchmädchenrechnung“, sagt Henke. Zudem sinken auch die Ansprüche auf Krankengeld und Arbeitslosenunterstützung.
Dieser Auffassung widerspricht ZF. „Die Beitragszahlung in die Sozialversicherung hängt immer von der individuellen Einkommenssituation ab. Bei dem ZF Velo-Programm handelt es sich um ein freiwilliges Angebot der ZF. Gegebenenfalls entfallene Sozialversicherungsbeiträge gleicht ZF nicht aus, übernimmt aber die Fahrradversicherung und ermöglicht seinen Mitarbeitern, Räder zu attraktiven Nutzungsraten zu leasen“, so eine ZF-Sprecherin.
Auch DoubleSlash fördert Diensträder
Auch beim IT-Dienstleister DoubleSlash nutzen laut Unternehmenssprecherin Nina Frei bereits ein Viertel aller Mitarbeiter die Möglichkeit eines Dienstrads, Tendenz steigend. Kooperationspartner für ein Dienstrad ist neben Jobrad auch der Anbieter Business Bike. „DoubleSlash ist ein sportliches Unternehmen. Wir haben wöchentliche Lauftreffs, die Kollegen organisieren sich zum Snowboard fahren, Joggen und Radeln und wir sponsern Laufveranstaltungen. Wir finden, das Dienstrad ist eine tolle Möglichkeit, um die Hobbys unserer Kollegen zu unterstützen“, erklärt Frei. Doch nicht nur die positive Auswirkungen auf die Mitarbeitergesundheit, sondern auch auf die Umwelt sei Grund für das Unternehmen, den Mitarbeitern das Benefit zu bieten. „Viele sind sogar schneller bei der Arbeit als mit dem Auto“, sagt Frei. Sowohl am Standort Friedrichshafen als auch am Standort München gebe es Duschen, damit niemand verschwitzt ins Büro muss.
Radeln kommt auch im Landratsamt gut an
Relativ neu beim Leasing dabei ist das Landratsamt Friedrichshafen. Seit Juli gibt es auch hier ein Jobrad-Modell. Während Angestellte einen Zuschuss von bis zu 300 Euro erhalten können, dürfen Beamte zwischen Kaufzuschuss und Leasingzuschuss im Rahmen einer Entgeltumwandlung wählen, berichtet Sprecher Robert Schwarz. Das neue Angebot kommt gut an: Aktuell gebe es 70 Anträge zum Jobrad, 46 seien bereits genehmigt geworden, die anderen auf der Warteliste. 21 Räder seien bereits neu gekauft worden, so Schwarz.
Stadt Friedrichshafen bietet zinslose Darlehen
Die Stadt Friedrichshafen bietet kein Dienstrad für ihre Mitarbeiter an. „Nachdem es den tarifgebundenen Arbeitgebern derzeit nicht möglich ist, seinen Beschäftigten ein Leasingmodell anzubieten, bietet die Stadt Friedrichshafen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements einen Anreiz, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen“, erklärt Stadtsprecherin Andrea Kreuzer. Seit April 2018 bekommen die Mitarbeiter ein zinsloses Arbeitgeberdarlehen von bis zu 2600 Euro, das binnen 24 Monaten zurückgezahlt werden muss. Laut Kreuzer haben bisher 29 Mitarbeiter diese Möglichkeit genutzt.