Es ist fast zehn Jahre her, dass erste Baupläne im Lachenäcker reiften. Viele Bürger diskutierten in Workshops mit, wie man dieses Neubaugebiet – eins der wenigen in Friedrichshafen – in der Nähe des Klufterner Bahnhofs entwickeln kann. 110 neue Wohnungen sollten anfangs hier entstehen. 80 davon wollte die Stadt zu bezahlbaren Preisen selbst auf den Markt bringen. So wurde es 2016 beschlossen.
Kein einziger Bauträger will kaufen
Doch dann ging nichts vorwärts. Erst 2021 gab es Baurecht für die grüne Wiese. Kräne stehen nur auf einem Grundstück: Die Zieglerschen Anstalten bauen ein Haus für Menschen mit Handicap. Alle anderen, inzwischen voll erschlossenen Grundstücke liegen bis heute brach. Nicht ein einziger Bauträger wollte Grund und Boden kaufen, um Wohnungen zu bauen. Interessenten zogen sich zurück, weil man hier nicht wirtschaftlich bauen könne, erklärt das Rathaus.
Dafür haben andere Lebewesen Besitz von dieser Fläche ergriffen. Statt Menschen siedeln jetzt Frösche im Lachenäcker. In einer Senke hat sich ein stattlicher Tümpel gebildet, der diversen Amphibien offensichtlich einen perfekten Lebensraum bietet. Davon zeugen zumindest laute Froschkonzerte, über die Anwohner berichten. Nicht irgendwelche Frösche: Unter ihnen soll der europäische Laubfrosch sein, eine streng geschützte Art.
So berichtet es Jan Hofmann, der sich an unsere Zeitung gewandt hat. Denn er und weitere Anwohner befürchten, dass der Tümpel trockengelegt wird – ohne zu prüfen, ob hier wirklich seltene Amphibien laichen. Denn im November hat der Gemeinderat beschlossen, den Bebauungsplan noch einmal zu ändern, um das Gebiet Lachenäcker attraktiver für potenzielle Bauträger zu machen.
Keine Umweltprüfung mehr vorgesehen
Was die Anwohner auf den Plan ruft, ist die Tatsache, dass der neue Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufgestellt wird – ohne Umweltprüfung. Das bedeutet, dass das Gebiet nicht noch einmal auf möglicherweise geschützte Arten untersucht wird. In der öffentlichen Bekanntmachung steht, dass stattdessen der Umweltbericht des ursprünglichen Bebauungsplans „überarbeitet“ wurde. Da ist von Fröschen aber nicht die Rede.
Anwohner melden Bedenken an
„Ich bin erschüttert, wenn es tatsächlich im beschleunigten Verfahren dazu kommt, dass dieses eventuell neu entstandene Laichgebiet zerstört wird, wenn keine neue Bewertung mehr stattfindet“, sagt Jan Hofmann. Dabei hatten sich die Anwohner vor den Sitzungen des Ortschaftsrats und Gemeinderats mit ihren Bedenken auch baulicher Art an die Fraktionen gewandt. Grüne und CDU haben geantwortet, so Hofmann. In der Antwort von Walter Zacke (Grüne) steht, dass „erforderliche naturschutzrechtliche Untersuchungen“ durchgeführt werden müssen. Sollte sich bestätigen, dass sich geschützte Arten angesiedelt haben, müssen „Maßnahmen zum Schutze dieser Tiere eingeleitet werden“.

Wirklich? Auf Anfrage erklärt das Rathaus, dass sich auf einem Baugrundstück eine feuchte Mulde mit stehendem Wasser gebildet habe. Ein Eingriff in diesen Bereich sei trotzdem zulässig, weil es hier schon einen rechtsgültigen Bebauungsplan gibt. Und weil im Rahmen dieses Verfahrens das Thema Naturschutz schon abgearbeitet und auch ein Ausgleich geschaffen wurde, sei ein zusätzlicher Ausgleich nicht erforderlich. Der Artenschutz sei aber trotzdem zu beachten und „abzuarbeiten“. Das weitere Vorgehen werde mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt.
Landratsamt hat ein Auge darauf
Im Landratsamt nimmt man das ernst. „Nun, da es Hinweise auf solch eine Population einer geschützten Art gibt, wird das in der weiteren Bearbeitung zu berücksichtigen sein“, teilt die Kreisbehörde auf Anfrage mit. Die Frösche gehören aber nicht dem Landkreis. In diesem Verfahren sei die Stadt verantwortlich und rechtlich zum Artenschutz verpflichtet. Sie könne jetzt beispielsweise ein unabhängiges Fachbüro damit beauftragen, den Sachverhalt zu prüfen. „Sollte sich das Amphibienvorkommen bestätigen, werden wir prüfen, ob die artenschutzrechtlichen Regelungen eingehalten werden und bei Bedarf auch begleitend beraten“, teilt Kreissprecher Robert Schwarz mit.
Allerdings sind die Frösche nicht das einzige Problem, das es im Baugebiet Lachenäcker gibt. Wie der Tümpel zeigt, staut sich das Wasser an Stellen, die dafür nicht vorgesehen waren. Ein frisch gepflanzter Baum an der Erschließungsstraße säuft förmlich ab. Stattdessen bleibt der Graben, der überschüssiges Wasser aufnehmen soll, trocken. Die Sorge vor Wasserschäden ist groß, weil der Abfluss des Regenwassers und auch die Regenrückhaltung nicht funktionieren. „Aus unserer Sicht besteht hier dringender Handlungsdruck der Verantwortlichen“, konstatieren die Grünen in ihrem Schreiben an die Anwohner.