Es wird eine denkwürdige Sitzung, so viel ist allen Beteiligten klar. Mit fünf Minuten Verspätung beginnt Oberbürgermeister Simon Blümcke, der an diesem Montag seit exakt 100 Tagen im Amt ist, eine Ansprache im Finanz- und Verwaltungsausschuss. Die klingt wie eine einzige Entschuldigung. „Wir machen das nur, um einen genehmigungsfähigen Doppelhaushalt zu bekommen.“ Blümcke meint sieben Vorlagen, bei denen es um teils drastisch höhere Gebühren geht – für Kitas und Parkhäuser, Bäder und Kulturtickets, Musik- und Volkshochschule und das Medienhaus.

Manche Erhöhung ist „Zumutung“, sagt der OB

Dass manche Erhöhung eine Zumutung für Häfler Bürger ist, gibt der OB unumwunden zu. Künftig 17 Euro für ein Tages-Parkticket in der gelben Zone oder 150 Euro mehr pro Monat für einen Krippenplatz gehen für Betroffene ins Geld. Eine Wahl, so erklärt es Simon Blümcke an diesem Abend immer wieder, habe man aber nicht. „Uns fehlen 21 Millionen Euro im Stiftungshaushalt nur dieses Jahr.“ Da sind alle Sparbeschlüsse, die das Rathaus auf den Tisch gelegt hat, schon eingepreist.

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Das heißt: Die Rücklage der Zeppelin-Stiftung schrumpft mit Ansage erneut um mindestens 21 Millionen Euro. Was im nächsten Jahr fehlen wird, sei nicht vorherzusehen. Das hängt maßgeblich an ZF. Der Konzern hat die Stiftung mit seinen Dividenden bisher am meisten gespeist. Doch die Prognosen sind mehr als schlecht. „Der Gemeinderat weiß, wo der Hammer hängt“, sagt der OB vieldeutig. In der nächsten Woche veröffentlicht der Stiftungskonzern die Bilanz für 2024.

Schmerzhafte Kompromisse

Wo also sparen? Wo über höhere Gebühren beim Bürger mehr Geld einnehmen? Bei der Klausurtagung im Februar hätten sich Rathaus und Rat „unter großen Schmerzen“ auf Kompromisse verständigt, sagt Simon Blümcke.

Kinder flitzen im Kindergarten mit einem Bobbycar über den Gang. Die Betreuung in den Häfler Kitas wird ab September deutlich teurer.
Kinder flitzen im Kindergarten mit einem Bobbycar über den Gang. Die Betreuung in den Häfler Kitas wird ab September deutlich teurer. | Bild: Lena Reiner

Ein Vorgehen, das keinen Gewinner kenne. Trotzdem steht an diesem Montagabend die Frage knisternd im Raum, ob es Mehrheiten für jeden einzelnen Vorschlag gibt. Höhere Gebühren fürs Parken oder die Kitas waren in den vergangenen Jahren selbst nach langen, kontroversen Diskussionen in diesem Gremium nicht verhandelbar.

Überall wird gespart

Diesmal dauert es nur dreieinhalb Stunden, bis der Finanzausschuss an jede der sieben Vorlagen einen Haken gemacht hat. „Wir tragen die Erhöhung mit“, heißt es immer wieder. Leicht fällt es den Stadträten nicht. „Die Dinge sind nun mal so, überall wird gespart“, sagt Franz Bernhard (CDU). Es treffe alle, meint auch Dagmar Hoehne (Freie Wähler). Mit Bauchschmerzen ging Matthias Eckmann (SPD) in die Beratung, verweist auf „Anpassungen mit Augenmaß“ – außer bei den Kitas. Für die Grünen sind die Erhöhung der Gebühren „in vielen Teilen notwendig und verständlich“. Trotz krasser Bemühungen gelinge es aber nicht, den Haushalt auszugleichen, stellt Christoph Högel (AfD) fest.

Ein Tagesticket im Sportbad kostet künftig 10 Euro für Erwachsene und 7,50 Euro ermäßigt.
Ein Tagesticket im Sportbad kostet künftig 10 Euro für Erwachsene und 7,50 Euro ermäßigt. | Bild: DLRG/Patrik Gleich

Bei den Bädern ist plötzlich allen klar, dass „vier Wassertempel für eine Stadt mit 64.000 Einwohnern überdurchschnittlich, die Preise aber unterdurchschnittlich sind“, wie es Matthias Eckmann formuliert. „Wenn wir die Gebühren nicht erhöhen, können wir uns vier Bäder nicht leisten“, meint auch Simon Wolpold (Netzwerk). 2024 standen Kosten von rund 8,5 Millionen Euro Einnahmen von rund 1,9 Millionen Euro gegenüber. Ein Plus bei den Eintrittspreisen von rund 25 Prozent macht die Tickets nicht teurer als in den meisten anderen Bädern der Region.

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Altes Argument, neue Einschätzung

Bei den Parkgebühren habe man in der Vergangenheit häufig Streit gehabt, räumt Franz Bernhard (CDU) ein. Nun gehe es darum, die Parkhäuser zu füllen. Als die Grünen vor drei Jahren mit genau diesem Argument die Gebühren anheben wollten, war die Ratsmehrheit inklusive Christdemokraten dagegen. Diesmal bricht nur Gaby Lamparsky (FDP) eine Lanze für die Autofahrer. Ihrem Antrag, die Preise in der gelben Zone in zwei Schritten zu erhöhen, geht keiner mit. Dafür geht der Antrag der Grünen im Finanzausschuss durch, die gebührenpflichtige Parkzeit bis 20 Uhr zu verlängern.

Die gelbe Parkzone wie hier an der Charlottenstraße verteuert sich von derzeit 1,1 Cent pro Minute auf 4 Cent pro Minute.
Die gelbe Parkzone wie hier an der Charlottenstraße verteuert sich von derzeit 1,1 Cent pro Minute auf 4 Cent pro Minute. | Bild: Andreas Ambrosius

Selbst als die Erhöhung der Kitagebühren verhandelt wird, bleibt es ruhig im Saal. Keine Spur von Protest, auch nicht von einigen Eltern, die die Diskussion verfolgen. Simon Blümcke spricht von einer „Lektion der Vergangenheit“, weil die Gebühren viele Jahre nicht angepasst wurden, heute weit unter denen in den Nachbarkommunen liegen. Ausgaben von rund 45 Millionen Euro jährlich nur für die Kitas machen mehr als die Hälfte aller laufenden Kosten im Stiftungshaushalt aus. „Wir konnten uns das leisten“, sagt Franz Bernhard (CDU).

Selbstkritik klingt an

Jetzt kann sich die Stadt das nicht mehr leisten. „Wir haben als Gemeinderat leider dazu beigetragen, dass wir jetzt solche Sprünge machen müssen“, lässt Dagmar Hoehne (Freie Wähler) Selbstkritik anklingen. Ab September steigt der Monatsbeitrag für Kinder bis drei Jahre im Schnitt um rund 150 Euro, bei einer Betreuung von 45 Stunden pro Woche sogar um 250 Euro pro Monat. Für Kinder ab drei Jahren steigt der Beitrag um rund 50 Euro. Den gleichen Aufschlag gibt es ein Jahr später noch einmal.

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Was das bedeutet, ist den Stadträten klar. Diese Erhöhung trifft Familien, die womöglich schon jeden Euro verplant haben. Anträge der SPD und Grünen, die Belastung für Eltern in Euro, einkommensabhängig oder durch einen Geschwisterrabatt abzufedern, finden keine Mehrheit. Für Familien mit wenig Einkommen gibt es trotzdem ein Trostpflaster: Wer die Häfler Karte hat, soll den Kitaplatz künftig kostenfrei bekommen.