Mit Angelika Ermler und Antonio Morabito stellt die Gemeinde Heiligenberg gleich zwei der talentiertesten Nachwuchshandwerker im Bundesland. Ermler hatte während ihrer Schulzeit noch keine konkreten Berufsideen entwickelt. Im Gespräch erklärt sie, dass ein Studium zunächst nicht in Frage kam. Und so ließ sie sich nach dem Abitur in Wilhelmsdorf von ihrem Vater überzeugen: „Mach eine Ausbildung!“
Also wählte sie den Beruf Kauffrau für Büromanagement. Gelernt hat sie im elterlichen Traditionsbetrieb Tankstelle und Forst- und Gartengeräte Ermler in Rickertsreute. Ihr Vater Wilfried Ermler war zugleich ihr Ausbildungsmeister. Der attestiert ihr vor allem Zuverlässigkeit und Ausdauer.

Was tut man im Büromanagement? Die Ausbildung, erläutert Angelika Ermler, sei auf kleine und mittlere Betriebe zugeschnitten, entsprechend vielfältig und abwechslungsreich – und dadurch reizvoll – seien die Aufgaben: Beschaffung und Einkauf, Buchhaltung, Personalwesen, Marketing, Betriebswirtschaft und so weiter. Auch sei sie im Betrieb die Sachverständige für die angebotenen Kleingeräte und Werkzeuge. Besonderes Gefallen findet sie am Kontakt mit den Kunden.
„Über Ausbildung wird kaum geredet“
Rückblickend kritisiert sie das Gymnasium: „Über Ausbildung wird dort kaum geredet.“ Der Stellenwert einer Lehre sei unter den Schülern eher gering, kein guter Zustand in Zeiten des Fachkräftemangels. In der nächsten Zeit möchte die 21-Jährige weiter im Betrieb Ermler arbeiten. Ob sich einmal andere Wege eröffnen, vielleicht in ein Studium oder zu einem Großbetrieb mit hoher Verantwortung, lässt sie entspannt auf sich zukommen: „Einen guten Abschluss hab‘ ich schon mal, und mein Beruf hat Zukunft.“

Antonio Morabito hat italienische Wurzeln. Nach dem Abitur 2018 in Kalabrien kam er zu seiner deutschen Mutter ins Land. Zunächst jobbte er und ließ sich dabei für ein spezielles Industrieprodukt begeistern: den Reifen. Im Jahr 2020 startete er als allererster Azubi im Wintersulger Betrieb Reifen Schmid die Ausbildung zum Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik. Sein Ausbilder, Juniorchef Benno Schmid, legte für ihn eigens die Ausbildereignungsprüfung ab. Morabito ist in mehrfacher Hinsicht ein Durchstarter. Nach der Auszeichnung auf Landesebene ist für ihn der Sieg im Bundeswettbewerb demnächst eine ausgemachte Sache.
Er hat einen klaren Plan für die Zukunft
Noch vor Beendigung der Lehre stieg Morabito – eine Sondererlaubnis aufgrund bester Leistungen war dafür einzuholen – in die Meisterausbildung ein. Phasenweise besucht er dazu die Meisterschule in Gelsenkirchen. Ein Weiterbildungsstipendium der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung soll ihm gleich anschließend noch die Ausbildung zum Betriebswirt erleichtern.
Wohin das alles noch führen soll? Morabito hat einen klaren Plan. Der hängt mit der Technik des Vulkanisierens zusammen, deren praktische und chemische Zusammenhänge er fachkundig erläutern kann. Gemeint ist das Verfahren, bei dem Kautschuk mittels Hitze und Druck in einen elastischen Kunststoff – vulgo: Gummi – überführt wird, einen der wesentlichen Grundstoffe bei der Reifenproduktion.

Antonio Morabitos Geschäftsidee ist nun, diesen Prozess bei der Runderneuerung von abgenutzten Reifen anzuwenden, in dem auf die gebrauchte Karkasse ein neues Gummiprofil aufgebracht wird. Der Vulkaniseur weiß, dass solche Verbindungen durchaus haltbarer sind als die Konstruktion fabrikneuer Reifen. Zudem sind runderneuerte deutlich billiger als neue. Auch der ökologische Nutzen ist klar: Altreifen landen nicht mehr komplett im Abfall.
Dieses thermische Recycling ist nach Morabitos Einschätzung am Markt noch wenig verbreitet, weil die großen Reifenproduzenten und -händler ihre Neuware verkaufen wollen. In diese Lücke will der junge Mann möglichst bald als selbstständiger Betriebsinhaber hineinspringen. Die bisherige Erfolgsgeschichte ist die verlässliche Karkasse für das fröhlich-optimistische Selbstbewusstsein des Heiligenberger Reifenflüsterers.