Gegner von Corona-Maßnahmen haben sich am Montagabend zu einer unangemeldeten Demonstration in Ravensburg getroffen. Laut Polizeischätzung versammelten sich im Stadtgebiet etwa 2000 Menschen – obwohl die Stadt Ravensburg zuvor für die Innenstadt ein Versammlungsverbot ausgesprochen hatte. Mit Unterstützung der Einsatzgruppe aus Göppingen räumte die Polizei die Innenstadt rund um den Marienplatz.

Blick auf den Marienplatz in Ravensburg.
Blick auf den Marienplatz in Ravensburg. | Bild: Hilser, Stefan

Mit Polizeifahrzeugen wurden Absperrungen errichtet, um das Herz der Altstadt von Versammlungen freizuhalten.

Polizei-Aufgebot in Ravensburg Video: Hilser, Stefan

Das hinderte die Demonstranten nicht daran, sich spontan am Rande der Altstadt zu treffen. Als Zeichen für ihr Unverständnis angesichts der Behauptungen der Coronaleugner schaltete die Stadt Ravensburg ihre Weihnachtsbeleuchtung und die Lichter am Weihnachtsbaum, der auf dem Marienplatz steht, ab. Die Flutlichter, die das THW zur Unterstützung der Polizei aufbaute, hätten die Adventsbeleuchtung ohnehin überstrahlt.

Ein Protestzug formiert sich

Gegen 18.30 Uhr bildete sich ein Demonstrationszug, dem sich immer mehr Leute anschlossen. Über Spazierwege entlang der Stadtmauer marschierten zuerst hunderte, dann tausende Teilnehmer in Richtung Grüner Turm.

Dort bog der Zug, ungehindert von Polizei und Ordnungskräften, in die Wilhelmstraße ein, machte kehrt und zog über die Kreuzung am Frauentor in Richtung Schussenstraße ein.

Der Demo-Zug in Ravensburg Video: Hilser, Stefan

Damit blockierten die Teilnehmer die Hauptverkehrsachse, die mitten durch Ravensburg führt. Der Demo-Zug wurde von einigen wenigen Rädelsführern, die sich oft uneinig über den weiteren Weg waren, am Altstadtring auf mehrspurigen Straßen absichtlich in den Gegenverkehr gelenkt. Mehrere Autofahrer wurden überrascht, einer musste stark abbremsen, um niemanden zu überfahren. Die Polizei blieb im Hintergrund, womit sich die Anführer des Zuges ihren Weg frei wählen konnten.

Kaum Masken, keine Plakate

Fast keiner der Teilnehmer trug eine Maske. Wie im Messengerdienst Telegram zuvor geraten wurde, trugen die Teilnehmer keine Plakate mit sich, um nicht als Demonstranten erkannt zu werden. Damit war es den Polizeikräften im Vorfeld praktisch nicht möglich zu erkennen, wo sich Menschen auf ihre Teilnahme an einer Demo vorbereiteten oder bereithielten.

Polizei überwacht Demo Video: Hilser, Stefan

Was am Marienplatz und in der Altstadt noch gelang, den Platz über ein Aufenthaltsverbot zu räumen, war am weitläufigen Ring aus Fußwegen und Autostraßen, der sich rund um die Altstadt zieht, nicht mehr möglich.

Viele Teilnehmer trugen Kerzen bei sich und skandierten den Schlachtruf der aktuellen Bewegung, „Friede, Freiheit, Demokratie“. Als der Demonstrationszug sich am Verlagsgebäude von Schwäbisch Media entlangbewegte, skandierten die Teilnehmer „Lügenpresse“. Gegen 19.25 Uhr wurde der Zug per Durchsage von massiven Polizeikräften gestoppt

20 Uhr: Die Demonstration löst sich langsam auf

Gegen 20 Uhr dann löste sich der Großteil der Demonstration auf. Nachdem die Demonstranten über die Meersburger Straße durch das Unterstadttor gezogen waren, sah es so aus, als ob es doch noch zu einem harten Aufeinandertreffen mit der Polizei kommen könnte.

Berittene Polizei in Ravensburg Video: Hilser, Stefan

Doch ließ sich der Pulk in der Goldgasse in Richtung der Straße Untere Breite von Polizeikräften abdrängen, wo sich die Menge zunehmend zerstreute.

„Schämt Euch“-Rufe

Mittlerweile war es 20 Uhr geworden, es war kalt, die Demonstration dauerte nun nahezu eineinhalb Stunden lang an, und so langsam schien der Großteil der Teilnehmer die Motivation zu verlieren.

Vereinzelt zogen noch Gruppen durch die Stadt und beschimpften die Polizisten, die auch auf Pferden die Lage beobachteten und kontrollierten. „Schämt Euch“, skandierten die Demonstranten. Die Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen ließen sich davon nach Beobachtung der SÜDKURIER-Reporter vor Ort nicht provozieren.

Rufe der Demonstranten Video: Hilser, Stefan

Einschätzung des Polizeipräsidenten

Auch gegen 20.30 Uhr trieben sich noch gruppenweise „Spaziergänger“ in der Altstadt herum. Es kam zu einem Pfefferspray-Einsatz durch die Polizei, weil einige Demonstranten eine Polizeisperre durchbrechen wollten. Insgesamt verlief die unangemeldete, von einigen wenigen Rädelsführern organisierte Corona-Demo jedoch friedlich.

Und wie lautet die erste Bilanz der Polizei an diesem Montagabend? Der Ravensburger Polizeipräsident Uwe Stürmer hat die Demonstration beobachtet und sagte dem SÜDKURIER-Reporter: „Unsere Bilanz ist durchwachsen. Es ist gelungen, die Altstadt von Ansammlungen freizuhalten, nicht aber die Verkehrsachsen rundherhum. Die Leute tun so, als ob ihnen die Freiheit genommen wird und gefährden dabei sich und andere. Mit dieser Veranstaltung kann niemand zufrieden sein.“ Und: „Wer glaubt, dass das ein Spaziergang war, dem ist nicht mehr zu helfen.“

Und welche Konsequenzen drohen nach diesem Abend? Den Anführern und Koordinatoren stehen Strafanzeigen bevor. Die Polizei hat den Demozug gefilmt und will die Rädelsführer im Nachgang identifizieren.

Versammlung auch in Friedrichshafen

Demonstration in Friedrichshafen am Montagabend. Auch hier trafen sich Gegner der Corona-Maßnahmen.
Demonstration in Friedrichshafen am Montagabend. Auch hier trafen sich Gegner der Corona-Maßnahmen. | Bild: Benjamin Schmidt

Auch in Friedrichshafen waren Demonstranten unterwegs. Die Organisatoren hatten im Vorfeld aufgerufen, dorthin wegen des Verbotes in Ravensburg auszuweichen. Die Polizei schätzte etwa 500 Teilnehmer, Beobachter vor Ort sprechen von 700 oder mehr. Es waren viele Familien unterwegs. Unser Reporter berichtet hier aus Friedrichshafen.

Demozug in Friedrichshafen Video: Benjamin Schmidt