Christiane Keutner

Im Städtle sind Sie unter anderem bekannt als Gesicht des Turnvereins.

Da bin ich inzwischen die älteste Übungsleiterin. Turnen wollte ich immer, durfte aber nicht in den Turnverein, so wie meine älteren Schwestern auch nicht, also ging ich heimlich. Weil es damals im Verein einen Engpass an Trainern gab, durfte ich schon mit 15 Jahren als Vorturnerin eine Kindergruppe leiten.

Nach Ihrer Auswanderung nutzten Sie Ihre Begabung.

Als unsere Tochter zweieinhalb Jahre war, wollte ich wieder aktiv werden. In einem Gesundheits- und Fitnessstudio in Florida arbeitete ich an drei Tagen die Woche 42 Stunden. Zu der Zeit gab es getrennte Trainingstage für Frauen und Männer. Der auf hohem Niveau angesiedelte Betrieb war riesig, ausgestattet mit Pool, Sauna, Physiotherapeuten sowie Fitnesslounge. Erst heute werden in Deutschland die Studios so gebaut, wie es in den USA vor 50 Jahren Standard war. Die Arbeit als Servicekoordinatorin war eine große Herausforderung.

Ihnen gefiel es. Warum sind Sie nicht geblieben?

Wir hatten immer vor, Auslandserfahrungen zu sammeln und dann an unseren geliebten Bodensee zurückzukommen. Bevor wir mit dem Schiff „Queen Elisabeth“ zurückkamen, sind wir drei Monate mit dem Campingbus durch die Staaten getingelt. In der Heimat hatte mein Mann eine Anstellung bei Dornier System gefunden und ich bin mit Vergnügen gleich wieder in die Turnhalle. So waren wir ganz schnell wieder angekommen.

Ihren ersten Kontakt mit Mode hatten Sie 1974 bei Ihrer Beschäftigung in den Modegeschäften Ill-Beck Ihres Bruders.

Mein Bruder war Initiator des ersten Dixie-Fests 1983 und schuld, dass ich die erste Modenschau ausgerichtet habe. Er kannte die Auftritte beim jährlichen Highlight Turnerball und meinte: Du kannst das. So haben wir jährlich, erst nur für Markdorf, das Dixie-Fest am Rathaus und im Herbst eine große Show in der Stadthalle organisiert. 1988 habe ich „Agnes Modeteam“ als Business angemeldet und schon bald hatten wir im süddeutschen Raum Aufträge. Später waren wir zusätzlich auch auf Messen in Friedrichshafen, Freiburg, Nürnberg, Hamburg und Bremen unterwegs.

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Wie konnten Sie Ihre Kreativität ausleben und was machte die Schauen so erfolgreich?

Unsere Stärke war es, die verschiedenen Branchen unterhaltsam, aber nicht verfremdet zu präsentieren. Die Idee war immer, mit jedem Auftritt eine kleine Geschichte zu erzählen. Mit Brillen, Schmuck, Schuhen, Bettwäsche, Wohnaccessoires, Koffer und Taschen gingen uns die Ideen nie aus. Die Models mussten einiges mitmachen, wurden in Tücher gewickelt, mit Frack oder Catsuits ausgestattet und hatten dazu teils ganz verrückte Kopfbedeckungen zu tragen. Mit vollgepacktem VW-Transporter ging‘s mit Kulisse, Ton und Lichttechnik auf den Weg. Mit unserer Tochter als meiner rechten Hand sowie einem Techniker, DJ und einer Person für die Regie haben wir die Shows gemeistert.

Sie sind jetzt 51 Jahre verheiratet, heutzutage keine Selbstverständlichkeit. Wie schafft man das?

Wir waren immer ein Team, respektieren und ergänzen uns. Ich bin dankbar, dass ich bei all meinen Aktivitäten von meinen Mann und unserer Tochter geschätzt und unterstützt wurde. Unsere goldene Hochzeit haben wir in den USA gefeiert.

Dass Sie so gefragt waren, lag sicher auch an Ihrem Zugang zu den Einzelhändlern und den Models?

In vielen Städten gehörten unsere Shows zum Jahresprogramm. Die Kunden waren oft Werbegemeinschaften und eine individuelle Präsentation, bei der sich keine Firma benachteiligt fühlte, für mich eine echte Herausforderung. Viel Spaß machte den Models, wenn sie ihre Talente mit einbringen durften. Ob Tanz, Play-back oder ein Instrument spielen, all das kam gut an. Alles wurde je nach Saison und für jede Show minutiös geplant. Im Jahr 2000 habe ich mich langsam aus der Szene zurückgezogen, 2005 bis 2009 dann doch nochmals fürs Dixie-Fest ein neues Konzept an der Stadthalle entwickelt. Leider war der angedachte Catwalk, von der Volksbank zum SÜDKURIER, sicherheitstechnisch nicht möglich.

Und nun, keine Schauen mehr?

Den riesigen Aufwand für die großen Stegshows wollte ich nicht mehr, Catwalks waren wieder in und 2000 habe ich gespürt, dass das Dixie-Fest an sich eine neue Form braucht.

Ihre große Leidenschaft gilt dem Turnen. Sie sind sehr initiativ und bilden sich nach wie vor fort.

Das geht nicht ohne: Zum einen benötigt man für die speziellen Trainings diverse Qualifikationen. Als ich Kinder- und Jugendgruppen leitete, war das die rhythmische Sportgymnastik und Wettkampfturnen. Für die Erwachsenen stand gleichzeitig Aerobic, Tanz und natürlich Fitness auf dem Programm. Heute sind die Gesundheits- und Wellnessangebote ein absolutes Muss.

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Sie haben in Ihrer Zeit als stellvertretende Vorsitzende die Geschäftsstelle mit aufgebaut. 2005 war das arbeitsintensivste Jahr, mit Festschrift und Programm zum 125-Jährigen des TVM. Zudem waren sie 24 Jahre Leiterin der größten Abteilung, haben die großen Schauturnen organisiert und moderiert. Sie geben weiterhin drei Kurse wöchentlich. Vergeht Ihnen da nicht mal die Lust?

Nein! So lange ich Ideen habe und die Mitglieder kommen, mache ich weiter. Keine Turnstunde ist gleich, es gibt so viele Möglichkeiten durch Fitnessgeräte und den Trend „Gripsgymnastik“. Ich freue mich, alle wöchentlich zu motivieren und die jährlichen, zum Vereinsleben gehörenden Feste und Ausflüge zu organisieren.

Warum ist Ihnen Bewegung so wichtig?

Es ist mein Lebenselixier, das ich erhalten möchte, so lange es geht. Morgens reichen mir zehn Minuten als Muntermacher, außerdem fahr‘ ich so viel wie möglich mit dem Fahrrad. Dann meine drei wöchentlichen Gymnastikgruppen. Das alles sind vielseitige Bewegungsmöglichkeiten.

Woher nehmen Sie Ihre Energie?

Das frag‘ ich mich auch manchmal. Ich denke, dass die Zufriedenheit und ein einigermaßen gesunder Lebenswandel samt Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit, mit Familie und Freunden, alles im Fluss halten.

Was raten Sie anderen, um fit, gesund und jung zu bleiben?

Ganz klar: Bewegen so oft wie möglich, sinnvolle Gymnastik und so gut wie möglich naturbelassenes Essen. Ein aufrechter Gang und eine gute Haltung verjüngen um zehn Jahre. Ich mache auch gern mal ein Mittagsschläfchen.

Was machen Sie heute?

Nach wie vor mit Freude die Hausmodenschauen, private, individuelle Modeberatungen und kleine Moderationen. Dann habe ich seit 37 Jahren meine Turnerfrauen und zweimal wöchentlich Gesundheitskurse für Senioren. Seit 15 Jahren bin ich Mitglied bei Soroptimist International Club Friedrichshafen/Bodensee und als Teamleiterin der Osternestfreude für die jährliche Spendenaktion für Senioren verantwortlich.