Beim Thema Südumfahrung kommt Unmut auf. „Mit dem Bürgerentscheid konnte ich leben“, demokratisch getroffene Entscheidungen seien hinzunehmen, auch wenn sie einem wenig behagen, erklärt Susanne Deiters Wälischmiller, bis zur Sommerpause noch die Chefin der Umweltgruppe-Fraktion im Markdorfer Gemeinderat. Doch dann kommt ihr Aber. Man brauche nur hinzuschauen beim gerade fertig werdenden Straßenbau-Großprojekt B31 zwischen Immenstaad und Schnetzenhausen. „Da lässt sich gut erkennen“, so Deiters Wälischmiller, „welche gewaltigen Dimensionen Bundesstraßen-Baustellen heute annehmen“.

Susanne Deiters Wälischmiller zur Markdorfer Kommunalpolitik Video: Jörg Büsche

Deiters: Kein vernünftiger Grund für Südumfahrung

Mit Blick auf die geplante Südumfahrung Markdorf betont die UWG-Stadträtin: „Inzwischen haben sich die Verkehrsbedingungen grundlegend verändert, es gibt keinen vernünftigen Grund, hier vor unserer Haustür im Süden der Stadt solch ein großes Straßenprojekt wie die Südumfahrung in Angriff zu nehmen.“ Ein Projekt, das die Landschaft und Natur grundlegend verändern und schädigen werde, sagt sie.

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Viel geändert seit dem Bürgerentscheid

Der Bürgerentscheid habe vor mehr als einem Jahrzehnt stattgefunden. Die Argumentation seinerzeit war: Es sei sinnvoll, den Verkehrsfluss vom Deggenhausertal an Neufrach, Bermatingen und Kluftern vorbei gen Süden zu lenken. Inzwischen aber habe sich sehr viel getan: In einem moderierten Verfahren kamen alle Beteiligten zu dem Entschluss, dass eine Umfahrung um Kluftern herum nicht den erwarteten Entlastungseffekt bringen würde und deshalb kaum sinnvoll sein könne.

Die Schmuddelecken der Stadt sollten beseitigt werden, wünscht sich die Umweltgruppen-Stadträtin.
Die Schmuddelecken der Stadt sollten beseitigt werden, wünscht sich die Umweltgruppen-Stadträtin. | Bild: Jörg Büsche

Deiters: Straßenbau im Hinterland sinnvoller

„Vielleicht bin ich zu ungeduldig“, räumt Deiters Wälischmiller ein, doch die Langsamkeit, mit der Behörden mitunter handeln – auch in Sachen Südumfahrung – „ist schon eine arge Belastungsprobe für meine Geduld“. Die Rahmenbedingungen hätten sich in den 13 Jahren nach dem Bürgerentscheid deutlich geändert. „Allerdings hat der hiesige Landrat von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass er die Umfahrung Markdorfs unbedingt befürwortet.“ Ihr fehle keineswegs das Verständnis für die lärm- und emmissionsgeplagtenAnwohner der B33, betont sie. Ebenso wenig, wie die Einsicht, dass die Logistiker der Markdorfer Gewerbebetriebe auf einen möglichst reibungslosen Verkehrsfluss angewiesen seien. Doch sei es aus ihrer Sicht viel sinnvoller, die Verkehrswege im Hinterland auszubauen, wie man dies für das Gebiet zwischen Ulm und Reutlingen seit langem angehe. „Das würde die Bodenseeregion erheblich vom Transitverkehr entlasten.“ Hier, am Nordufer des Bodensees, träfen die Interessen der Wirtschaft, insbesondere der Zulieferbetriebe für die Autoindustrie, und die Interessen des Fremdenverkehrs hart aufeinander.

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Acht Millionen seien zu überdenken

„Bürgermeister Georg Riedmann hat öffentlich versichert, dass der Markdorfer Gemeinderat befragt wird, bevor die Baumaßnahmen beginnen.“ Den Ausgang einer solchen Abstimmung wage sie allerdings nicht vorauszusagen. Deiters Wälischmiller verweist auf jene acht Millionen Euro, die die Stadt für die Südumfahrung zu zahlen habe. „Wir müssen die acht Millionen Euro dringend noch einmal überdenken“, rät die UWG-Politikerin mit Blick auf die angespannte Haushaltslage nach dem Ausbruch der Corona-Krise.

Bildung, insbesondere die frühkindliche, ist ihr besonders wichtig, sagt Susanne Deiters Wälischmiller.
Bildung, insbesondere die frühkindliche, ist ihr besonders wichtig, sagt Susanne Deiters Wälischmiller. | Bild: Jörg Büsche

UWG baut auf den Ausbau des ÖPNV

Wer den Straßenbau bremsen möchte, der müsse über Alternativen nachdenken – insbesondere in punkto Individualverkehr. „Wir setzen da im Zusammenhang mit dem Ausbau des ÖPNV auch auf den Stadtbus“, spricht sie für die UWG. Mit dem ersten Probelauf im vergangenen Jahr habe die UWG einen wichtigen Impuls gegeben. „Einen Impuls, den die Stadt aufgegriffen hat“, so Deiters Wälischmiller. Auf eine Testphase wurde in diesem Jahr angesichts der Corona-Einschränkungen indes verzichtet.

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Stadt beim Radverkehr-Ausbau zu langsam

Zu langsam gehe es ihr beim Thema Radverkehr voran. Die topografische Situation sei allerdings auch recht vertrackt. Markdorf liege am Hang. Seine Straßen seien oftmals sehr eng. Und die Bundesstraße stelle für Radfahrer eine außerordentliche Gefahrenquelle dar. Erste Ansätze für eine Verbesserung sieht sie: „Aber gut gemeint, ist noch lange nicht gut“, lautet ihr Einwand. Dabei könnte die Stadt von einem gut ausgebauten Radwegenetz durchaus auch wirtschaftlich profitieren, liege Markdorf doch mitten in einer Tourimus-Region.

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Die Bahn ist eine „Bummel-Bahn“

Hart auf die Probe gestellt werde ihre Geduld von der Bahn. Das für einen flüssigeren Verkehrsfluss so dringend benötigte zweite Gleis der Bodensee-Gürtelbahn sei noch lange nicht in Sicht. „Damit gibt es auf absehbare Zeit auch wenig Anreiz für Autofahrer, auf die Bahn umzusteigen.“ Viel zu zäh gestalteten sich die Abläufe. Die Deutsche Bahn sei ausgesprochen behäbig, findet Deiters Wälischmiller.

Markdorf sollte aus Sicht Susanne Deiters Wälischmillers mehr Orte zum Verweilen bekommen, insbesondere für Senioren.
Markdorf sollte aus Sicht Susanne Deiters Wälischmillers mehr Orte zum Verweilen bekommen, insbesondere für Senioren. | Bild: Jörg Büsche

Gute Schritte in Markdorf für die Klimapolitik

Viele kleine Schritte immerhin zeichneten sich in der städtischen Klimapolitik ab, flankiert von privaten Initiativen wie der Solardach-Initiative, die mehr Photovoltaik auf Markdorfer Gebäuden vorantreiben möchte. Die Teilnahme am European Energy Award ist endlich beschlossen worden. Betrachtet sie das Umweltzertifizierungssystem für sämtliche städtischen Aktivitäten doch als wichtiges Instrument für einen nachhaltigen Umgang mit allen Ressourcen.

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Baupolitik: Verdichtung statt Einfamilienhäuser

Schonender müsse auch der Umgang mit freien Flächen werden. Für die städtische Baulandpolitik heiße das: „Die Zeit der Einfamilienhäuser ist passé, unser Flächenverbrauch ist an seine Grenzen gekommen.“ Nunmehr müsse verdichtet werden. Die Häuser der Zukunft seien deshalb Mehrfamilienhäuser. Mehrfamilienhäuser, die, wie dies in Ravensburg vorgemacht werde, sozial verträglich erstellt werden und „bezahlbaren Wohnraum“ bieten.

Corona-Krise: Lob für die Stadtverwaltung

Eines aber gibt die UWG-Stadträtin zu bedenken. „Neue Baugebiete ziehen Straßen und weitere Infrastrukturmaßnahmen wie Kindergärten und Schulen nach sich.“ Sie brächten zusätzliche Kosten für den Haushalt mit sich. In diesem Zusammenhang lobt Deiters Wälischmiller die Verwaltung, die auf die coronabedingte finanzielle Angespanntheit „mit ausgesprochen konstruktiven Vorschlägen reagiert hat, die einiges Einsparpotenzial aufzeigen“.