Wie der Name schon nahelegt, blüht die blasslila Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) gegen Ende des Jahres. Energie und Kraft tankt sie allerdings mit ihren im Frühling austreibenden Blättern, vor deren Verwechslung mit dem Bärlauch alljährlich gewarnt wird. Denn die Pflanze ist schon in geringen Mengen hochgiftig und gefährdet daher auch das Futtergras und Heu von Wiesen.

Futter wird für Tiere ungenießbar

Fabio Martin, Geschäftsführer der Owinger Firma Martin Energietechnik, erklärt: „Schon zwei Pflanzen pro Quadratmeter im Grünland können das Futter für Pferde, Schafe und Rinder ungenießbar machen und schwere Erkrankungen verursachen.“ Fabio Martin ist an der Entwicklung eines Prototyps zur mechanischen Bekämpfung dieser Pflanzen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen beteiligt. Dieser Prototyp überzeugte das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und war ausschlaggebend für die Auswahl der Owinger Firma in das jüngste Förderprogramm „Spitze auf dem Land“.

Zuschuss vom Land für Neubau und Anlagen

Fabio Martin erklärt: „Wir sind wohl eines der kleinsten Unternehmen, das bei dem Programm berücksichtigt wurde.“ Der Geschäftsführer plant im kommenden Jahr einen Neubau im Owinger Gewerbegebiet. Bis zu 20 Prozent Zuschuss zu den Investitionen in Gebäude und Anlagen kann er dafür vom Land erhalten.

Owingens Bürgermeister Henrik Wengert (links) besuchte mit dem Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Hahn (rechts) den Betrieb von Fabio ...
Owingens Bürgermeister Henrik Wengert (links) besuchte mit dem Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Hahn (rechts) den Betrieb von Fabio Martin (Mitte) und informierten sich über bewährte und neue Techniken. | Bild: Hanspeter Walter

Grund genug, dass Owingens Bürgermeister Henrik Wengert dem Betrieb gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten der Grünen und Agrarexperten Martin Hahn einen Besuch abstattete, um sich über die aktuelle Entwicklung der Firma informieren zu lassen. Bisher hatte sie sich vor allem mit individuellen Trocknungslösungen einen Namen erworben.

Mit Schneckenrührwerken wurde die Firma bekannt

Martin Hahn kennt die Probleme bestens, die mit der Trocknung von Getreide, Hackschnitzeln und anderen Schüttgütern verbunden sind. Bei größeren Volumina kann man nicht einfach die Zeit und Wärme für sich arbeiten lassen. Hier ist eine regelmäßige Durchmischung in sogenannten Trocknungscontainern erforderlich. Diese Durchmischung wird von Schneckenrührwerken geleistet, die durch das Schüttgut bewegt werden. Schon dafür hat die Firma Martin die Maschinentechnik optimiert, die in der ganzen Republik gefragt und erfolgreich ist.

Fabio Martin, Geschäftsführer der Martin Energietechnik
Fabio Martin, Geschäftsführer der Martin Energietechnik | Bild: Kreativ Kompanie GmbH

Auf Grünland sind Giftpflanzen schwer zu identifizieren

Entscheidend für die Berücksichtigung im aktuellen Förderprogramm „Spitze auf dem Land“ war allerdings das neue Gerät zur Unkrautbekämpfung mit einem Hochdruckwasserstrahl auf Wiesen und Weiden. „Für Ackerflächen gibt es hier schon einige Möglichkeiten – auch mechanische“, weiß Fabio Martin: „Auf Grünland ist das wesentlich schwieriger, die unerwünschten Schadpflanzen zu identifizieren und nach Möglichkeit zu beseitigen.“ Im Fokus steht derzeit die Herbstzeitlose, doch nicht minder gefährlich ist das Jakobskreuzkraut, dessen giftige Alkaloide auch beim Trocknen nicht abgebaut werden.

Die zartlila Blüten der Herbstzeitlose, die erst Ende August erscheinen, und die Blätter sind sehr giftig und können die Mahd eines ...
Die zartlila Blüten der Herbstzeitlose, die erst Ende August erscheinen, und die Blätter sind sehr giftig und können die Mahd eines Grünlands sowie dessen Heu für Tiere ungenießbar machen. | Bild: Hanspeter Walter

Herbstzeitlose breitet sich immer mehr aus

Die Herbstzeitlose breite sich mehr und mehr aus, sagt Fabio Martin, wobei der Kreis Konstanz stärker betroffen sei als der Bodenseekreis. Mit der Bekämpfung der Pflanze auf dem Grünland hat Martin quasi eine Marktlücke entdeckt, für die er in enger Kooperation mit der HfWU Nürtingen-Geislingen eine Lösung optimiert. Chancen sieht er in Zukunft unter Umständen auch für den Einsatz auf Rebflächen zwischen den Stöcken und in Intensivobstanlagen.

Wasser „schießt“ mit 350 Bar

Im Moment steht der Prototyp „zur selektiven Bekämpfung von Grünlandunkräutern mit Wasserstrahlen“, so der Titel des Projekts, in Nürtingen noch auf dem Prüfstand. Das erste Problem ist die zuverlässige Identifikation der Schadpflanzen über eine Kamera. Über eine ausgefeilte Softwaresteuerung werden anschließend die Druckdüsen gezielt aktiviert, die einzeln angesteuert werden können. „Wir können dann die Pflanzen mit Wasser unter einem Druck von 350 Bar einzeln ‚abschießen‘“, formuliert Fabio Martin. Handelsübliche Hochdruckreiniger können dagegen nur einen Wasserstrahl mit einem Druck von bis zu 180 Bar erzeugen.

Mehrere zehntausend Bilder von Pflanzen nötig

„Wir haben dazu mehrere zehntausend Bilder von Herbstzeitlosen aufgenommen, die dann von Hand markiert wurden“, beschreibt Fabio Martin das Vorgehen. Die Aufnahmen werden alle eingespeist in einen Datenpool, auf den die Steuerung zurückgreifen kann. Der Begriff künstliche Intelligenz werde derzeit überstrapaziert, betont der Owinger: „Doch so etwas Ähnliches ist das.“

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Das Gerät steht derzeit noch bei der HfWU in Nürtingen, wo Fabio Martin von 2018 bis 2020 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig gewesen war. Zuvor hatte er Maschinenbau an der HTWG Konstanz studiert und einen Masterabschluss im Fach Agrartechnik an der Universität Hohenheim abgelegt. Beste Voraussetzungen also für einen Tüftler an Hightechgeräten. Koordiniert wird das Projekt von Professor Albert Stoll. Beteiligt sind unter anderem auch das Institut für Stochastik der Universität Ulm und der Wasserpumpenhersteller Uraca sowie Steuerungsspezialist Anedo.