Die Corona-Zeit fordert auch von den Kleinsten Opfer. Heuer finden keine Sankt-Martins-Umzüge statt, keine Martini-Feuer und keine Theaterspiele um die Legende des geteilten Mantels. Dafür entwickelt sich eine kleine Aktion zu einer großen Sankt-Martins-Bewegung.

Jennifer Brenzinger, Klein-Unternehmerin aus Sankt Leon-Rot im Rhein-Neckar-Kreis, unterhielt sich beim Warten auf ihr Kindergarten-Kind mit anderen Eltern über die abgesagten Martini-Umzüge. Denn das hatte zufolge, dass die Kinder keine Martins-Laternen bastelten.
Idee zieht überregional Kreise
Mit einer anderen Mutter hatte sie die Idee, Bastelsets anzubieten. Denn in ihrer Firma “Lichtschneiderei Brenzinger„ stellt sie zusammen mit ihrem Mann mit einem Lasergerät personalisierte Werbeartikel her. Der Kindergarten ihrer Kinder wollte die Bastelsets. Die Idee zog Kreise, weitere Kindergärten und Schulen wollten nun ebenfalls Laternen basteln. Flyer wurden verteilt und weiter gegeben. Der Aufruf erschien im Gemeindeblatt, wurde aber auch über die Gemeindegrenzen gehört. Da es keine Umzüge gab, schlug Brenzinger vor, die Laternen bis zum Sankt-Martins-Tag am 11. November in die Fenster zu setzen. “Meine Kinder wollten früher schon immer vor den Umzug schon mit ihren Laternen spazierengehen“, erzählte Brenzinger. Zu Halloween wurden in ihrem Wohnviertel Fenster dekoriert. “Und auch an den Adventstagen werden die Hausfenster bei uns illuminiert“. So erfreuten sich die Nachbarn beim abendlichen Spazierengehen an den farbenfrohen Lichtern.

Das Konzept für „Aktion Laternen Fenster„ stand. Am 27. Oktober postete sie ihre Idee und den Aufruf mitzumachen in Facebook. Sie löste damit eine Welle aus. Als Antwort bekam sie viele dankbare Antworten, häufig mit Fotos von mit Laternen und Lichterketten dekorierten und erleuchteten Fenstern. Sie gründete eine Facebook-Gruppe, die in kürzester Zeit fast 1200 Mitglieder zählte. Dort werden im Stundentakt neue Bilder aus Ostfriesland, Österreich, Schweiz und aus dem ganzen Südwesten eingestellt. Das SWR-Fernsehen machte einen Bericht. RTL und ZDF fragten ebenfalls an. So sehr sie sich auch über die positive Resonanz freute, aber der Rummel um die Laternen-Aktion wurde Brenzinger zu viel. Sie hatte noch ein Leben außerhalb dieser erfolgreichen Aktion. Den beiden Sendern wurde abgesagt.
Im Salemer Rathaus wurde die Aktion ebenfalls bemerkt. Keine drei Tage nach dem ersten Facebook-Post erschien der Aufruf für „Laternen Fenster„ im Gemeindeblatt. Für Janina Kölle, im Salemer Rathaus als stellvertretende Heimleiterin für das Alten- und Seniorenheim Wespach zuständig, passt die Aktion in die Zeit. „Den Grundgedanken des Teilens sollten wir gemeinsam weitertragen“. In der Zeit, in der keine Menschenaufläufe geduldet sind, sollten die Menschen zeigen, dass andere in der Situation nicht alleine sind. „Ein Licht im Fensterrahmen, das schafft jeder“ würde für Kölle schon reichen, „es muss nichts Aufwendiges sein“.
In den Kindergärten und im Altenheim wird gebastelt
In der Zwischenzeit werden in Salem Laternen gebastelt. In Kindergärten und im Alten- und Seniorenheim Wespach. Pflegedienstleiterin Ulrike Recht und ihr Team basteln mit den Bewohnern Laternen und andere Lichtspiele. Diese schmücken und erleuchten die Flure und Fenster der Sozialeinrichtung. Nicht nur an öffentlichen Stätten wurden in diesen Tagen Laternen und Lampions gebastelt. Auch Privatleute fühlten sich vom Aufruf angesprochen. Bei Familie Eglauer in Beuren hängen gleich zwei Laternen im Fenster. „Meine Frau war so angetan, dass sie gleich eine zweite Laterne für ihre Schwester bastelte“, erzählte Arnim Eglauer, Salemer Gemeinderat.
Rathausfront wird dekoriert
Gestern war das Team der Gemeindeverwaltung mit dem Dekorieren der Rathausfront beschäftigt, damit Spaziergänger in Salems Neuer Mitte sich an einem illumnierten Rathaus erfreuen können.
Sankt Martin
Sein Name bedeutet, dem römischen Kriegsgott Mars geweiht. Martin war der Sohn eines heidnischen römischen Tribuns. Geboren 316 in Pavia, wurde er christlich erzogen. Mit 15 musste er auf Wunsch seines Vaters in den Soldatendienst bei einer römischen Reiterabteilung in Gallien eintreten. Vor dem Feldzug gegen die Germanen trat er 338 aus dem Militär aus, da sich Christ zu sein und Militärdienst für Martin nicht vereinbaren ließen. Zuvor geschah der Legende nach eine Begebenheit.
Martin traf vor den Toren der französischen Stadt Amiens einen frierenden Bettler. Ihm schenkte er, mit dem Schwert geteilt, die Hälfte seines Umhangs. In der Nacht erschien in seinen Träumen der Bettler, eingehüllt in seinen Mantel. Er gab sich als Christus erkennen, der ihn geprüft habe.
Der Martinstag war ein Hauptzinstag. Für die Bauern begann das neue Wirtschaftsjahr. An das Gesinde wurden die Löhne bezahlt. Pachtverträge wurden geschlossen. Steuern abgeführt. Knechte und Mägde konnten – wie an Mariä Lichtmess – ihre Dienstherrn wechseln. An Martini wurde das Vieh geschlachtet, dass nicht über den Winter gebracht werden konnte, so auch die Gänse. Eine sechswöchige Fastenzeit bis Weihnachten begann.