Bald geht das Jubiläumsjahr 1250 Jahre Überlingen zu Ende, ohne dass groß jubiliert worden wäre. Zahlreiche Veranstaltungen fanden wegen der Corona-Pandemie nicht statt, sie sollen aber im nächsten Jahr nachgeholt werden. Ohnehin hat Überlingen Zeit, denn es ist nicht so ganz klar, wann Iburinga (Überlingen) erstmals in einer Urkunde erwähnt wure, im Jahr 770 oder im Jahr 773.
Es darf also angenommen werden, dass Oberbürgermeister Jan Zeitler den Aufkleber an seinem Auto noch längere Zeit durch die Stadt fährt. Das Stadtwappen mit Schriftzug „1250 Jahre Überlingen„, es ziert auch die Briefe des Oberbürgermeisters.
Ulrich Michael Dangelmeyer ist zwar kein Ur-Überlinger. Der 62-Jährige fühlt sich mit Überlingen aber so verbunden, dass er für seine Stadt, die er als seine Heimat bezeichnet, gerne Werbung machen möchte. Warum also nicht auch – wie der OB – so einen Aufkleber ans Auto kleben?
Im Gegensatz zu Zeitler, der einen Mercedes hat, fährt DangelmeyerBMW. Denn für die Bayerischen Motorenwerke war der gebürtige Stuttgarter Zeit in der Marketingabteilung tätig, in leitender Funktion, wie er betont. Er kenne sich aus mit Stickern und fragte bei der Stadt an, wo er denn einen solchen bekommen könne, wie Zeitler ihn auf dem Auto trägt? Dangelmeyer dachte dabei an die Wiedereinführung des ÜB-Kennzeichens, für das sich Zeitler so vehement eingesetzt hatte. So wie die Autonummer Werbung für ÜB macht, könne auch der Sticker, dessen graphische Ästhetik Dangelmeyer als sehr hochwertig erachtet, eine schöne Werbung für die Stadt sein, über das Jubiläumsjahr hinaus. Identität stiften, ja, das war Dangelmeyers Anliegen, der im Übrigen auch beim Aufhängen der großen Christbaumkugeln, die im Advent in der Stadt hängen, geholfen hat.
Jedoch: Dangelmeyer rechnete nicht damit, dass die Stadtverwaltung sein Ansinnen ablehnen würde. Während er eigentlich eine Adresse erwartete, wo er den Sticker abholen und bezahlen kann, erhielt er von der Assistenz des Oberbürgermeisters als Antwort nur einen Zweizeiler: „Unser Logo darf nur für interne Zwecke verwendet werden. Bitte haben Sie hierfür Verständnis.“
Nein, Dangelmeyer bringt kein Verständnis für die Ablehnung auf. Er findet, dass dieser „Fall von gelebter Bürgernähe“ (er meint es ironisch) öffentlich erörtert werden sollte. „1250 Jahre Überlingen: nur für den internen Gebrauch?“, fragt er. „Ich bin Bürger dieser Stadt, das Copyright liegt also auch bei mir und nicht im Rathaus. Oder will man uns verbieten, für das Stadtjubiläum, für das an anderer Stelle eine Menge Geld ausgegeben wird, Publicity zu machen?“
Eine Presseanfrage bei OB Zeitler bringt Licht in den Aufkleber-Streit. Diesmal fällt die Antwort aus dem Rathaus etwas ausführlicher aus. „Das Stadtwappen ist ein Hoheitszeichen der Stadt Überlingen und darf in der Regel nur für rein städtische Zwecke verwendet werden“, lässt Zeitler mitteilen. Es gab und gibt aber Ausnahmen. Vereine, vor allem Traditionsverein, hatten immer wieder um die Verwendung des Stadtwappens gebeten, „und nach sorgfältiger Prüfung auch eine Genehmigung dafür erhalten“.
Nicht Wappen, sondern Werbesticker
Dem Antragsteller Dangelmeyer geht es nicht um das Wappen als solchem, sondern um den Werbeaufkleber. Er wolle nicht als Wappenträger, sondern als „Markenbotschafter“ für das Stadtjubiläum in Erscheinung treten. „Ist das Stadtjubiläum nun zur rathaus-internen Angelegenheit verkümmert? Oder nur etwas für offizielle Repräsentanten?“, fragt er.
Gegenüber dem SÜDKURIER betont Zeitler, dass das Wappen „nicht inflationär eingesetzt“ werden solle, außerdem müsse man es vor Missbrauch schützen. Deshalb sei eine Verwendung des Stadtwappens „für außerstädtische Zwecke“ durch den Gemeinderat nach Antrag zu beraten und gegebenenfalls zu beschließen.

Das ist es ja gerade, was dem Wahl-Überlinger Dangelmeyer vorschwebt: Überlingen „außerstädtisch“ bekannt zu machen, weshalb er mit einer gewissen Vehemenz sein Anliegen vorbringt. Im Rathaus kam er mittlerweile an. Dazu Zeitler: „Wir nehmen den Wunsch der Bürgerschaft hinsichtlich einer Auflage zur Verwendung an privaten PKWs auf.“ Die Thematik werde im zuständigen Gemeinderatsausschuss „in einer der nächsten Sitzungen im Frühjahr zur Beratung aufgerufen“. Beratungsgegenstand könne aber nur „der gesamte Aufkleber, Schriftzug und Stadtwappen, sein“. Es gelte, „unmissverständlich sicherzustellen, dass keine hoheitliche Verwendung erfolgt, sondern für unser Stadtjubiläum geworben werden soll“.
Das hört sich nach einem größeren formellen Akt an. Gut also, dass Überlingen noch mindestens bis 2023 Jubiläum feiert.