Überlingen/Stockach Die Begeisterung dieses Mannes für Bäume, Sträucher und Stauden ist in jeder Sekunde spürbar, wenn er beim Rundgang durch den kleinen Weiler von Brachenreuthe seine Schützlinge vorstellt – von der Felsenbirne über die Hemlocktanne bis zum Judasbaum. Seit mehr als 20 Jahren zeichnet Markus Biller für das Grün rund um die Gebäude verantwortlich und hat daraus mit sorgsamer Pflege und ausgewählten Neupflanzungen einen kleinen Park geschaffen.

Jetzt wurde der Stockacher von der Schulgemeinschaft in den Ruhestand verabschiedet – und mit einem blühenden Markus-Biller-Platz und einem Hinweis auf den Biller-Blick gewürdigt, der bei klarer Sicht den weiten Blick aus See und Säntis eröffnet. Der Mann mit dem grünen Daumen war nebenbei immer auch ein Stück weit Pädagoge und versuchte, neben seinem Wissen vor allem die Liebe zu den Pflanzen an Mitarbeiter und Schüler zu vermitteln.

Seine Passion müsse wohl genetisch veranlagt sein, mutmaßt Markus Biller und hat auch Indizien für seine Annahme. „Als wir in meiner Kindheit einmal den Züricher Zoo besuchten“, erinnert er sich, „hatten sich meine Eltern und Geschwister vor dem Affenhaus versammelt und beobachteten begeistert die Tiere.“ Das habe ihn selbst überhaupt nicht interessiert. „Ich stand nebenan und staunte über die Bambuspflanzen – zum Leidwesen meiner Eltern.“ Die Pflanzen ließen Markus Biller nie mehr los. An Tieren hatte er kein Interesse. Bereits sein erster Ausbilder in Neuhausen ob Eck hatte wohl Bauklötze gestaunt, als der junge Lehrling noch alle lateinischen Namen der Pflanzen parat hatte, die er am Vortag das erste Mal gehört hatte. Und er sollte sie nie mehr vergessen. Längst könnte man Markus Biller als wandelndes botanisches Lexikon bezeichnen, der jede Unterart von Bäumen und Sträuchern mit Vor- und Nachnamen kennt.

„Das ist eine Metasequoia glyptostroboides“, stellt der Parkpfleger eine Rarität vor, die zu den „lebenden Fossilien“ gehört. Eine Baumart, die ihre Nadeln im Herbst als ganzes Blatt abwirft. Noch blüht in Billers Abschiedsmonat wenig. Umso mehr Erklärungsbedarf haben die Pflanzen, von denen gerade die Blätter zu sprießen beginnen. „Das ist eine Dschungelglocke... und da blüht später eine Säckelblume.“ Nicht ohne die lateinischen Namen nachzureichen. Hier steht ein großer Ginkgo, da ein Tulpenbaum und dort ein seltener Amberbaum, der ursprünglich in Amerika zuhause war, ehe er in den Gärten Europas Einzug hielt. An anderer Stelle wächst eine vielgestaltige, kleine Graslandschaft heran.

Stets hielt Markus Biller seine schützende Hand über lieb gewordene Bäume. Aus dem Häuschen geraten konnte er schnell, wenn Mitarbeiter den Wunsch nach der Kettensäge äußerten, um den Lichteinfall auf das eine oder andere Gebäude zu verbessern. Bei Biller bissen sie auf Granit. „Das geht gar nicht“, sagt er, „dafür sind die Bäume zu wichtig.“ Bei einer schief gewachsenen Eiche am Rand des Spielplatzes von Brachenreuthe lässt er lieber einen Fachmann für Baumstatik kommen, um sich die Sicherheit per Expertise bestätigen zu lassen. Ja, dies sei einer der Lieblingsplätze für viele Kinder, betont Biller. Ein kleiner Hain mit großen Linden und Ahornbäumen zeugt davon, dass die ganze, mehr als 7 Hektar große Anlage teils schon eine längere Geschichte hat. Doch Markus Biller hat den Park quasi aus dem Dornröschenschlaf geholt und das Potenzial mit großer Fachkunde weiter entwickelt. Seine umfangreichen Kenntnisse will er auch als Ruheständler weitergeben. Wer davon profitieren will, kann Biller weiterhin bei botanischen Führungen auf der Mainau begegnen – und staunen.