Das Zauberwort heißt „systemrelevant“. Geschäfte, die überwiegend systemrelevante Ware verkaufen, sind vom Lockdown nicht betroffen. Sie dürfen dann auch Ware verkaufen, die nicht für den täglichen Bedarf bestimmt ist.

Müller darf auch Spielzeug verkaufen

Das ist auch der Grund, warum der Drogeriemarkt Müller in der Christophstraße weiterhin sein komplettes Sortiment anbieten darf. Darunter auch Spielzeug. Das wiederum ist zum Nachteil der Betriebe, die vom Spielzeugverkauf leben, die im Dezember, mitten im Weihnachtsgeschäft, aber schließen mussten.

Unter denen, die ihr Geschäft zum Schutz vor der Corona-Pandemie zusperrten, ist auch Günter Broeski, Inhaber eines Spielwarenladens in unmittelbarer Nachbarschaft zur Müller-Drogerie. „Sie können sich denken, was ich davon halte“, sagte Günter Broeski damals dem SÜDKURIER.

Aktuell geht das Überlinger Ordnungsamt davon aus, dass der Drogeriemarkt Müller das vorgegebene Kriterium „deutlich erfüllt“ und damit weiterhin das gesamte Sortiment anbieten darf.

In anderen Städten wird dies teilweise unterschiedlich gehandhabt. Sogar innerhalb der Stadt Villingen-Schwenningen gab es zwischen dem badischen und dem württembergischen Stadtteil unterschiedliche Regelungen. Es herrscht landesweit, um es milde auszudrücken: Unübersichtlichkeit.

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Thomas Philipps darf nicht mehr alles verkaufen

Bis zum 26. Januar wurde auch im Überlinger Geschäft „Thomas Philipps„ das komplette Sortiment verkauft. Darunter Gartenmöbel und Geschirr, aber eben auch Lebensmittel und Tiernahrung und andere systemrelevante Produkte. Seit letzter Woche ist damit Schluss. Gartenmöbel, Geschirr, Blumenvasen oder Frühjahrsblüher dürfen nicht mehr verkauft werden. Mit Folien wurden die Regale in dem Geschäft in der Waldhornstraße wie mit einem Vorhang zugedeckt.

Inhaber Christian Herbst verwies im Gespräch mit dem SÜDKURIER darauf, dass die Landesregierung die Regelung verschärfte. In der Corona-Verordnung des Landes, die ab dem 16. Dezember galt, hieß es wörtlich: „Geschäfte mit Mischsortiment dürfen alle Waren verkaufen, wenn die Produkte für den täglichen Bedarf überwiegen.“

Verschärfte Corona-Verordnung

In der verschärften Fassung, die seit dem 11. Januar gilt, wurde in den Text der Corona-Verordnung die Zahl 60 Prozent eingefügt, um deutlich zu machen, was unter „überwiegend“ gemeint ist. Christian Herbst erklärt, dass er 50 Prozent gut mit systemrelevanter Ware erreicht habe, 60 Prozent aber knapp verfehlte.

Am 27. Januar erhielt der Kaufmann Besuch vom Ordnungsamt der Stadt Überlingen, die sein Sortiment kontrollierte. Wie Herbst sagte, habe er das Sortiment anhand des Umsatzes betrachtet und sei auf 58 Prozent systemrelevanter Ware gekommen, also knapp unter den 60 Prozent. Die Ordnungsbehörde verhängte ein Teil-Verkaufsverbot.

Vom Durcheinander in den Verordnungen genervt

Er trage es mit Fassung, sagte Herbst, dass er nun nicht mehr sein komplettes Sortiment anbieten darf. Was ihn aber nervt, ist die Unübersichtlichkeit der sich ändernden Verordnungen.

Aus einem Blatt des Landes zur Corona-Verordnung (in der Fassung vom 26. Januar) geht nicht hervor, wie der Anteil an systemrelevanten Produkten berechnet werden muss: Über die Verkaufsfläche, den Umsatz oder die Anzahl an Produkten?

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Während Christian Herbst den Umsatz zugrunde legte, wurde bei der Diskussion um den Müller-Markt in Villingen-Schwenningen anders gerechnet. Laut einer Sprecherin des Landratsamtes im Schwarzwald-Baar-Kreis ist dort die Verkaufsfläche herangezogen worden, nicht der Umsatz.

Primeln für den Müll

Christian Herbst hätte sich gewünscht, dass ihm mal jemand klipp und klar mitteilt, welche Produkte denn jetzt genau systemrelevant sind und welche nicht. In Gesprächen mit Berufskollegen höre er heraus, dass es auch hier von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen gebe. Beim Verkauf seiner letzten noch im Lager stehenden Frühjahrsblüher sei das Überlinger Ordnungsamt unnachgiebig geblieben – er warf die Pflanzen weg.