Das Regierungspräsidium in Tübingen (RP) hat nach dem auffälligen Infektionsgeschehen an der Freien Waldorfschule Überlingen die bestehenden Maskenbefreiungsatteste kontrolliert. Dirk Abel, Leiter der Koordinierungs- und Pressestelle, teilt mit: „Die Überprüfung hat ergeben, dass die Maskenbefreiungsatteste überwiegend nicht den Anforderungen der Corona-Verordnung beziehungsweise der Corona-Verordnung Schule entsprechen und somit nicht anerkannt werden können.“

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch das Tragen der Maske müssten einen gewissen Schweregrad aufweisen und es dürfe sich nicht um Beeinträchtigungen handeln, die jeden treffen könnten. „Entsprechend wurden von der Freien Waldorfschule Überlingen vorgelegte Atteste, die unspezifische Symptome wie ‚Beklemmungen‘, ‚Schwindel‘ oder ‚Kopfschmerzen‘ bescheinigten, zurückgewiesen“, erklärt Abel.

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Das RP hat die Schule aufgefordert, „die Eltern über das Prüfergebnis zu informieren und Maskenbefreiungsatteste in Zukunft nur dann anzuerkennen, wenn sie den rechtlichen Anforderungen standhalten“. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg schreibt zur Auslegung der aktuell geltenden Corona-Verordnung bezüglich der Maskenbefreiungsatteste unter anderem: Das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung müsse mit dem Risiko einer erheblichen Verschlechterung der Gesundheit des Patienten verbunden sein, um von der Pflicht zum Tragen einer solchen befreit zu sein.

RP-Pressesprecher: „Deutlich anderes Ergebnis als bei den Stichproben“

Wie viele der 126 Atteste, die zum großen Teil von Schülern stammen, abgelehnt wurden, konkretisiert Dirk Abel auf Nachfrage nicht. Für das Regierungspräsidium ist das jetzige Abschneiden allerdings „ein deutlich anderes Ergebnis als bei den Stichproben“, berichtet der Pressesprecher. Zum allgemeinen Vorgehen der Behörde erläutert er: „Wir haben vor einem Jahr, wie den anderen Schulen auch, der Freien Waldorfschule die rechtlichen Anforderungen an Atteste mitgeteilt.“ Stichprobenhafte Überprüfungen habe es auch an der Waldorfschule gegeben. Bei diesen habe es nichts zu beanstanden gegeben, so Dirk Abel.

Eine Prüfung aller Atteste in ihrer Gesamtheit habe allerdings nicht stattgefunden. Die zuständige Stelle kann dies schlichtweg nicht für alle Schulen im Regierungsbezirk leisten. Für die Stichproben werden die Schulen laut Abel darum gebeten, eine bestimmte Anzahl an Maskenbefreiungsattesten vorzulegen. Eine genaue Anzahl für die Waldorfschule in Überlingen zu nennen, sei aufgrund von Rückschlüssen auf die Personen und wegen des Datenschutzes generell schwierig, sagt Abel.

„Wir haben vor einem Jahr, wie den anderen Schulen auch, der Freien Waldorfschule die rechtlichen Anforderungen an Atteste mitgeteilt.“
Dirk Abel, Pressesprecher Regierungspräsidium Tübingen

Anke Kricks, Pressesprecherin der Freien Waldorfschule, hatte der SÜDKURIER in einem ersten Bericht zu den 33 Corona-Infektionen so zitiert: „Wenn Atteste eingereicht wurden, haben wir sie von Beginn an anonymisiert ans RP geschickt und uns bestätigen lassen, ob sie in Ordnung sind oder nicht.“ Damit sind ihr zufolge aber nicht alle 126 Atteste gemeint, wie sie jetzt auf Nachfrage erklärt. Es habe sich vielmehr um mehrfache Einsendungen von Attesten gehandelt, so Kricks.

Schule ging davon aus, dass Vorgehen mit Corona-Verordnung konform ist

„Unser Ziel war sicherzustellen, dass die Atteste formal und inhaltlich der (sich in den letzten zwei Jahren mehrfach ändernden) Corona-Verordnung für Schulen entsprechen. Auf die erste Prüfung hin hat uns das RP einige konkret zu erfüllende Kriterien genannt, auf die wir seither alle eingehenden Atteste geprüft haben. Eine nochmalige Auswahl an eingesandten Attesten hat das RP damals nicht beanstandet, daher haben wir uns seither an diese als Muster gehalten“, erläutert die Pressesprecherin. Da bisher keine Beanstandungen seitens des RP zurückgemeldet worden seien, „sind wir davon ausgegangen, dass dieses Vorgehen mit der Verordnung konform ist“. Aber: Ihren Angaben nach wurden die betreffenden Personen bereits darüber informiert, „dass die Atteste in der Form nicht mehr anerkannt werden, was allgemein akzeptiert wurde“.

Anke Kricks, Pressesprecherin der Freien Waldorfschule Überlingen
Anke Kricks, Pressesprecherin der Freien Waldorfschule Überlingen | Bild: Hilser, Stefan

Anke Kricks berichtet zudem von strengeren Regeln, die intern – „wo wir das für vernünftig hielten“ – beschlossen worden seien, und mit Einsetzen des erhöhten Infektionsgeschehens im Herbst habe man die „Befreiung von der Maskenpflicht dort, wo die Umstände dies unseres Erachtens erforderlich machen, ausgesetzt“. Die Pressesprecherin betont: „Wir haben als Schule natürlich großes Interesse daran, die Gesundheit unserer Schüler, Mitarbeiter und der angeschlossenen Familien zu schützen. Wir taten und tun alles in unserer Macht stehende, um ein Infektionsgeschehen möglichst gering zu halten. Zu diesem Zweck kooperieren wir mit allen verantwortlichen Stellen.“