Klimaschutz und Energiewende sind derzeit in aller Munde. Vor diesem Hintergrund schwärmen Stadtverwaltung und Baugenossenschaft Überlingen gerne vom „Leuchtturmprojekt“ des „Stadtquartiers 2050“ nördlich des Hildegardrings, das inzwischen in seinen Konturen erkennbar ist und sich der finalen Phase der Fertigstellung nähert.
Tatsächlich ist das vom Bund an verschiedenen Stellen geförderte Vorhaben, das in Kooperation mit der Landeshauptstadt Stuttgart entsteht und wissenschaftlich begleitet wird, etwas Außergewöhnliches und gehört zu einem halben Dutzend experimenteller Demonstrationsvorhaben in der Republik, die Vorbildcharakter bekommen sollen.
Warmwasserspeicher sind in dem Konzept zentral
Zu den wichtigen Mosaiksteinen des Gesamtkonzepts gehört eine Heizwärmeversorgung auf der Grundlage einer Solarthermieanlage mit großen Warmwasserspeichern, die das Stadtwerk am See als Projektpartner östlich seiner Hackschnitzelanlage plant. Den erforderlichen Bebauungsplan beschloss der Gemeinderat noch unmittelbar vor der Sommerpause als Satzung.
Hier sind zwei Sondergebiete ausgewiesen, das größere für die Aufstellung der Kollektoren im östlichen Bereich mit einer maximalen Höhe von 2,5 Metern. Das kleinere angrenzend an das aktuelle Hackschnitzelheizwerk, wo die Technik und die Warmwasserspeicher untergebracht werden. Insbesondere deren Höhe hatte die Kritiker auf den Plan gerufen. Sie konnten erreichen, dass die geplanten Speicher statt ursprünglich 20 Meter nur noch gut zwölf Meter hoch werden sollen.

Manche Stadträte klagen, andere sind begeistert
Ungeachtet dessen beklagte Stadtrat Dirk Diestel (BÜB+) nach wie vor den großen Flächenverbrauch für die Anlage. Gegen das Vorhaben und den Bebauungsplan sprach sich auch Stadträtin Sonja Straub (CDU) aus. Der Blick von Aufkirch her auf die Stadt sei „so einmalig“, erklärte die Bonndorferin, dass man ihn nicht noch weiter verbauen dürfe.
Dagegen wurde ihr Fraktionssprecher Günter Hornstein „nicht müde, auf die Bedeutung dieses Leuchtturmprojektes hinzuweisen“, wie er sagte. Nach Abwägung verschiedener Güter dürfe man durchaus „erkennen, dass Überlingen bei der Energiewende angekommen ist“. Nicht weniger begeistert zeigte sich Walter Sorms (LBU/Die Grünen) von dem Vorhaben. „Ich wüsste nicht, wie man das noch besser machen könnte“, freute er sich.
Ein transdisziplinäres Projekt
Kritiker hatten auch immer wieder beklagt, weshalb die Solarthermiemodule und die Speicher nicht auf den Dächern montiert werden, um den Flächenverbrauch zu vermeiden. Doch dafür gibt es gleich mehrere Gründe. „Da hätten wir überhaupt keinen Platz“, erklärt Architekt Gerhard Metzger: „Die Dächer sind vollgepackt mit Fotovoltaik und den erforderlichen Stromspeichern.“ Denn auch bei der genutzten Elektrizität ist eine nachhaltige Erzeugung Pflicht, um die angestrebte Klimaneutralität sicherzustellen.
Solarthermie wird in Nahwärmenetz integriert
Hinzu kommt auch, dass die neue Solarthermie in das bestehende Nahwärmenetz des Stadtwerks integriert wird, das mit dem Hackschnitzelheizwerk schon am Rande des Wohngebiets seinen Ausgangspunkt hat. Und die bestehenden älteren Wohnanlagen der Baugenossenschaft am Hildegardring sollen später ebenfalls daran angeschlossen werden.

Unterdessen sind im neuen Quartier die 80 Wohnungen des ersten Bauabschnitts längst bezogen. Bei der nächsten Etappe läuft gerade der Innenausbau. Diese Gebäude sollen im kommenden Jahr bezogen werden. Mit den Rohbauten des letzten Abschnitts sind inzwischen bereits die Dimensionen des gesamten Quartiers abgesteckt und erkennbar. Am Ende werden hier in 14 Gebäuden insgesamt 170 neue Wohnungen zur Verfügung stehen, die sich um einen zentralen Begegnungsbereich gruppieren.