Aufregende Zeiten auf dem Schwanderhof in Bad Säckingen. Nach fast 120 Jahren Landwirtschaft im Herzen von Bad Säckingen, siedelt der Bauernhof jetzt aus auf ein Gelände am Ende des Gewerbegebietes im Trottäcker und damit verlässt der letzte Landwirt die Kernstadt.
Mehr Platz außerhalb der Stadt
Während die Familie ihre Kisten erst in den Osterferien packt und das neue Haus bezieht, haben Landwirt Michael Schwander, seine Frau Marita gemeinsam mit weiteren Freunden bereits die insgesamt 24 Tiere in drei Transporter verladen und in den neuen Stall gebracht.
Die nicht mehr zeitgemäße, artgerechte Anbindehaltung der Tiere war der Grund, weshalb sich der 40-jährige Landwirt gemeinsam mit seiner Familie für den Neubau und den Umzug entschlossen hat.

Bereits in der vierten Generation sind die Schwanders aus Bad Säckingen Landwirte. 1903 hat der Ur-Großvater den Betrieb aufgebaut. „Als der Hof 1904 gebaut worden ist, war es ein Aussiedlerhof“, erzählt Marita Schwander. Immer neue Hausbauten haben den einstigen Hof am Stadtrand im Laufe der Jahrzehnte, immer mehr in die Mitte gerückt. Heute dominieren Wohnsiedlungen das Bild in der Basler Straße und die Nachbarn haben einen Blick von ihren Balkonen aus auf den Hof.
Der letzte Bauernhof der Innenstadt
Heute ist der Schwanderhof der letzte Hof in der Kernstadt. Lediglich in den Ortsteilen Rippolingen, Harpolingen und Wallbach gibt es drei Höfe, die in Vollzeit betrieben werden. Auch Michael und Marita Schwander sind Vollzeit-Landwirte.
Diesen Schritt ist der gelernte Industriemechaniker mit einer Anstellung in der Schweiz, vor rund fünf Jahren gegangen. Denn während viele Höfe ihre Arbeit auf den Feierabend verlegen und tagsüber einem sicheren Broterwerb nachgehen, hat der 40-Jährige seine Arbeit und widmet sich jetzt ganz der Milchviehwirtschaft.

Bis dahin führte Vater Theo den Betrieb und Michael Schwander unterstützte seinen Vater morgens vor der Arbeit und abends bei der Hofarbeit. „Der psychische Druck war hoch“, gibt der 40-Jährige zu. Denn der Kopf war ständig auf dem Hof Daheim. „Ein Betrieb erwartet natürlich, dass der Kopf bei der Arbeit ist“, sagt er. Ein Traktorunfall des Vaters war der Anlass für Michael Schwander, sich Gedanken über seine Zukunft zu machen. In der Abendschule ließ sich Schwander dann zum Landwirt ausbilden, kündigte seine Arbeit in der Schweiz und widmet sich seit dieser Zeit ganz der Landwirtschaft.

Längst ist es zu eng geworden auf dem Schwanderhof. Möglichkeiten zum Um- oder Ausbau gibt es keine. Zunächst wurden immer wieder Garagen angeschafft, um die Fahrzeuge und andere landwirtschaftliche Hilfsmittel unterzubringen. Doch auch die reichen längst nicht mehr aus und die Familie musste immer mehr Fahrzeuge auslagern. Auch das Futter für das Vieh, das vom Schwanderhof zu 95 Prozent selbst produziert wird, sowie das Heu ist auf mehreren Plätzen verteilt. „Ich benötige jeden Tag fast drei Stunden nur dafür, das Futter für die Tiere zu holen“, erklärt der junge Landwirt.

In einer neunmonatigen Bauzeit hat die Familie auf einem 75 Hektar großen Gelände am Rande von Bad Säckingen, auf einem Hektar einen Aussiedlerhof mit einem Wohnhaus, einem Kälberstall, einem Milchviehstall und einer Fahrzeughalle errichtet. Der Rest des Geländes wird von der Familie Schwander bewirtschaftet. Bis dahin haben Michael und Marita Schwander gemeinsam mit ihren vier Kindern, den Eltern, dem Bruder mit Familie und der Großmutter auf dem Hof, mitten im Herzen von Bad Säckingen gelebt.

Die Arbeit auf dem Hof ist längst nicht mehr zeitgemäß. Zu den beengten Verhältnissen auf dem Hof selbst, kommt die ganzjährige Anbindehaltung der momentan 24 Rinder in einem dunklen Stall. Nach dem Umzug auf den neuen Aussiedlerhof sollen es rund 150 Tieren sein und diese erwartet mit den Kälbern ein offener und heller Laufstall. Dort werden sich die Tiere künftig frei bewegen können und dürfen selbst entscheiden, ob sie sich auf dem Feld oder im schützenden Stall aufhalten möchten.

Bis es allerdings soweit ist und die Tiere ihre bisher nicht gekannte Freiheit genießen, dauert es noch etwas. „Durch die Anbindehaltung sind die Tiere das Laufen gar nicht gewöhnt“, sagt er und prophezeit jede Menge Muskelkater.
Bedingt durch die bisherige Haltung hatte die Tiere immer die gleiche Nachbarin neben sich stehen. Das ist in dem neuen Stall auch nicht mehr so. „Jetzt wird es erst einmal Gerangel darum geben, wer die künftige Chefin sein wird“, so Schwander weiter.
Und nicht immer geht das ohne Verletzungen ab. Bedingt dadurch, dass die Familie mit den Tieren immer nur am gleichen Ort gelebt hat, kann Michael Schwander noch gar nicht sagen, was wirklich noch auf sie zukommt, bis sich die Kühe eingelebt haben. Bisher sind sie auch immer von der Familie gemolken worden, aber auch das in dem neuen Stall nicht mehr nötig. Die Kühe müssen lernen, bei Bedarf in die Melkanlage zu gehen. „Das wird auch seine Zeit dauern, bis die Tiere das lernen“, ist der Landwirt überzeugt.

Mit insgesamt drei Fahrzeugen, versehen mit Anhängern und mit Unterstützung von Freunden, hat Michael Schwander die Tiere auf ihren Umzug vorbereitet und durchgeführt. „Die Tiere spüren, dass etwas geht“, bemerkt Marita Schwander. Trotzdem sind die Tiere noch verhältnismäßig ruhig.
Als als Michael Schwander und die Helfer den Tieren die neuen Halsbänder umlegen. Diese sind mit einem Chip versehen, auf denen die Daten ihrer Trägerin gespeichert sind. „Damit können wir das Verhalten der Kuh ablesen“, so Marita Schwander. Mit Hilfe des Chips ist auch der Gesundheitszustand oder das Fressverhalten ablesbar. Diese Bänder werden die Tiere künftig immer tragen.
Erst als es darum ging, in den Transporter zu klettern, wurde es für die Familie, die Helfer und vor allem für die Tiere noch einmal aufregend. Nicht jedes Tier wollte in dem Transporter bleiben und drängelte sich wieder nach vorne. Mit dem Ergebnis, dass wieder alle Tiere den Transporter verlassen haben. Michael Schwander behielt stets den Überblick und die Ruhe. Er schaffte es auch, diese Ruhe dann auf die Tiere zu übertragen.

Dann machte sich die Kolonne auf den Weg in den neuen Stall. Nicht immer leicht für den Fahrer des Traktors, das Fahrzeug in der Spur zu halten. Denn der Anhänger schaukelte mächtig bis ans Ziel. Und dann war es soweit.
Die Tore öffneten sich wieder und entließen die Tiere in ihre neue Freiheit. Schnell versorgen die Helfer die Tiere mit Futter, dass sie ihnen im Futtergang zuschieben. „Fressen beruhigt“, sagt Marita Schwander und beobachtet die Tiere, wie sie erst einmal den Stall erkunden.

Doch damit ist die Arbeit der Familie Schwander noch längst nicht zu Ende. Das neue Haus hat noch kein Wasser und auch der Kälberstall ist noch nicht ganz fertig. Erst wenn das erledigt ist, beziehen die Familie und auch die Kälber die neue Heimat.