Fred Thelen kann sich noch gut erinnern: „Als Stadt- und Kreisrat musste ich erleben, dass uns das Krankenhaus geschlossen und das Projekt Campus geboren wurde“, sagt der Ortsvorsteher von Wallbach, der bis Sommer vergangenen Jahres im Bad Säckinger Gemeinderat die Stimme der Freien Wähler war.
„Als Aufsichtsrat durfte ich von Beginn an dabei sein, wie sich aus einem ausgekernten Krankenhaus der heutige Campus entwickelte“, sagt Thelen. Natürlich könne er nicht sagen, was konkret in Aufsichtsratssitzungen besprochen wurde. Das Gesetz regelt das. „Sitzungen von GmbHs sind immer nicht öffentlich, egal ob es sich um eine freie oder eine städtische GmbH handelt. Es geht schließlich um Firmeninterna.“
Lange und vor allem gründlich habe er sich überlegt, ob er überhaupt etwas zur aktuellen Campus-Debatte sagt. Zwar ist er ja noch Ortsvorsteher und Kreisrat, aber nicht mehr Stadtrat. Doch die aktuellen Diskussionen lassen Thelen, der auf 35 Jahre Kommunalpolitik zurückblicken kann und in dieser Zeit aus seiner Sicht immer nur das Beste für die Bürger und Bürgerinnen der Stadt gegeben habe, nicht kalt.
„Wir haben der Bauleitung vertraut.“
„Ich bin schuldig“, sagt Thelen und fügt hinzu: „Natürlich habe ich mich schuldig gemacht, weil ich die ausgezeichneten Zahlen über Baufortschritt und Kosten, die uns lange Zeit vorgelegt wurden, nicht hinterfragt habe.“
Die Mitglieder des Aufsichtsrates, denen der Vorsitzende Alexander Guhl vorsteht, seien schließlich alles keine Baufachleute gewesen. Und sie hätten der Bauleitung vertraut. „Zumindest so lange, bis diese uns mit einer plötzlich utopisch klingenden Verteuerung konfrontierten, diese aber nicht begründen konnten“, erklärt Thelen.
Die Debatte geht Thelen gehörig auf die Nerven. Persönlich möchte er niemand angreifen. Aber er kann nicht verstehen, warum sich Kritiker so auf den Gesundheitscampus und die gestiegenen Kosten eingeschossen haben. Kritiker, von denen er sagt: „Die haben noch nie für ein Amt kandidiert und noch nie in der Kommunalpolitik mitgearbeitet.“
„Was soll das?“, fragt sich Thelen. Die ganze Debatte ändere zum einen nichts und zum anderen sorge sie auch für Unruhe in der Bevölkerung. „Was wir in Bad Säckingen haben, ist kein Einzelfall, der vom Himmel gefallen ist.“ Man müsse nur nach Lörrach schauen. Dort verzögere sich der Neubau des Zentralklinikums auch, dort würden die Kosten auch steigen.
„Wenn ich heute den im Nachhinein so klugen Menschen glauben darf, haben diese das alles schon früher gewusst“, sagt er. Wenn 2022, als die Kosten plötzlich rapide in die Höhe geschnellt sind, die Reißleine gezogen worden wäre, dann hätte die Stadt nun eine Bauruine.
Aber die Entscheidung war, weiterzumachen, mit einer neuen Geschäftsführung und mit neuen Baufachleuten sollte der Campus fertiggestellt werden. „Auch hier trifft mich eine Mitschuld“, sagt Thelen. Die Fertigstellung des Gesundheitscampus koste nun einmal, was es jetzt kostet. Aber die ganze Debatte und die Schulzuweisungen würden daran nichts ändern.
„Das, was in Bad Säckingen gelaufen ist, ist die Realität“, sagt Thelen. Und gerade, wer sich in der Kommunalpolitik nicht auskenne, dem würden der tiefe Einblick und das Gesamtbild fehlen. Er führt als generelles Beispiel die Gesetzgebung in Berlin an, die vor Ort „ausgebadet“ werden müsste.
Ausufernde Vorschriften, wie zum Beispiel der Brandschutz. Sehr viele Details, die beachtet werden müssten. Und für alles brauche es einen Gutachter, der dann auch noch teuer bezahlt werden muss. „Wenn das Gutachten fertig ist und endlich gebaut wird, dann ist es schon wieder überholt und keiner nimmt das mehr ab.“
In zehn Jahren sieht alles anders aus
Wenn Thelen in die Zukunft blickt, ist er sich sicher, in zehn Jahren sieht dann alles ganz anders aus. „Man wird feststellen, dass wir die ärztliche Versorgung für Stadt und Umland gesichert haben und viele ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger freuen sich über ihren Lebensabend in wunderschönen hellen Räumen“, sagt er und fügt hinzu: „Aber daran bin ich gerne mitschuldig.“
Die Debatte zum Nachlesen
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