Die Suche nach einem Hausarzt ist schwierig und frustrierend im ländlich geprägten Landkreis Waldshut. Doch wie genau ist die Situation in der Kurstadt Bad Säckingen? Wir wagen einen Selbstversuch und kontaktieren Praxen anonym als Neupatient.

Recherche deckt Schwierigkeiten für Neupatienten auf

Unsere Anrufliste umfasst zehn Hausärzte aus sechs Praxen der Stadt – telefonisch ist im August größtenteils kaum Durchkommen. Eine Praxis sei im Urlaub, wie der Anrufbeantworter verrät. Bei einem nächsten Telefonat stecken wir eine knappe Stunde in der Warteschleife, bis diese nach Ende der Sprechzeiten einfach abbricht. „Tut-Tut-Tut“ macht es auch bei einem nächsten Anruf eine Praxis weiter. Die Leitung sei besetzt, zeigt der Smartphone-Bildschirm an. So auch bei einem erneuten Anruf einige Zeit später.

In der nächsten Praxis wird dann den Hörer abgenommen. Hier fragen wir nach einem Termin als Neupatient und bekommen die Antwort: Aufnahmestopp. Ernüchtert werden weitere Praxen kontaktiert – nicht selten dauert das über eine Woche hinweg – bis wir einmal mit Erfolg durchkommen. Immerhin eine Praxis hat aktuell noch einen Platz frei.

Warum Hausarzt-Suche schwer sein kann

Das Fazit: Trotz Aussicht auf einen Termin gestaltete sich sie Suche nach einem Hausarzt schwierig und zeitraubend. Wir fragen nach Gründen. Martina Troescher von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) nennt unter anderem den Ärztemangel. Im Juli seien im Land 963 Hausarztsitze offen gewesen.

Dieser Mangel zeigt sich auch in Bad Säckingen. Hier liege der medizinische Versorgungsgrad der Hausärzte bei 81,8 Prozent, so Troescher. Damit fehlt es an Ärzten für die Menge an Einwohnern und ihrem Bedarf an medizinischer Versorgung. Das bereite der KVBW große Sorgen, so Troescher.

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Nicht zuletzt, weil Ärzte altersbedingt schließen können. Aktuell sind bereits 59 Prozent der Hausärzte im Landkreis Waldshut über 60 Jahre alt, so der KVBW-Bericht über die ambulante medizinische Versorgung 2024. Problematisch dabei ist, dass Nachwuchs im ganzen Land mangle, schreibt Troescher.

„Wir versuchen mit vielfältigen Maßnahmen, die ambulante Versorgung zu stabilisieren“, ergänzt die Pressesprecherin. Zum Beispiel fördere die KVBW auch in Bad Säckingen Praxisneugründung, Praxisübernahmen, die Gründung einer Zweigpraxis und die Anstellung von Ärzten.

MVZ setzt auf Online-Terminvergaben

Neue Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen – das haben Ärzte im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bad Säckingen in Aussicht, erzählt der ansässige Mediziner Alexander Kaiser im Interview mit dem SÜDKURIER. Wir möchten wissen, ob neben neuen Ärzten auch neue Patienten aufgenommen werden. Denn das haben wir während unserer Recherche anonym nicht erfahren, da telefonisch kein Durchkommen war.

„Wir nehmen auf, die Räumlichkeiten sind gegeben“, antwortet Kaiser. Um Zeit am Telefon zu sparen, können Hausarzt-Suchende einen Termin online über die Website des Zentrums vereinbaren, sagt er.

Auf dem Gesundheitscampus Bad Säckingen hat sich das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) etabliert.
Auf dem Gesundheitscampus Bad Säckingen hat sich das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) etabliert. | Bild: Elisa Gorontzy

Warum das MVZ die Ressourcen für Neupatienten hat und kleinere Praxen wohl nicht

Neben Allgemeinmedizinern gibt es im MVZ auch weitere Fachärzte, mit Kaiser einen Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie. „Wir sind hier in dieser komfortablen Situation, weil mehrere Ärzte gleichzeitig einige Neupatienten auffangen können“, erklärt er. Kleine Praxen mit nur einem Hausarzt stünden eher unter Druck – nicht nur wegen der zeitlichen wie personellen Ressourcen, sondern auch wirtschaftlich.

Letzteres begründet Troescher mit den gesetzlich festlegten Budgets für Haus- und Fachärzte. Wenn das Budget für ihre Honorare ausgeschöpft ist, werden weitere Leistungen nicht mehr vergütet. Die Konsequenz: Ärzte würden Termine und Leistungen einschränken, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben, so Troescher und Pressemitteilung über die Gründe für einen Aufnahmestopp in Praxen. Darum fordere die KVBW eine Abschaffung der Budgets.

Ein Behandlungsraum im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bad Säckingen.
Ein Behandlungsraum im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bad Säckingen. | Bild: Elisa Gorontzy

Motivierte Ärzte in der Kurstadt

Sicher sei, dass Ärzte ihren Beitrag zu einer besseren medizinischen Versorgung vor Ort leisten wollen, weiß MVZ-Mediziner Kaiser aus seinem Umfeld zu berichten. „Hilfe muss gewährleistet sein, wenn gebraucht und nicht erst dann, wenn es zu spät ist“, sagt der Facharzt für Innere Medizin. Die Behandlungsräume seien gegeben. Das zeigt auch ein aktueller Blick in das MVZ. Der Empfang und das Wartezimmer sind eingerichtet. Lediglich die Flure des Gesundheitscampus haben noch Baustellenflair: „Hier wird sich weiterhin etwas tun.“

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