Es geht ganz einfach: Man drückt aufs Knöpfchen, oder zieht den Stöpsel – und schon verschwinden sämtliche Hinterlassenschaften in den unergründlichen Kanälen der Stadt. Was passiert aber mit all dem Abwasser, das wir produzieren – immerhin rund 120 Liter pro Einwohner am Tag? Zur Klärung dieser Frage gibt es in Bonndorf einen Experten, Georg Messerschmid, der seit 38 Jahren technischer Leiter der Bonndorfer Kläranlagen ist, und jeden einzelnen Arbeitsschritt der Abwasserentsorgung aus dem Effeff kennt.
Messerschmid und seine beiden Kollegen Ralf Selb und Benjamin Pfaff haben einen verantwortungsvollen Job. Sie betreiben Umweltschutz pur, sorgen sie doch dafür, dass kein belastetes Wasser in die Bäche fließt, Schmutzmaterial fachgerecht entsorgt wird. Und dazu brauchen sie nicht nur ein großes technisches Verständnis, sondern auch fundierte Kenntnisse in Chemie, Biologie und EDV.

In Bonndorf gibt es drei Kläranlagen: eine in Gündelwangen, ausgelegt für 1200 Einwohnerwerte, eine in Wittlekofen (300 Einwohnerwerte) und die große zentrale Anlage an der B 315 zwischen Wellendingen und Schwaningen, die neben den Abwässern aus Bonndorf auch noch Schmutzwasser aus Wangen und Bettmaringen aufnimmt. Diese Anlage wurde 1988 in Betrieb genommen, ist auf 10 300 Einwohnerwerte ausgelegt und derzeit zu 90 Prozent ausgelastet.

„Eine hohe Auslastung ist bei der Abwasserreinigung wünschenswert“, erläutert Georg Messerschmid und sieht auch bei steigenden Einwohnerzahlen in der Stadt keine Probleme. Neben den drei Kläranlagen kümmern sich die Mitarbeiter auch noch um acht Abwasserpumpwerke und das Regenüberlaufbecken bei Wellendingen, das notwendig ist, um große Schmutzstöße, beispielsweise nach starkem Regen, aufzufangen und dann kontrolliert zur Kläranlage weiterzuleiten.
Wie bereits erwähnt, produziert jeder Bürger rund 120 Liter Abwasser am Tag. Da kommen an trockenen Tagen (wenn kein zusätzliches Regenwasser in die Kanalisation fließt) rund 1500 Kubikmeter Abwasser zusammen, an nassen Tagen sind es bis zu 8000 Kubikmeter Abwasser am Tag. Diese Abwassermengen landen zunächst im Abwasserhebewerk und laufen dann im freien Gefälle durch die verschiedenen Reinigungsstufen. Als erstes werden in der Feinrechenanlage die Grobstoffe herausgesiebt. Hier wird dann auch deutlich, was alles einfach so die Toilette hinuntergespült wird.
Neben Hygieneartikeln wie Feuchttüchern, Tampons, Ohrstäbchen, befinden sich auch Rasierklingen im Abwasser, ferner zahlreiche Salat- und Gemüsereste. „Ich kann immer sehen, welches Gemüse gerade Saison hat“, schmunzelt Georg Messerschmid, ist aber über diese Schmutzfracht nicht gerade erfreut. Solche Feststoffe können die Anlage schädigen, erläutert er und macht auch deutlich, dass Farben, Öle, Benzin oder abgelaufene Medikamente im Abwasser nichts verloren haben. Durch solcherlei Stoffe werde die Nahrungskette der Mikroorganismen unterbrochen, und diese Milliarden kleinen Helfer sind für die Abwasserreinigung unerlässlich.
Aber zurück zur ersten Reinigungsstufe, der Feinrechenanlage. Die herausgefilterten Feststoffe werden noch einmal ausgewaschen, dann gepresst und landen im Restmüll. Das Abwasser fließt weiter in den Sand- und Fettfang. Wie der Name schon sagt, werden hier Sand und Schmierstoffe eliminiert, die dann ebenfalls im Müll entsorgt werden. Durch diese mechanischen Reinigungen können 20 bis 30 Prozent der Schmutzstoffe aus dem Abwasser herausgeholt werden.
Was dann folgt, ist die biologische Reinigung. In zwei großen, 3,50 Meter tiefen Becken wird die schlammige Brühe kontinuierlich gerührt, mit Sauerstoff und Wärme versorgt treten dann die Mikroorganismen in Aktion und eliminieren alle organischen Stoffe aus dem Schlamm. Der Rührarm (Räumer), der über den Beckenrand läuft, absolviert im übrigen 100 Kilometer am Tag. Die biologische Reinigung wird täglich kontrolliert. Proben werden im Labor getestet – nicht zuletzt deshalb, um festzustellen, wie es den Mikroorganismen geht, die auch mal „unpässlich“ sein können, wie Georg Messerschmid erläutert. Dann müssen die Klärwärter aktiv werden und dafür sorgen, dass die winzigen Helfer wieder fit werden.
Von den Schlammbecken läuft das Abwasser dann in das Nachklärbecken. Das gereinigte Wasser schwappt über einen Zahnrand in einen Abfluss, der dann in den Mehrenbach mündet. Der von den Mikroorganismen bearbeitete Schlamm setzt sich ab, wird stabilisiert und kommt dann in die Faulturmanlage. Von dort geht‘s in die Kammerfilterpresse, die aus der schlammigen Masse das Restwasser herauspresst. Übrig bleibt ein Produkt mit 25 Prozent Trockensubstanz, das letztendlich zur Verbrennung ins Zementwerk transportiert wird.
Reinigungsleistung sehr gut
Die Reinigungsleistung der Bonndorfer Kläranlage ist laut Georg Messerschmid, sehr gut. Bei Kohlenstoff liegt sie bei 95 Prozent, bei Stickstoff bei 90 Prozent und bei Phosphor (chemische Reinigung) ebenfalls bei 90 Prozent. „Das Wasser, das in den Mehrenbach fließt, ist absolut unbedenklich“, sagt der Fachmann, der aber dennoch darauf hinweist, dass es keine Trinkwasserqualität hat. Und noch etwas verschweigt Georg Messerschmid nicht – das Problem Mikroplastik. „Über die Kläranlage lassen sich lediglich 20 bis 30 Prozent der Plastikteilchen herausfiltern.“ Eine vierte Reinigungsstufe, über die auch Medikamentenrückstände und Spurenstoffe aus dem Abwasser entfernt werden können, werde in Bonndorf in nächster Zeit kein Thema sind, sagt der Leiter der Kläranlage auf Nachfrage. Derzeit gebe es lediglich wenige Versuchsanlagen – in Ballungsräumen. Für Bonndorf sieht er auch keine Notwendigkeit.
Anlage gut in Schuss
„Die Anlage ist technisch auf einem sehr guten Stand“, sagt Messerschmid, „die Stadt hat kontinuierlich investiert, um die Anlage in Schuss zu halten.“ Auch sei man für denkbar Unfälle gerüstet. Sollte – aus welchen Gründen auch immer – tatsächlich einmal hoch belastetes Abwasser durch die Kanäle fließen, kann dieses auf der Kläranlage abgefangen und in ein Katastrophenbecken geleitet werden. Und noch etwas lobt der Fachmann, der seit 38 Jahren technischer Leiter der Kläranlagen ist: „In Bonndorf sind 98 Prozent der Bevölkerung an die Kanalisation angeschlossen.“
Georg Messerschmid schätzt seinen Arbeitsplatz
Georg Messerschmid liebt seinen Job, und er schätzt seinen Arbeitsplatz, die Kläranlage, an deren Planung und Entstehung er vor nunmehr rund 30 Jahren bereits mitgearbeitet hat. Ihn stören auch die Bereitschaftsdienste an Wochenenden und Feiertagen nicht. „Es muss halt jeden Tag jemand da sein“, meint er. Und auch vor nächtlichen Einsätzen bleibt man nicht verschont. Tritt eine Störung auf der Anlage ein, wird automatisch über Handy informiert. Dann heißt es raus aus den Federn und für Abhilfe sorgen. Und als wär‘s nur eine Kleinigkeit, kümmert sich das Kläranlagenpersonal auch noch um das ganze Gelände, inklusive Rasenmähen und Hecken schneiden.
Ruhestand im April 2020
Mit Blick darauf, dass sich seine berufliche Laufbahn langsam dem Ende nähert – Georg Messerschmid geht im April 2020 in den Ruhestand – ist es dem Kläranlagenleiter wichtig, dass es einen reibungslosen Übergang gibt. Und dieser sei gewährleistet, meinte Messerschmid. Seit 2017 ist Ralf Selb, Fachkraft für Abwassertechnik, auf der Kläranlage tätig und 2018 stieß Benjamin Pfaff zum Team, der ebenfalls eine entsprechende Ausbildung absolviert. Auch die beiden Kollegen sehen in der Arbeit eine interessante und vielfältige Aufgabe, die Spaß macht, ist sich Messerschmid sicher und er fügt an: „Gut ausgebildetes motiviertes Personal spart der Gemeinde letztendlich Geld.“
Die Aufbereitung
- Das gehört nicht ins Abwasser: Hygieneartikel, Rasierklingen, Essensreste, Milch, nicht abbaubare Feuchttücher, abgelaufene Medikamente, Farben, Öle. Silagesaft und Gülle unterbrechen die Nahrungskette der Mikroorganismen mit der Folge, dass die Kläranlage umkippen kann. Gefährlich, weil höchst entzündlich, ist Benzin oder andere explosive Stoffe.
- Die zentrale Bonndorfer Kläranlage: wurde 1988 in Betrieb genommen, sie ist ausgelegt auch 10 300 Einwohnerwerte und zu 90 Prozent ausgelastet. Die Baukosten damals lagen bei 10 Millionen Mark, es gab einen Zuschuss von 80 Prozent.
- Die Abdeckung: 98 Prozent der Bonndorfer Bevölkerung sind an die Kanalisation angeschlossen. Jeder Bürger produziert im Durchschnitt rund 120 Liter Abwasser. Der Abwasseranfall in der Kläranlage liegt an trockenen Tagen bei rund 1500 Kubikmeter, an Regentagen bei rund 8000 Kubikmetern.
- Weitere Anlagen: Wittlekofen, 300 Einwohnerwerte, Gündelwangen, 1200 EW, hinzu kommen acht Abwasserpumpwerke und ein Regenüberlaufbecken.