Wir drücken aufs Knöpfchen – und weg sind die Hinterlassenschaften. Wohin dann das Abwasser fließt und was damit passiert, darüber machen wir uns – ganz nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ – reichlich wenig Gedanken. Die Arbeit auf den Kläranlagen läuft viel zu sehr im Verborgenen ab. Dabei geht Gewässerschutz eigentlich jeden Bürger etwas an. Dies wurde in einer Fortbildungsveranstaltung für kommunale Kläranlagenmitarbeiter am Dienstag in Bonndorf deutlich.
Drei Mitarbeiter, Georg Messerschmid, Ralf Selb und Benjamin Pfaff, kümmern sich auf den vier Kläranlagen in Bonndorf täglich um die Reinigung der Abwässer aus den Privathaushalten, den ortsansässigen Industrie-, Handwerks- und Gewerbebetrieben. Betriebsleiter Georg Messerschmid arbeitet bereits seit 37 Jahren als Klärwärter in Bonndorf, er war schon im Amt, als die jetzige Kläranlage geplant, gebaut und im Jahr 1988 in Betrieb genommen wurde. Und er hat auch alle technischen Neuerungen mitbegleitet, die eine stetige Weiterbildung erforderlich machen.
Kombinierte Verfahren zur Abwasserreinigung
Kläranlagen wie die in Bonndorf (Ausbaugröße für 10 300 Einwohner) nutzen mechanische, biologische, chemische und kombinierte Verfahren zur Abwasserreinigung. Die dabei heute eingesetzte automatisierte und hochtechnologisierte Steuerungs- und Messtechnik sowie die korrekte Auswertung der gewonnenen Daten erfordert hochqualifiziertes Personal. Dies betonte Arno Schlecht, DWA-Lehrer der Kläranlagennachbarschaften im Landkreis Waldshut, der zur Fortbildung nach Bonndorf geladen hatte.
Klimawandel als Herausforderung
Veränderungen in der Gesetzgebung auf europäischer und nationaler Ebene erfordern laut Arno Schlecht die Einhaltung strengerer Grenzwerte für die Abwasserbehandlung, oder haben neue Aufgaben für die Kläranlagen zur Folge. So wie beispielsweise die Umsetzung der neuen Klärschlammverordnung, die die Anlagenbetreiber bestimmter Kläranlagenausbaugrößen künftig dazu verpflichtet, den im Klärschlamm enthaltenen Phosphor zurückzugewinnen, damit dieser wichtige Rohstoff als Düngemittel in der Landwirtschaft wieder verwendet werden kann.

Aber auch der Klimawandel mit seinen Starkregenfällen erfordere von den Mitarbeitern eine ständige Optimierung des Betriebs, zu dem neben der Kläranlage selbst auch der ordnungsgemäße Betrieb der Regenüberlaufbecken im Kanalnetz gehörte. Die laufende Qualifikation des Betriebspersonals sei von großer Bedeutung, um diese Anforderungen erfüllen zu können, so Schlecht.
Beim Nachbarschaftstag in Bonndorf stellte Schlecht fest, dass die Kläranlagen der Löwenstadt mit guten Reinigungsleistungen zum Schutz der Gewässer beigetragen haben. „Das ist nicht zuletzt das Ergebnis des Betriebspersonals“, so Schlecht. Wie Georg Messerschmid erläuterte, gibt es in Bonndorf neben der zentralen Kläranlage noch Anlagen in Gündelwangen und Wittlekofen, außerdem eine Regenwasserbehandlungsanlage in Wellendingen und einige Pumpwerke. In Betrieb ist nach seinen Worten seit 20. Dezember auch das Pumpwerk in Boll. Das Abwasser des Ortsteils wird somit der zentralen Bonndorfer Kläranlage zugeführt.
Auch der Verbraucher ist gefragt
Die Schmutzfracht, die in den Kläranlagen ankommt, macht eine immer bessere Reinigungsleistung nötig. „Mikroplastik, multiresistente Keime und Medikamentenrückstände im Abwasser sind die aktuellen Herausforderungen bei der Abwasserreinigung", berichtete Arno Schlecht. Wenngleich in Baden-Württemberg bereits 13 Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet sind, können Medikamentenrückstände damit nur teilweise aus dem Abwasser entfernt werden. Deshalb sollte jeder Verbraucher darauf achten, das Abwasser und damit die Gewässer so wenig wie möglich zu belasten.
Keine Medikamente in die Toilette
Medikamente, die nicht mehr benötigt werden, dürfen nicht über die Toilette entsorgt werden. „Die gehören in die Restmülltonne“, so Arno Schlecht. Mikroplastik findet sich nicht nur in den Weltmeeren, sondern wird auch in den heimischen Gewässern nachgewiesen. Dieses stammt aus kosmetischen Produkten, Reinigungsmitteln oder von Kunststoffkleidung, aus der sich beim Waschen Fasern lösen. Von den Kläranlagen können diese nicht entfernt werden. Über das Abwasser gelangen die Partikel dann in die Umwelt und finden sich in der Nahrungskette wieder. „Wo möglich, sollte auf kunststoffhaltige Produkte verzichtet werden“, appellierte Schlecht.
Nachbarschaftstage
- Die Nachbarschaftstage: Um einen reibungslosen Betrieb der Kläranlagen gewährleisten zu können, ist eine laufende Qualifikation des Betriebspersonals unerlässlich. Dazu dienen die Nachbarschaftstage. Diese Form der Fortbildung findet regelmäßig auf den Kläranlagen in Baden-Württemberg statt. Unter der Leitung und Organisation ehrenamtlicher Abwasserexperten, der Lehrer des Landesverbandes der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), werden diese Fortbildungstage durchgeführt.
- Nachbarschaften im Landkreis: Im Landkreis Waldshut gibt es zwei Kläranlagennachbarschaften. Im östlichen Teil des Landkreises befindet sich die Kläranlagennachbarschaft WT 1 (Albbruck – Wehr – Bernau) und im westlichen Teil des Landkreises die Kläranlagennachbarschaft WT 3 (Waldshut – Klettgau – Bonndorf). Am Nachbarschaftstag in Bonndorf trafen sich 20 Mitarbeiter von kommunalen Kläranlagen und der Wasserbehörde aus dem westlichen Teil des Kreises.