Verena Wehrle

In Deutschland werden jährlich über 800 Millionen Currywürste verzehrt. Auch die Brüder Michael und Martin Matt aus Herrischried-Hogschür essen diese gerne und sorgen nun mit ihrer Erfindung für ganz besonderen Wurstgenuss. Currywurst vom Fließband und fix und fertig zubereitet aus nur einer Maschine? Das funktioniert. Den Beweis liefern die Brüder, die an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz studieren. Gemeinsam mit zwei Mitstudenten haben sie nun eine Fertigungsstraße für Currywürste gebaut. Der 29-Jährige Michael Matt besuchte zuvor die Gewerbeschule in Bad Säckingen, der 25-Jährige Martin Matt besuchte das Technische Gymnasium in Waldshut. Mittlerweile studieren sie beide im siebten Semester in Konstanz.

Von der Idee zur Umsetzung

Oben liegt die Wurst auf dem Grill, nach ihrer Reise durch die Maschine kommt sie geschnippelt und im Schälchen angerichtet mit Currysoße und einer Portion Currypulver heraus. Das funktioniert wie am Fließband: Alle 40 Sekunden gibt die Maschine eine fertige Portion aus. Die Maschinenbaustudenten Andreas Röther, Michael Matt und Marc Gwinner haben die Maschine zusammen mit Elektrotechnik-Student Martin Matt entwickelt und gebaut. Jedes Semester ruft ihr Professor Kurt Heppler seine Studierenden im Studiengang Maschinenbau, Konstruktion und Entwicklung dazu auf, ein Projekt von Anfang bis Ende umzusetzen.

Stolz auf eigene Leistung

„Die Projektidee war komplett unsere Eigene von der Überlegung über die Umsetzung bis hin zur Verwirklichung“, so der 29-Jährige Michael Matt im Gespräch mit dieser Zeitung. „Der Höhepunkt war, als die Maschine, die wir uns überlegt haben, vor uns stand und genauso funktioniert hat, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagt Michael Matt stolz. „Das komplette Projekt haben wir selbst umgesetzt und das hat sehr viel Spaß gemacht“, sagt Michael Matt. „Ich bin stolz auf die vier engagierten Studenten, sie haben das Lehrangebot in meinem Labor voll genutzt und ein neuartiges Gerät entwickelt, ja erfunden“, beurteilt Professor Kurt Heppler die Leistung der vier Studenten.

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Galtte Eins für die Studenten

Die rund 60 Kilogramm schwere Maschine steckt voller Raffinessen. „Wir grillen alle gerne und als Maschinenbauer kommt einem immer der Gedanke etwas zu automatisieren. Wir wollten das Grillen erleichtern und die Effizienz steigern“, erzählt Michael Matt. Also war die Idee geboren, eine Fertigungsstraße für Currywürste zu entwickeln und sie auch tatsächlich für den Alltagsgebrauch bei Grillfesten zu bauen. Von der Anfangsidee bis zur kompletten Umsetzung verging ein Jahr. Pünktlich vor der Grillsaison 2019 haben die Studenten ihr Produkt fertiggestellt, ausgiebig getestet und in einer bewerteten Präsentation im März den Juroren der Hochschule vorgestellt.

Eine Eins für die Erfindung

Die Note: eine glatte Eins. „Ich finde die Maschine total gut“, sagt Wilhelm Fromm, Professor für Automatisierung in der elektrischen Energietechnik an der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik. „Sie ist sehr komplex und es ist einfach klasse, dass die vielen Kleinigkeiten im großen Zusammenspiel funktionieren“, so Fromm voller Anerkennung. Der 24-Jährige Elektrotechnik-Student Martin Matt hat die Maschine mit elektrotechnischen Komponenten und der entsprechenden Software ausgestattet. Diese fakultätsübergreifende Zusammenarbeit habe sich angeboten, da der Austausch ohnehin schon stattfand. „Damit war die Arbeit an der Maschine sehr realitätsnah. Später in der Industrie werden schließlich auch keine Fakultätsgrenzen bei Projekten eingehalten“, sagt Michael Matt aus Herrischried.

Martin Matt aus Waldshut, der an der HTWG Elektrotechnik und Informationstechnik studiert, hat die Maschine mit elektrotechnischen ...
Martin Matt aus Waldshut, der an der HTWG Elektrotechnik und Informationstechnik studiert, hat die Maschine mit elektrotechnischen Komponenten und der entsprechenden Software ausgestattet. | Bild: HTWG Hochschule Konstanz

Ein Patent soll angemeldet werden

Am Bildschirm ist jede Aktion der Maschine abgebildet und nachvollziehbar. Über eine App ist die Currywurstmaschine steuerbar. Die Maschine ist sehr kompakt: „Sie passt in jeden Kofferraum, kann an jeder Steckdose angeschlossen werden und von zwei Personen leicht transportiert werden“, so Michael Matt. „Wir haben auch von Anfang an darauf geachtet, dass die Maschine lebensmittelkonform ist“, so der 29-Jährige Herrischrieder.„Viele Einzelteile haben wir selbst hergestellt oder günstig im Internet erstanden“, sagt Andreas Röther. Einzelne Teile produzierten sie mit dem 3-D-Drucker, manche Teile erhielten sie günstiger, weil sie dem Zulieferer ein gemeinsames Grillfest in Aussicht stellten. Eine besondere Lösung haben sie sich ausgedacht, damit das Grillen der Würste vollautomatisch funktioniert. Wie genau das geht, soll noch nicht verraten werden, denn: „Professor Heppler hat uns empfohlen, für diese Funktion ein Patent anzumelden, deshalb können wir darüber noch nicht sprechen“, so Michael Matt.

Am Bildschirm ist jede Aktion der Maschine abgebildet und nachvollziehbar. Über eine App ist die Currywurstmaschine steuerbar.
Am Bildschirm ist jede Aktion der Maschine abgebildet und nachvollziehbar. Über eine App ist die Currywurstmaschine steuerbar. | Bild: HTWG Hochschule Konstanz

Gesamststeuerung über Smartphone möglich

Die Gesamtsteuerung der Anlage erfolgt über einen Computer, der sich mit dem Smartphone oder Tablet mittels WLAN verbinden lässt. Über eine Visualisierung im Internetbrowser kann die komplette Maschine bedient werden. So lässt sich beispielsweise die Auslastung, die Wurstgröße, ein manueller oder voll automatischer Betrieb bequem über das Bediengerät anwählen und einstellen. Der künftige Einsatz ist schon geklärt: Die Currywurstmaschine soll bei Festen in Vereinen genutzt werden, in denen die vier Studenten Mitglied sind und vielleicht auch bei Veranstaltungen der Hochschule zum Einsatz kommen. Möglich sei, dass sie die Maschine auch irgendwann vermieten, erzählt Michael Matt.

Currywurst am laufenden Band Video: HTWG Hochschule Konstanz

So funktioniert die Currywurstmaschine

  • Der Vorratsbehälter: Bis zu 60 Würste passen in das Magazin. Per Lichtschranke wird eine Klappe gesteuert: Sind die sich drehenden Grillstäbe frei und heiß genug, öffnet sich die Klappe und die rohe Wurst flutscht auf den Grill.
  • Der Grill:
    Zehn rotierende Grillstäbe drehen die Würste. Zu Beginn der Grillstraße sind sie 120 Grad heiß, damit die Wurstpelle nicht verbrennt. Die Rollen am Ende der Grillstraße erhitzen sich bis auf 150 Grad. Ein Getriebemotor setzt eine Fahrradkette in Bewegung, die die Grillstäbe zum Drehen bringt. Die Anlage ist auf zwei verschiedene Wurstgrößen einstellbar, je nachdem, ob die Würste dünner oder dicker als 24 Millimeter Durchmesser sind.
  • Der Wurstschneider:
    Das ist eine der wenigen Vorrichtungen, die die Studenten fertig gekauft haben. Sie schnippelt die Currywurst in ein Zentimeter große Wurststücke. Eine Wurst gerät nicht unkontrolliert in den Schneider: Zunächst fragt ein Sensor ab, ob der Wurstschneider tatsächlich leer ist.
  • Der Schälchentransport:
    Während die Würste sich oben auf dem Grill drehen, fährt eine Plattform von einem Schrittmotor angetrieben ein Schälchen über einen Schlitten auf die Position unterhalb des Schneiders. Eine Lichtschranke überprüft, ob tatsächlich ein Schälchen positioniert ist. Nur dann fallen die Wurststückchen aus dem Schneider. Die Schälchen werden vollautomatisch vom Stapel genommen und vereinzelt auf der Plattform abgelegt.
  • Die Soßenpumpe:
    Ein Durchlauferhitzer bringt die Soße auf die richtige Temperatur. Mit Hilfe einer Quetschpumpe ergießt sie sich nach der entsprechenden Sensorenmeldung über den Wurststückchen.
  • Das i-Tüpfelchen – Der Gewürzstreuer:
    Diese Funktion war in den ursprünglichen Plänen nicht vorgesehen, aber als die Maschinenbauer schonmal dabei waren, kam sie noch hinzu. Über einen Pneumatik-Zylinder wird die Gewürzdose zwei Mal in einer Auf-und-Ab-Bewegung kräftig geschüttelt, sodass die Dose mit Currypulver das Gewürz auf die mit Soße übergossenen Wurststücke streut.
  • Der Schälchenschieber:
    Per Schieber wird das Schälchen mit der fertigen Currywurst aus der Fertigungsstraße auf ein Tablett geschoben, sodass das Schälchen leicht entnommen werden kann. Guten Appetit!