40 Jahre ist es nun her, dass vor dem historischen Klausenhof das erste Freilichtspiel vor begeistertem Publikum zur Aufführung kam. Und weder auf der Bühnen- noch auf der Tribünenseite hat sich seither etwas geändert an der Leidenschaft und Freude am Spiel, mit der man jedes Jahr wieder zusammenkommt.

In diesem Jahr spült die Geschichte die Akteure und die Besucher 50 Jahre zurück – in die Zeit der Blumenkinder, der größer werdenden persönlichen Freiheit der jungen Leute, aber auch in die Zeit des „Kalten Krieges“ und des allgegenwärtigen Terrorismus im eigenen Land. „Das ist das sechste Stück, das Autor und Dichter Markus Manfred Jung für das Klausenhof-Ensemble geschrieben und das zweite, das Regisseur Gotthard Jost in Szene gesetzt hat.

Mittlerweile ist die Hälfte der Spielzeit 2023 nun schon wieder vorbei. Noch vier Mal werden große und kleine Akteure mit ihren nostalgischen Fahrzeugen vorfahren und die Zuschauer mit ihren schauspielerischen Fähigkeiten und Benzinduft hineinziehen in eine Geschichte, die deutlich mehr ist als Retro-Idylle.

Hotzenwald in den 70er Jahren
Wär‘s ein Film, beschriebe man ihn wohl am treffendsten als „Coming of Age Hotzenroadmovie“. Das Stück betritt die Welt der Kinder und Jugendlichen im Herrischried der 70er Jahre – eine Welt der Tradition und des Ungehorsams, der starken Freundschaften und der zarten ersten Liebesgefühle, es erzählt vom Umgang mit Fremdheit und Vorurteilen und vom Versuch, an diesem kleinen Ort den Spagat zu schaffen zwischen „Zucht und Ordnung“ und dem Verfolgen der eigenen Sehnsüchte.
All das verpackt in eine unterhaltsame Geschichte, die das Publikum häufig laut lachen, durchaus aber auch gelegentlich betreten schweigen lässt und die es sogar schafft, an unerwarteten Stellen zu erschrecken.
Jeder erkennt sich hier ein bisschen selber
Begleitet immer wieder von hervorragend ausgewählter zeitgenössischer Musik auf einer Bühne, die Haus, Hof und Garten und Straße so weit umfasst, dass man sich manches Mal entscheiden muss, welcher Szene man nun gerade am liebsten folgen mag. Und mit Sicherheit erkennt sich jede Zuschauerin, jeder Zuschauer hier und da selbst wieder.

Beim Feiern, Streiten, Flirten, Schimpfen… und ganz egal, ob damals jung oder heute. Man betrachtet das eigene „Gestern“ mit liebevollem Blick und das „Heute“ mit der Gewissheit, dass manche Dinge sich auf tröstliche Weise niemals zu ändern scheinen.
Die Schauspielerinnen und Schauspieler – ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene – brillieren und ihre Rollen erzählen den Plot aus ihrer jeweils eigenen Welt heraus.
Der jüngste Darsteller ist erst wenige Monate alt und wartet im Tragetuch seiner Mutter mehr oder weniger geduldig auf seine erste Sprechrolle, der älteste Schauspieler ist bereits 70 und überzeugt vollends in seiner Rolle als berenteter Maschinenschlosser Gustav, der mit jederzeit offenem Werkzeugkasten und Herz für die Anliegen der Jugendlichen, die auf seinem Hof an ihren Mopeds schrauben dürfen, da ist.
Es passiert etwas Ungeheuerliches
uf deutlich weniger Verständnis dürfen die jungen Leute bei Oberwachtmeister Kaiser hoffen. Mit stets gezücktem Strafzettelblock lauert er hinter den Brombeeren um großen und kleinen Halunken auf die Spur zu kommen; und verpasst dennoch zielsicher die wichtigsten Spuren.
Denn eines Tages geschieht etwas wirklich Ungeheuerliches. Und auf einmal steht alles und jeder in Frage. „Do isch doch öbbis faul im Schtaate Hotzewald“, reklamiert der Oberwachtmeister zurecht. Und das Publikum hält den Atem an. Weiter geht es am kommenden Sonntag, 23. August, um 18 Uhr auf der Freilichtbühne Klausenhof. Nicht nur echte Hotzenwälderinnen und Hotzenwälder sollten dieses Stück nicht verpassen.