Frau Sattler, wie hat sich das Leben in Jestetten durch die Corona-Pandemie verändert?
Das Coronavirus hat das wirtschaftliche und soziale Leben auch in Jestetten weitgehend zum Erliegen gebracht. Auf der ansonsten von täglich rund 18.000 Fahrzeugen frequentierten Ortsdurchfahrt sind nur noch wenige Autos und Fahrräder unterwegs, und die ansonsten so belebte Ortsmitte ist nahezu menschenleer. Auf der einen Seite empfinde ich die Stille als wohltuend, andererseits kommt es mir fast unwirklich vor.
Wie hat sich die Jestetter Geschäftswelt verändert?
Die Grenze ist weitgehend dicht, und die Einkaufstouristen aus der Schweiz bleiben aus. Die Geschäfte, die noch offen haben dürfen, spüren einen massiven Kunden- und Umsatzrückgang. Einige befürchten, dass sie schliessen müssen.

Was benötigt man für einen Grenzüberschritt in die Schweiz?
Auch die 700 Pendler aus Jestetten brauchen einen gültigen Pass und eine vom Arbeitgeber unterschriebene Pendlerbescheinigung. Bei einer Situation von absoluter Notwendigkeit müssen die Umstände an der Grenze plausibel gemacht werden. Deutsch-Schweizer Doppelbürger dürfen die Grenze passieren, aber keine Waren einführen.
Sehen sie eine Möglichkeit, den Transitverkehr zu erleichtern?
Die Grenzschliessung lässt uns im Jestetter Zipfel hautnah spüren, wie verflochten das Leben geworden ist. Ich habe Verständnis, dass die Ausnahmen bei der Grenzschliessung restriktiv gehandhabt werden müssen. Aber die besondere geografische Lage des Jestetter Zipfels erfordert auch spezielle Regelungen.
Ein Transitverkehr in Richtung Singen ist nicht möglich. Unsere Ortsbaumeisterin benötigt durch die Schweiz 35 Minuten zu ihrem Wohnort nach Hilzingen, über deutsches Gebiet fast anderthalb Stunden. Ich habe mit den Abgeordneten und Landrat Martin Kistler bereits Kontakt bezüglich einer Sonderregelung aufgenommen, die auch für Facharztbesuche in Singen oder Konstanz gelten würde – aber bisher ohne Erfolg.
Der grenzüberschreitende Bahnverkehr Schaffhausen – Singen wurde bis zum 26. April unterbrochen. Wie kommen die Schüler der weiterführenden Schulen nach Singen, wenn am 19. April tatsächlich wieder Schule ist?
Wir arbeiten auf verschiedenen Ebenen daran, den grenzüberschreitenden Schienenverkehr wieder zum Laufen zu bringen. Einen ersten Erfolg gab es: Die Züge halten wieder in Jestetten und Lottstetten. Wir müssen jetzt erreichen, dass auch die S 19 zwischen Schaffhausen und Singen wieder verkehren kann und der IRE Basel – Singen wieder Zu- und Ausstiegsmöglichkeiten bietet.
Ich bin auch mit dem Landratsamt Konstanz in Kontakt, um den IC für den Schülerverkehr zur ersten Unterrichtsstunde in Singen wieder zu bekommen.