Der Regionalverband Hochrhein-Bodensee will die Steuerung für Windenergiestrandorte in der eigenen Hand behalten. Aus diesem Grund wurde im Planungsausschuss am Dienstag, erstmals über infrage kommende Gebiete beraten. Grundlage war ein Anhörungsentwurf für die Teilfortschreibung Windenergie des Regionalplans auf der Grundlage neuer rechtlicher Rahmenbedingungen.

Vorgestellt wurde der Entwurf im Sitzungssaal des Kreistags im Waldshuter Landratsamt von Verbandsdirektor Sebastian Wilske und Robert Müller, Regionalplaner für erneuerbare Energien und Windkraft. Das vom Bund vorgegebene Ziel, 1,8 Prozent der Fläche als sogenannte Vorranggebiete auszuweisen, wurde dabei überschritten: Nach aktuellem Konzept ist die Windkraft auf einer Fläche von 7500 Hektar (2,7 Prozent) wirtschaftlich möglich. Insgesamt 53 Gebiete sind aktuell in den Landkreisen Lörrach, Waldshut und Konstanz ausgewiesen.
Landrat und Verbandsvorsitzender Martin Kistler betonte im anschließenden Pressegespräch, dass ein „gutes, ausgewogenes Konzept mit einer konkreten Flächenkulisse“ ausgearbeitet wurde.
Die meisten Flächen im Landkreis Lörrach
In den Landkreisen Konstanz, Lörrach und Waldshut sollen zusammen 7500 Hektar ausgewiesen werden, auf denen Windkraftanlagen gebaut werden könnten. Im Kreis Lörrach sind es rund 3200 Hektar, 2900 Hektar im Kreis Waldshut und 1300 Hektar im Landkreis Konstanz. Hier liege im Durchschnitt eine Windleistungsdichte von 213 Watt pro Quadratmeter vor. Als geeignet gilt eine Fläche ab einem Wert von 190 Watt, Flächen mit mehr als 215 Watt weisen gute und sehr gute Ertragsbedingungen auf.
Hier können noch Windkraftanlagen gebaut werden
Besonders geeignet sind nach dem vorliegenden Konzept Höhenzüge im Südschwarzwald im Landkreis Lörrach bei Malsburg-Marzell, Schönau und Todtnau. Im Landkreis Waldshut stechen der Standort „Farnberg-Rechberg“ bei Bernau mit 262 Watt und das Gebiet „Klingenfelsen“ an der Hotzenwaldkante bei Rickenbach mit einem potenziellen Ertragswert von 239 Watt heraus.
Grenze ist dann erreicht
„So können wir mit einer Reserve arbeiten, falls Flächen wegfallen sollten“, sagte Wilske. Damit sieht Martin Kistler die Grenze für Flächen zur Nutzung von Wind als Energieträger in der Region Hochrhein-Bodensee allerdings erreicht. Natur- und Artenschutz, der Schutz der Menschen sowie magere Windausbeute stünden der Ausweisung von mehr Flächen entgegen: „Andere Regionen in Baden-Württemberg haben zehnfach bessere Voraussetzungen.“
Wie viele Räder können auf den Flächen stehen?
Wie viele Windräder auf den ausgewiesenen Flächen einmal stehen werden, ist offen. Geplant wurde mit zumindest drei Anlagen pro Standort. Seriös sei eine Zahl nicht zu nennen, das hänge von der Fläche und den örtlichen Gegebenheiten ab, erläuterte Wilske auf Nachfrage dieser Zeitung.
Welche Rolle Windkraftanlangen künftig in der Region beim Energiemix spielen werden, sei ebenfalls offen. Allerdings sieht Landrat Kistler bei Photovoltaik gerade in den Landkreisen Lörrach und Waldshut mehr Potenzial. Dabei gehe es auch darum, welche Rolle, PV-Anlagen auf Freiflächen künftig spielen können. Und er betont: „Die Energiewende ist nur dezentral möglich.“
Das sind die Kriterien für mögliche Flächen
Robert Müller erläuterte die Kriterien für die Ausweisung der Flächen. Unter anderem wurden die Siedlungsdichte, Infrastruktur, Landschaftsbild, Natur- und Artenschutz berücksichtigt. Die Festlegung von Vorranggebieten im Regionalplan ermögliche künftig die Umsetzung von Windprojekten.
Sebastian Wilske wies ausdrücklich darauf hin, dass Kommunen aber weiterhin Windkraftprojekte planen könnten. Die Prüfung aller Pläne erfolge in einem Genehmigungsverfahren. Der Beschluss des Planungsausschusses sei ein erster Schritt für den Beschluss der Anhörung durch die Verbandsversammlung am 19. März, so Wilske.
So geht es weiter
Anschließend sollen die Öffentlichkeit, die Kommunen und anderer Träger öffentlicher Belange (zum Beispiel Umwelt- und Naturschutzbehörden) in das Verfahren eingebunden werden. „Es geht um Klarheit für die Bevölkerung, wo Windenergie entstehen soll und wo nicht“, betont Landrat Kistler.
Nach Ostern beginne das Anhörungsverfahren. Die Menschen aus der Region hätten anschließend die Gelegenheit, sich zum Planentwurf zu äußern. Bezüglich des Zeitplans betonte Sebastian Wilske: „Die Uhr tickt, die Satzung muss am 30. September 2025 verabschiedet sein.“
Stimmen zu den Planungen
- Klaus Eberhardt, Oberbürgermeister Rheinfelden (SPD): „Windenergie war lange ein hochemotionales Thema, die neue Sachlage hat inzwischen ein anderes Bild ergeben. Dieses Konzept ist eine sehr gute Ausgangslage, um in die Beteiligungsphase einzugehen. Es geht dabei auch um die Gestaltung der Windkraftanlagen. Ich denke mit Grauen an die rot-weißen Rotoren.“
- Manfred Jüppner, Mühlingen (CDU): „Wir haben das Ziel erreicht und Steuerungsmöglichkeiten erhalten. Wir wollen nichts verhindern, aber wir brauchen die Akzeptanz vor Ort. Es gilt, wirtschaftliche Standorte für Windenergie herauszusuchen. Wir sollten so schnell als möglich zum Ziel kommen.“
- Marion Dammann, Landrätin Landkreis Lörrach (Freie Wähler): „Die Endlichkeit fossiler Energien hilft, dieses Thema voranzutreiben. Es gilt, auf die Kommunen zuzugehen, damit sie mit planen können.“
- Rainer Luick, Hilzingen (Grüne): „Wir freuen uns, dass mehr möglich ist, als die im bisherigen Regionalplan vorgesehenen 0,2 Prozent der Fläche. Es wäre sinnvoll, die heute schon physikalisch möglichen Höhen von bis zu 180 Meter für Windräder vorzusehen, drei Windräder pro Standort sollten möglich sein.“
- Klaus Denzinger, Wehr (FDP-Fraktionsvorsitzender Kreistag): „Wir sollten regionalen Anbietern von Windkraftanlagen die Möglichkeit geben, in der Region Anlagen zu betreiben und damit verhindern, dass die Wertschöpfung aus der Region abgezogen wird.“
- Sebastian Wilske, Verbandsdirektor Regionalverband Hochrhein-Bodensee: „Bei der Gestaltung der Windräder sollten wir zurückhaltend sein und keine Höhenbeschränkungen festlegen. Einschließlich Rotor gehen wir von 250 bis 300 Meter aus. Die Region Hochrhein-Bodensee steht offen zur Windenergie, die Akzeptanz von Windkraftanlangen hängt aber von der Steuerungswirkung ab. Die Flächenpläne von ForstBW zur Windenergie finden sich in unseren Planungen wieder. Der Abstand zu Siedlungen soll mindestens 750 Meter betragen zu Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen 900 Meter.“
Alle 53 Vorranggebiete in der Übersicht
Landkreis Waldshut:
- „Kapellenhalde“, Gemeinden Todtmoos und Herrischried, 60,5 Hektar, 227 Watt pro Quadratmeter.
- „Höhberg-Wiedenbach“, Herrischried und Wehr, 519 Hektar, 213 Watt.
- „Abhau-Grabenwald“, Herrischried, Rickenbach und Wehr, 91,5 Hektar, 226 Watt.
- „Klingenfelsen“, Rickenbach und Wehr, 130.5 Hektar, 239 Watt.
- „Hoheneck“, Görwihl, Herrischried, Laufenburg und Rickenbach, 104 Hektar, 192 Watt.
- „Farnberg-Rechberg“, Bernau, Ibach und Todtmoos, 266,5 Hektar, 262 Watt.
- „Kohlwald“, Ibach und St. Blasien, 123 Hektar, 213 Watt.
- „Lehenkopf“, St. Blasien, 74,5 Hektar, 234 Watt.
- „Kohlplatz“, Höchenschwand, 29 Hektar, 191 Watt.
- „Eschberg-Gießbacher Kopf“, Grafenhausen, Häusern, Ühlingen-Birkendorf, 233 Hektar, 235 Watt.
- „Lerchenberg“, Höchenschwand, 56 Hektar, 201 Watt.
- „Erlenbach-Steina Hölzle“, Bonndorf, Grafenhausen, 581 Hektar, 224 Watt.
- „Vogelbuck“, Bonndorf, 142 Hektar, 217 Watt.
- „Distelhalde-Katzenschwanz“, Bonndorf, 50,5 Hektar, 202 Watt.
- „Großholz“, Stühlingen, Ühlingen-Birkendorf, 225 Hektar, 126 Watt.
- „Häule-Wannenberg“, Klettgau, Küssaberg, Hohentengen, 32,5 Hektar, 190 Watt.
- „Kaltenwangen“, Klettgau, Hohentengen, 35 Hektar, 184 Watt.
Landkreis Lörrach
- „Hau“, Schopfheim, Hasel, Wehr, 83,5 Hektar, 212 Watt.
- „Fetzenberg“, Schopfheim, 93,5 Hektar, 208 Watt.
- „Rohrenkopf-Steinbühl“, Häg-Ehrsberg,Schopfheim, Todtmoos, Zell im Wiesental, 556,5 Hektar, 239 Watt.
- „Katzenmoos-Kreutzwald“, Häg-Ehrsberg, Todtmoos, Todtnau, Zell im Wiesental. 251 Hektar, 256 Watt.
- „Langenberg-Wegscheidekopf“, Häg-Ehrsberg, Zell im Wiesental, 45 Hektar, 204 Watt.
- „Hochgescheid“, Fröhnd, Schönau im Schwarzwald, Todtnau, 56 Hektar, 280 Watt.
- „Knöpflesbrunnen“, Todtnau, Utzenfeld, Wieden, 135 Hektar, 244 Watt.
- „Hohe Möhr“, Schopfheim Zell i.W., 99,5 Hektar, 197 Watt.
- „Honeck-Zeller Blauen“, Böllen, Fröhnd, Kleines Wiesental, Wembach, Zell im Wiesental, 462 Hektar, 213 Watt.
- „Bühl“, Steinen, 78 Hektar, 112 Watt.
- „Hohe Stückbäume“, Kandern, Malsburg-Marzell, Steinen, 156 Hektar, 215 Watt.
- „Schlöttleberg-Hohwildsberg“, Kleines Wiesental, Malsburg-Marzell, Steinen, 235,5 Hektar, 248 Watt.
- „Weiherfelsen“, Kleines Wiesental, 15 Hektar, 258 Watt.
- „Meierskopf“, Kleines Wiesental, Malsburg-Marzell, 129,5 Hektar, 266 Watt.
- „Blauen-Hundsrücken“, Malsburg-Marzell, Schliengen, 262 Hektar, 334 Watt.
- „Ameisenbuck“, Schliengen, 160,5 Hektar, 287 Watt.
- „Steineck“, Kandern und Schliengen, 131,5 Hektar, 227 Watt.
- „Läufelberg“, Efringen-Kirchen, Fischingen, Schallbach, 3 Hektar, 212 Watt
- „Eichwald-Kreisberg“, Bad Bellingen, Efringen-Kirchen, Kandern, 185 Hektar, 199 Watt.
- „Hohe Schule“, Bad Bellingen, Kandern, Schliengen, 102 Hektar, 217 Watt.
- „Haberberg-Hölzle“, Bad Belingen, Schliengen, 26,5 Hektar, 224 Watt.
- „Ritzenberg-Untere Breite“, Schliengen, 132 Hektar, 226 Watt.
Landkreis Konstanz
- „Verenafohren“, Tengen, 223 Hektar, 215 Watt.
- „Höhe“, Engen und Tengen, 219 Hektar, 198 Watt.
- „Langwieden, Engen, 60 Hektar, 177 Watt.
- „Harlanden“, Engen, 66 Hektar, 200 Watt.
- „Bühl-Hölle“, Eigeltingen, Mühlingen, 157,5 Hektar, 194 Watt.
- „Talbächle“, Mühlingen, 143 Hektar, 196 Watt.
- „Wolfsbühl“, Hohenfels, Stockach, 25 Hektar, 194 Watt.
- „Kalkofener Wald“, Hohenfels, 28 Hektar, 191 Watt.
- „Längenbach“, Hohenfels, 18 Hektar, 191 Watt.
- „Rosenhag“, Radolfzell, Stockach, 15,5 Hektar, 198 Watt.
- „Breitloh“, Öhningen, Singen, 48 Hektar, 204 Watt.
- „Ewigkeit-Schiener Berg“, Moos, Öhningen, Singen, 180,5 Hektar, 207 Watt.
- „Rammental“, Gaienhofen, Moos, Öhningen, 123 Hektar, 198 Watt.
- „Heckenberg“, Konstanz, 42 Hektar, 117 Watt.