Die grün geführte Landesregierung will in Sachen Windenergie jetzt Gas geben. Zwar stellen die Grünen seit 2011 den Regierungschef, haben das Thema aber bislang verschlafen. Nun soll es plötzlich schnell gehen. Bis Ende der laufenden Legislaturperiode sollen 1000 Windräder aus dem Boden gestampft werden. Dafür haben die Regionalverbände, Landkreise und Gemeinden im Land den Auftrag bekommen, zügig mindestens zwei Prozent ihrer Gemarkungsfläche künftig für regenerative Energiegewinnung bereitzustellen – davon mindestens 1,8 Prozent für Windenergie.

Beim örtlichen Regionalverband Hochrhein-Bodensee laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das ist eine Menge Arbeit, aber zum Jahresende will Verbandsdirektor Sebastian Wilske konkrete Gebietskulissen vorlegen, sagte er jetzt gegenüber dem SÜDKURIER. Im Klartext heißt das: Im Dezember soll feststehen, wo genau in der hiesigen Region Windräder aufgestellt werden dürfen. Eine gewisse Vorentscheidung gibt es jedoch bereits jetzt.

Aber zunächst von vorne: Der Regionalverband Hochrhein-Bodensee ist als öffentlicher Planungsverband zuständig für die Landkreis Waldshut, Lörrach und Konstanz. Er will auf deren Gebiet bis Ende des Jahres 1,8 Prozent der Fläche für Windnutzung festlegen. Die 1,8 Prozent müsse nicht jede einzelne Gemeinde und jeder Kreis bereitstellen, informiert Wilske, „die 1,8 Prozent gelten für die Gesamtregion“. Denn wesentlich bei der Ermittlung der Flächen sind ihre Eignung für die Erzeugung von Windenergie. Somit kann es sein, dass in einem Landkreis mehr als 1,8 Prozent der Flächen zusammenkommen, in anderen etwas Landkreis weniger.

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Hat der Regionalverband bereits bestimmte Flächen für eine Windnutzung festgelegt?

Konkrete Flächen gibt es noch nicht, aber es gibt Eingrenzungen. „Wir haben Suchräume festgelegt“, sagt Wilske. Die sogenannten Suchräume sind nur ein Schritte auf dem Weg zum Planungsziel. Es handelt sich dabei um Flächen, die bereits bestimmte Voraussetzungen erfüllen – aber eben noch nicht alle. Wobei: Mit der Festlegung der Suchräume ist der Konzentrationsprozess schon ziemlich weit fortgeschritten. Denn damit hat man die in Frage kommenden Flächen auf nur noch drei Prozent reduziert, sagt Wilske.

Wo liegen denn diese Flächen?

Bei dieser Frage lässt Verbandsdirektor Wilske die Katze noch nicht aus dem Sack. Klar ist aber soviel: „Es kommen vor allem die Höhenzüge in Frage“, sagt er. Denn anders als in Tallagen wird hier eine Windausbeute angenommen, die einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht. Konkreter will Wilske freilich nicht werden. Denn der Regionalverband sei derzeit dabei, die Flächen mit den einzelnen Gemeinden im Verbandsgebiet abzustimmen. An die Öffentlichkeit will er erst gehen, wenn diese Abstimmungen abgeschlossen sind. Das werde gegen Ende des Jahres sein.

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Das sagt der Windatlas dazu

Allerdings hilft bei der Suche nach windhöfigen Gebieten der Windatlas Baden-Württemberg weiter. In der Tat haben hier die Höhenlagen die beste Wundausbeute. Im Landkreis Lörrach sind das die Höhenzüge vom Hochblauen nach Norden Richtung Zell sowie die Bergrücken bei Gersbach, wo bereits acht Anlagen stehen.

Entlang der Straße von Rothaus in Richtung Bonndorf sollen im Gemeindewald Grafenhausen (rechte Straßenseite) fünf bis sieben ...
Entlang der Straße von Rothaus in Richtung Bonndorf sollen im Gemeindewald Grafenhausen (rechte Straßenseite) fünf bis sieben Windkraftanlagen entstehen, im Staatsforst (links) weitere zehn bis zwölf Anlagen. Bild: Wilfried Dieckmann | Bild: Badische Zeitung (BZ)

Im Landkreis Waldshut ist es im Westen die Hotzenwaldkante oberhalb des Wehratals zwischen Egg und Herrischried. Ebenso verspricht der große Höhenzug zwischen St. Blasien/Bernau einerseits und dem Schluchsee auf der anderes Seite gute Windverhältnisse, wie auch Bereiche bei Ibach, Dachsberg und Häusern, Grafenhausen und Bonndorf. Im Landkreis Konstanz flauen die Windverhältnisse laut Windatlas stark ab. Bereiche am Randen finden hier noch Erwähnung.

„Es kommen vor allem die Höhenzüge in Frage“ – Sebastian Wilske, Direktor Regionalverband Hochrhein-Bodensee
„Es kommen vor allem die Höhenzüge in Frage“ – Sebastian Wilske, Direktor Regionalverband Hochrhein-Bodensee | Bild: privat

Nach diesen Kriterien sucht der Regionalverband die Flächen aus

Sebastian Wilske schreibt es als mehrstufiges Verfahren. In einem ersten Schritt werden zunächst alle Flächen gestrichen, die von vorne herein nicht in Fragen kommen. „Das sind Siedlungsgebiete und siedlungsnahe Gebiete“, so Wilske. Ebenso werden Naturschutzgebiete ausgeklammert. Beim weiteren Verfahren spielt die Eignung zur Windnutzung eine Rolle. Ebenso wird der Natur- und Artenschutz bewertet. Genau hier hat es allerdings wesentliche Veränderung gegeben: Die Planer haben mittlerweile mit weniger Restriktionen zu kämpfen und mehr Spielräume. Ministerpräsident Kretschmann hat zum Auftakt der aktuellen Legislaturperiode in einem Interview der Südwestpresse gesagt, der Klimaschutz muss Priorität haben. „Beim Artenschutz müssen wir ein Stück rationaler argumentieren. Es kann nicht sein, dass der Rote Milan über die Energiewende entscheidet,“ so Kretschmann in dem Interview.

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In dieser Richtung gab es nun mehrere Schritte, jüngste Maßnahme ist die Lockerung des Schutzes der Auerhahngebiete. Laut Wilske sei nach wie vor ein effektiver Natur- und Artenschutz gegeben, bei etwas mehr planerischem Spielraum. Die möglichen Flächen für Nutzung von Anlagen für regenerative Energien hätten sich durch die Lockungen im Verbandsgebiet um etwa 250 Hektar vergrößert.

Wieviel sind 1,8 Prozent der Gesamtflächen überhaupt?

Insgesamt sucht der Regionalverband in den drei Landkreisen Flächen für die Windnutzung von 4900 Hektar. Das ist eine Fläche etwa zehn Mal so groß wie der Schluchsee. Für Freiflächensolaranlagen sind es 1400 Hektar.

Auf dem Hoch-Blauen bei Badenweiler soll ein großer Windpark entstehen. Im Hintergrund sieht man die die Windräder bei Gersbach.
Auf dem Hoch-Blauen bei Badenweiler soll ein großer Windpark entstehen. Im Hintergrund sieht man die die Windräder bei Gersbach. | Bild: Erich Meyer

Welche Windkraftprojekte gibt es in der Region bereits?

Die bereits angestoßenen Windkraftprojekte in den drei Landkreisen sind in den 1,8 Prozent beinhaltet, so Wilske. So handelt es sind im Landkreis Lörrach um die bestehenden Windräder bei Hasel und Gersbach sowie den geplanten Windpark auf dem Hochblauen und bei Zell. Ebenso werden die Windkraftprojekte bei Grafenhausen und Bonndorf dazuzählen. Im Gemeindewald Grafenhausen sollen fünf bis sieben Anlagen errichtet werden, in direkter Nachbarschaft zehn bis zwölf Windrädern im Staatsforst. Bei Häusern stehen zwei Windräder kurz vor der Fertigstellung. Im Landkreis KN stehen drei Räder bei Tengen.