Die Schönheit der gelb blühenden Pflanzen trügt: Das Jakobskreuzkraut ist eine giftige einheimische Pflanze, deren Gefahr für Mensch und Tier oft unterschätzt wird. Seit einigen Jahren breitet sich das Kreuzkraut am Hochrhein stark aus. Aktuell wird das durch die Trockenheit noch begünstigt. Experten wie Michaela Berthold-Sieber, Vorsitzende des Obst- und Gartenbauverbands Hochrhein und Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogin, beobachten die Entwicklung mit Besorgnis

Warum ist Jakobskreuzkraut so gefährlich?

Das Landwirtschaftliche Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW) führt aus: „Pyrrolizidinalkaloide wirken leberschädigend, gelten als krebserregend und reichern sich im Organismus an, das heißt, sie können nicht abgebaut werden. Dadurch sind sie bei wiederholter Aufnahme schon in geringen Mengen schädlich.“ Alle Pflanzenteile des Jakobskreuzkrauts sind in jeder Wachstumsphase giftig. Besonders groß ist die Gefahr für Weidetiere: Die Aufnahme von rund 25 Kilogramm der Pflanzen führen beim Pferd zum Tod. Im Jahr 2015 starben zwei Stuten in Murg-Hänner nachdem sie das Kraut gefressen hatten. Rinder sind etwas weniger empfindlich, hier nennt das LAZBW eine Menge von 90 Kilogramm.

Michaela Berthold-Sieber, die Vorsitzende des Obst- und Gartenbauverbands Hochrhein, warnt vor dem giftigen Jakobskreuzkraut. Sie fasst ...
Michaela Berthold-Sieber, die Vorsitzende des Obst- und Gartenbauverbands Hochrhein, warnt vor dem giftigen Jakobskreuzkraut. Sie fasst die Pflanze nur mit Handschuhen an. | Bild: Olheide, Monika

Inwieweit besteht für Menschen eine Gefahr?

Die Giftstoffe werden auch in die Milch abgegeben und sind im Honig nachzuweisen. Die Aufnahme über Lebensmittel kann auch die menschliche Leber schädigen. „Das ist glücklicherweise am Hochrhein derzeit kein großes Problem, könnte es aber werden, sollte sich das Jakobskreuzkraut weiter ausbreiten“, warnt Michaela Berthold-Sieber. Sie rät dazu auch direkten Hautkontakt zu vermeiden.

So erkennt man das Jakobskreuzkraut:

Merkmale des Jakobskreuzkrauts (oder Jakobsgreiskraut):Blüten: Die gelben Blütenköpfe des Korbblütlers haben wenige – häufig 13 – gelbe ...
Merkmale des Jakobskreuzkrauts (oder Jakobsgreiskraut):Blüten: Die gelben Blütenköpfe des Korbblütlers haben wenige – häufig 13 – gelbe Zungenblüten (ähnlich wie Margeriten), die bei Dunkelheit offen bleiben. Die Blüten stehen eng zusammen. Ist die Pflanze verblüht, bildet sich der Samenstand mit tausenden keimfähigen Samen. Es sieht aus wie kleine Pusteblumen. Die Blattform variiert je nach wachstumsstadium. Grüne, fiederteilige Blättersind Merkmale später Blätter. Der Stängel ist spinnwebig behaart. Höhe: Die Pflanzen werden zwischen 30 bismehr als 130 Zentimeter hoch und sind sehr anpassungsfähig. | Bild: AK Kreuzkraut

Wo wächst das Jakobskreuzkraut im Landkreis Waldshut?

Besonders betroffen sind laut Obst- und Gartenbauverband die gesamte Bundesstraße 34 und einige Nebenstraßen, wie die Wehrer Umgehungsstraße. Vom Tal aus verbreiten sich die Jakobskreuzkräuter in höher gelegene Regionen. So beispielsweise zwischen Hochsal und Rotzel und an der L161 zwischen Gurtweil und Kadelburg bis nach Indelkofen. Neben Straßenrändern ist bereits Weideland betroffen. „Ich kenne mehrere Fälle“, sagt Berthold-Sieber. Ist eine Weide betroffen, so hilft nur das konsequente händische Entfernen der kompletten Pflanzen. Wird nur gemäht, so ist die Maht nicht mehr als Futter zu gebrauchen. Die Bitterstoffe sind im getrockneten Zustand für Tiere nicht mehr wahrnehmbar, doch das Gift bleibt.

Wie schätzt das Umweltamt die Situation ein?

Das Umweltamt des Landkreises Waldshut bestätigt: „Die Kreuzkräuter (Jabobskreuzkraut und Wasserkreuzkraut) nehmen in der Verbreitung im Landkreis leider zu. Es sind häufig Straßenränder, von denen die Verbreitung in die Wiesen und Weiden erfolgt.“ Dass eine einmalige Mahd, beziehungsweise das Mulchen, wie es von der Straßenbauverwaltung üblicherweise erfolgt, nicht ausreicht, um den Samenflug zu unterbinden, bestätigt auch Michaela Berthold-Sieber. Sie erklärt: „Wird eine blühende Pflanze abgemäht, setzt die Notreife ein und die Samen werden innerhalb weniger Stunden keimfähig.“ Hinzu kommt, dass das im Boden verbliebene Kreuzkraut mehrmals im Jahr Blüten entwickelt.

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Was wird getan?

Der Obst- und Gartenbauverband sowie das Umweltamt setzen auf Information der Betroffenen: „Unsere Landwirte haben wir in der Beratung angehalten durch regelmäßige Nachsaat von Gräsern die Grünlandnarbe möglichst geschlossen zu halten, um eine Ausbreitung der Kreuzkräuter zu verhindern“, so das Umweltamt. Michaela Berthold-Sieber hat in ihrer Funktion als Vorsitzende des Verbands alle Gemeinden im Kreis angeschrieben und auch die Gefahren hingewiesen, doch „leider gab es nur wenig Reaktionen darauf.“

Gibt es Faktoren, die die Ausbreitung begünstigen und sollte das giftige Gewächs komplett eleminiert werden?

„Die aktuelle Trockenheit führt wieder verstärkt zu Fehlstellen im Grünlandbestand und ist mit verantwortlich, dass die Kreuzkräuter verstärkt Fuß fassen können. Dennoch ist es nicht das Ziel, die Pflanzen komplett zu entfernen, denn es handelt sich um einheimische Gewächse, die im Rahmen des Naturschutzes und der Artenvielfalt Teil der heimischen Flora sind. „Es ist aber wichtig, das Gefahrenpotenzial der Pflanzen zu kennen und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen“, betont Michaela Berthold-Sieber.

Wie reagiert man richtig, wenn man Jakobskreuzkraut im Garten findet?

Zunächst ist ein Vorkommen nicht gefährlich. Um die weitere Ausbreitung zu verhindern, aber auch um eine gefahrenlose Umgebung für Kinder und Tiere zu schaffen, sollten einzelne Pflanzen allerdings entfernt werden. Experten raten dazu, die Pflanzen nicht zu kompostieren, sondern im Hausmüll zu entsorgen oder zu verbrennen.

Wie sensibilisiert man Kinder im Umgang mit Giftpflanzen?

Heidi Wassmer-Vogelbacher ist Leiterin des Bad Säckinger Waldkindergartens und berichtet: „Das Thema Giftpflanzen beschäftigt uns das ganze Jahr über, jeden Tag.“ Sie rät Eltern zu einem offenen Umgang und die Vermittlung von Grundwissen. „Weisen Sie schon kleine Kinder explizit darauf hin, dass es giftige Pflanzen gibt. Am besten funktioniert das mit echtem Anschauungsmaterial.“

Heidi Wassmer-Vogelbacher ist Leiterin des Bad Säckinger Waldkindergartens.
Heidi Wassmer-Vogelbacher ist Leiterin des Bad Säckinger Waldkindergartens. | Bild: Doris Dehmel

Mit 20 Kindern jeden Tag im Wald müssen klare Regeln gelten: „Wir sammeln beispielsweise niemals im Wald Früchte und alles was außerhalb unseres Gartens wächst, darf nicht gepflückt oder gar gegessen werden.“ Immer zur Hand hat das Team des Waldkindergartens ein Bestimmungsbuch für Pflanzen und die Rufnummer des Giftnotrufs ist stets greifbar.

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