In der Corona-Krise sind Mitarbeiter im Gesundheitswesen besonders auf wirksame Schutzmasken angewiesen – doch der Bedarf übersteigt das Angebot. Das Ergebnis: Obwohl dem Gesundheitswesen besondere Priorität bei der Verteilung von Schutzausrüstung beigemessen wird, können Mediziner, Rettungsdienste und Apotheken nicht ausreichend versorgt werden und setzen sich somit täglich der Gefahr einer Ansteckung aus.

Zu einer Entspannung der Lage will das Land Baden-Württemberg beitragen. Manfred Lucha, Minister für Soziales und Integration, gab am Dienstag bekannt, dass das Land Schutzausrüstung gekauft habe, um den Bedarf im Land zu sichern. Ob das zu einer Entschärfung der aktuellen Lage in der Region beitragen wird, muss sich aber noch zeigen. Denn bisher fühlen sich vor allem Ärzte alleine gelassen.

Die Lage bei den Ärzten

„Bei uns sieht es kritisch aus“, macht Internist Dr. Günter Straub deutlich. Genau drei Atemschutzmasken der Filterklasse FFP 3 (Spezielle Masken mit einem Filter, der auch Viren abhalten soll) gebe es noch in dem Ärztehaus in Wehr, wo er arbeitet. Eine davon habe er dem ortsansässigen Kinderarzt abgetreten. Mit den beiden anderen müsse er sorgsam haushalten und sie mehrmals verwenden. Hilfe von der kassenärztlichen Vereinigung habe er auch schon angefragt. Unterstützung bei der Beschaffung von Schutzausrüstung habe er aber nicht bekommen.

Da Straub auch Corona-Tests durchführt, weiß er sich inzwischen anders zu helfen: Da ihm die Schutzausrüstung fehlt, hat er sich einen dichten Helm selbst gebastelt. Dieser, so Straub, solle ihn optimal vor einer Tröpfcheninfektion schützen. Alle anderen Untersuchungen müsse er mit einem einfachen OP-Mundschutz machen. „Besser geht es nicht“, sagt er.

Eigenschutz hat Priorität: Weil die Schutzausrüstung knapp ist, hat sich der Wehrer Mediziner Günter Straub einen Schutzhelm gebastelt.
Eigenschutz hat Priorität: Weil die Schutzausrüstung knapp ist, hat sich der Wehrer Mediziner Günter Straub einen Schutzhelm gebastelt. | Bild: Ärztehaus Wehr

Ein anderer Arzt aus dem Kreis Waldshut, der namentlich nicht genannt werden will, spricht von dramatischen Verhältnissen. Masken, die für Patienten in den Wartebereich gehängt würden, würden einfach mitgenommen und auf Hilfe könne man lange warten. Man müsse von seinen Restbeständen leben oder die Masken, wenn man denn noch welche bekommt, selbst finanzieren. Würde man sich mit der Bitte um Versorgung an die Kassenärztlichen Vereinigung oder das Gesundheitsamt wenden, sei entweder niemand erreichbar, oder einem würde schlechtweg nicht geholfen. „Es gibt niemanden, an den man sich wenden kann“, so der Allgemeinmediziner.

Die Lage in den Kliniken

Bei Mundschutz und Sicherheitskleidung bleibt in den Kliniken in der Region derzeit der Nachschub aus: „Wir halten sowohl Desinfektionsmittel, FFP2-Masken (Anmerkung: mit Atemschutzfilter) und Sicherheitskleidung für mehrere Wochen vor“, sagte der Geschäftsführer des Klinikum Hochrheins, Hans-Peter Schlaudt jüngst im Interview. Wie lange die Vorräte an Schutzkleidung und auch Desinfektionsmittel ausreichen, hänge von der Inanspruchnahme ab, so Schlaudt: „Ohne weitere Lieferungen und je nach Verbrauchsentwicklung sollten die Vorräte rund vier Wochen reichen.“

Auch die Kliniken im Kreis Lörrach warten vergeblich auf Nachschub: „Zwar halten die Kliniken einen Vorrat an Schutzausrüstung vor, doch bleibt der Nachschub derzeit aus“, so geht es aus einer Mitteilung hervor.

Die Lage beim Deutschen Roten Kreuz

Beim DRK Kreisverband Säckingen gibt es derzeit noch Schutzausrüstung auf Vorrat, erklärt Horst Schwarz, Leiter des Rettungsdienstes und des Krankentransportes. Wie lange dieser noch ausreicht, kann Schwarz, allerdings nicht sagen: „Das hängt davon ab, wie hoch der Verbrauch ist.“ Und wie groß der in der Zukunft sei, das sei kaum abzuschätzen. „Niemand weiß was kommen wird“, so Schwarz weiter. Wolle man für Nachschub sorgen, müsse man „kreativ sein“, so Geschäftsführerin Petra Naylor. Material würde nicht mehr nur über eine Quelle bezogen, sondern über mehrere. Besondere Vorsicht sei dabei aber geboten. Denn: „Zwielichtige Händler“ würden sich die Situation zu Nutze machen und ihre Ware zu „Schwarzmarktpreisen“ anbieten, so Naylor.

Die Lage bei Zahnärzten

Während das DRK derzeit noch von seinem Vorrat an Atemschutzmasken und Schutzkleidung schöpfen kann, sieht das bei Zahnarzt Matthias Asal aus Bad Säckingen anders aus. Die wirklich wirksamen Masken der Filterklasse FFP 2 und 3 hätten sie in der Praxis sowieso nicht, sagt er. Lediglich die einfachen Papiermasken kommen dort zum Einsatz und diese bieten keinen wirksamen Schutz vor dem Virus. Es sei aber auch nicht vorgesehen, dass Zahnärzte mit Schutzausrüstung ausgestattet werden, so Asal. Derzeit arbeite der Zahnarzt schon eingeschränkt, aber zumindest die Notfallversorgung soll aufrecht erhalten bleiben – und das weiterhin ohne wirksame Schutzmasken: „Das ist leider auch nicht anders zu machen“, so Asal. Normalen Papier-Mundschutz habe der Zahnarzt derzeit noch, aber auch der gehe inzwischen zur Neige, auch seinen Kollegen gehe das so.

Die Lage bei Apotheken und Herstellern

Bereits vor Wochen waren die Atemschutzmasken in den hiesigen Apotheken fast komplett ausverkauft. Daran hat sich bis heute nichts geändert. „Wir haben Schutzmasken bestellt, aber bisher kam noch nichts an“, so Anastasia Maurer von der Schwarzwald-Apotheke in Bad Säckingen. Die Nachfrage bei den Apotheken nach derlei Schutzprodukten sei zwar in der letzten Zeit noch einmal gestiegen, Masken anbieten kann die Apotheke allerdings nicht.

Auch 3M, einer der größten Hersteller von Atemschutzmasken weltweit, steht vor einer Herausforderung. Denn: Das Unternehmen kommt langsam an seine Kapazitätsgrenzen. Bereits vor Wochen hat das Unternehmen die Produktion von Atemschutzprodukten hochgefahren, um den wachsenden Bedarf zu decken. Damals war außerhalb von Asien noch kein Fall eines an Covid-19 Erkrankten bekannt. Inzwischen sieht die Lage deutlich anders aus. Deutschlandweit häufen sich die Fälle. Die

Produktion bei 3M sei weiterhin hochgefahren, die Nachfrage übersteige aber die Kapazität, so eine Sprecherin des Unternehmens. Deshalb arbeite das Unternehmen weiterhin daran, die Produktion noch weiter zu erhöhen. Priorität habe derzeit das Gesundheitswesen: „In der aktuellen Situation setzen wir einen größeren Teil unserer Produktionskapazität für die Versorgung des Gesundheitswesens und für staatliche Notfallmaßnahmen ein“, so die Sprecherin weiter. Wann die Mitarbeiter des Gesundheitswesens in der Region von diesen Maßnahmen profitieren können, müsse sich noch zeigen.

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