Aufruhr und Gewalt im Deutschen Bauernkrieg – auch am Hochrhein und im Hotzenwald
Bauern wagen 1524/25 den Aufstand gegen den Landesherrn und das Kloster St. Blasien. Deren Herrschaft können sie nicht brechen – doch ihre Ideale bleiben bis heute.
Zeuge städtischen Wohlstands in der Vergangenheit – der Münsterplatz in Bad Säckingen. Die Bauern der Region lebten hingegen in bitterer Armut.
| Bild: Alexander Jaser
Aufruhr und Gewalt erschütterten im Deutschen Bauernkrieg der Jahre 1524 bis 1526 auch die Landschaft vom Schwarzwald bis zum Hochrhein. Die Aufstandsbewegungen im süddeutschen Raum fanden dort mit Hans Müller und Kunz Jehle in den Jahren 1524/25 sogar zwei bis heute bekannte Vorkämpfer. Der Kampf gegen Fronherrschaft und geistliche Obrigkeit scheiterte jedoch – seine Anführer bezahlten ihn mit dem Leben.
Heute auch ein Symbol jahrhundertelanger Herrschaft des Klosters St. Blasien – der im 18. Jahrhundert errichtete Dom in St. Blasien.
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Weshalb kam es zum Aufstand?
Leibeigenschaft, Missernten und kaum mehr zu tragende Abgaben und Dienste für Grundherren des niederen Adels und der Geistlichkeit des Klosters St. Blasien lasteten schwer auf den entrechteten Bauern im Schwarzwald und am Hochrhein.
Vom Schwarzwald bis zum Hochrhein herrschte bei Leibeigenen, Hörigen und auch freien Bauern meist bittere Not.
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Wie in ganz Süddeutschland wurden sie auch dort in ihrem aufständischen Geist gegen Obrigkeit und Kirche stark durch die berühmte Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ Martin Luthers (1483-1546) aus dem Jahre 1520 bestärkt.
Mit seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ von 1520 erreichte der Reformator Martin Luther auch die Bauern an Hochrhein und Hotzenwald – auf seine Unterstützung konnten sie nicht rechnen. Die Aufnahme zeigt das Luther-Denkmal der St. Michaeliskirche in Hamburg von Otto Lessing aus dem Jahre 1912.
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Weshalb Zwingli und nicht Luther?
Doch die Hoffnung der Bauern auf Unterstützung durch den wortgewaltigen Reformator Martin Luther in Wittenberg trog. Für ihn galt die Freiheit des Christenmenschen lediglich im Jenseits, im hier und heute hatte er der Obrigkeit untertan zu sein. Anders sah dies der Reformator Huldrych Zwingli (1484-1531) im nahen Zürich – er billigte den Menschen das Recht zu, gegen Obrigkeit und Kirche zu revoltieren, wenn diese göttliches Recht missachteten.
Das weltberühmte Kloster St. Gallen blieb von der Gewalt des Bauernkrieges verschont.
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Wann begann der Aufstand im Hotzenwald?
Herausragender Kopf des Bauernaufstandes in der Region war 1524 der möglicherweise bei Grafenhausen geborenen Bauernführer Hans Müller (gennant von Bulgenbach, etwa 1485/1495-1525), der Führer des Stühlinger Haufens.
In der dortigen Landgrafenschaft verweigerten die Bauern die Zahlung von Abgaben an Sigmund II., den Grafen von Lupfen. Ihre Revolte unter Müllers Führung gegen den Landesherren am 23. Juni 1524 vor dem Stühlinger Schloss gilt heute als einer der Auslöser des Bauernkrieges in Süddeutschland. Sigmund gelang es auch mit der Unterstützung des Erzherzogs Ferdinand von Österreich (1503-1564) nicht, den Aufstand zu brechen. Er selbst verstarb am 28. Dezember 1524.
Thomas Müntzer war einer der bedeutendsten geistigen Führer des Bauernaufstandes – im Winter 1524/25 reiste er auch nach Basel und Südwestdeutschland. Die Aufnahme zeigt das Basler Münster.
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Unter der Führung Müllers, den sie zu ihrem Hauptmann gewählt hatten, zogen die Bauern im August 1524 weiter nach Waldshut, um dort Verbündete zu gewinnen. Der einstige Landsknecht wurde dort von Balthasar Hubmaier (etwa 1485-1528) unterstützt, der als Geistlicher unter dem Einfluss von Martin Luther und Huldrych Zwingli stand. Möglicherweise hielt sich zu dieser Zeit auch der berühmte Theologe und Prediger Thomas Müntzer (etwa 1490-1525) in Waldshut auf. Hubmaier wurde 1528 als Häretiker in Wien verbrannt.
Ein Blick in den Innenhof des im 15. Jahrhundert entstandenen Kreuzganges des Basler Münsters.
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Nachdem Müller im Oktober 1524 mit dem Grafen Sigmund ein Stillhalteabkommen erzielen konnte, verließ er die Region und wandte sich dem Raum Villingen zu. Aus dem Führer der Stühlinger Bauern wurde nun der „oberste Hauptmann der Bauern auf dem Schwarzwald“, wie es im Volksmund hieß.
Wie weitete Müller als „oberster Hauptmann“ den Krieg aus?
Im April 1525 löste er von Bonndorf und Löffingen aus einen erneuten Aufstand aus. Mit seinen Schwarzwälder Haufen, denen sich wohl Tausende von Bauern anschlossen, zog er nach Württemberg, dann über den Schwarzwald und nahm am 23. Mai 1525 an der Spitze von mehreren Tausend Bauern Freiburg im Breisgau ein.
Bauernführer Hans Müller aus dem Schwarzwald belagerte im Mai 1525 erfolgreich Freiburg im Breisgau mit dem berühmten Münster.
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Weitere Belagerungen von Villingen und Radolfzell scheiterten jedoch. Von einem österreichischen Heer im Juni/Juli 1525 besiegt, fiel er auf der Flucht am 14. Juli 1525 in die Hände des Ulrich von Habsberg, dem Vogt von Laufenburg, der ihn bei Waldshut mit dem Schwert köpfen ließ.
Das Säckinger Stift wurde 1525 von Aufständischen aus Säckingen und Laufenburg besetzt.
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Gegen wen wandte sich Kunz Jehle aus dem Hotzenwald?
Unter dem Eindruck der von Hans Müller organisierten Aufstandsbewegung und beeinflusst von der Botschaft Zwinglis erhoben sich auch die Bauern des Hotzenwaldes – Führer des Hauensteiner Haufens war Kunz Jehle aus dem oberen Albtal (um 1480-1525).
Auch kostbare Kunstschätze des Klosters wurden im Bauernkrieg 1525 von Bauern geraubt.
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Etwa 600 Bauern führte er am 27./28. April 1525 gegen das um 948 gegründete Kloster St. Blasien – seit dem 12. Jahrhundert hatte die Benediktinerabtei ihre grundherrlichen Rechte immer weiter ausgedehnt. Sie wurde geplündert und beschädigt, der Abt und mehrere Mönche flohen vor der Übermacht der Bauern nach Basel.
Das Untere Kanzleigebäude des Klosters St. Blasien wurde erst 1755 bis 1757 erbaut – heute ist es Sitz des Amtsgerichtes St. Blasien.
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Welches Ende fand Kunz Jehle?
Auch Kunz Jehle musste als Führer der Bauern aus dem Hotzenwald für seinen aufrührerischen Geist einen hohen Preis bezahlen – er wurde gefasst und am 13. Dezember 1525 bei Waldshut gehenkt. Hierfür nahmen Jehles Anhänger am 11. April 1526 Rache, als sie große Teile des Klosters St. Blasien zerstörten.
Erst in der Revolution von 1848 kam es erneut zu einer Erhebung des Volkes für die Freiheit in Deutschland. Heute symbolisiert das Reichstagsgebäude in Berlin die demokratische Ordnung des Landes.
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War der Kampf der Bauern vergebens?
Die Aufstandsbewegung am Hochrhein und im Hotzenwald wurde zu einem Mitauslöser des Deutschen Bauernkrieges über Süddeutschland hinaus, der jedoch rasch der militärischen Übermacht der Landesherren unterlag. Schon am 14. Mai 1525 erlitt ihr heute bekanntester Führer, Thomas Müntzer, mit seinen Haufen bei Frankenhausen in Thüringen eine vernichtende Niederlage – die Ideale von Freiheit und Gerechtigkeit konnten jedoch nicht besiegt werden.