Die Geschichte der Werkswohnungen beginnt mit der Industrialisierung. Damals sollte Arbeitnehmern bezahlbarer Wohnraum in einer Gemeinschaft angeboten werden. Nach Aufzeichnungen der Firmengeschichte bauten die Aluminiumwerke Wutöschingen 1921 in der Degernauer Straße Werkswohnungen für sechs Familien sowie ein Siedlungshaus für leitende Angestellte. Nun sollen die seit langem leerstehenden Betriebswohnungen zum Teil einer Betriebserweiterung weichen.
Ein Trend der zurückkehrt?
Derzeit ist bezahlbarer Wohnraum wieder knapp, die Mieten am Hochrhein sind durch die Nähe zur Schweiz relativ hoch, zudem kommt die Konkurrenz durch die Eidgenossen auf dem Arbeitsmarkt hinzu. Mit Werkswohnungen werben inzwischen nun einige Unternehmen am Hochrhein um Arbeitskräfte nach dem Motto: Biete Arbeitsplatz und Mietvertrag.
Appartements für den Übergang
Jörg Blattmann, Geschäftsführer des Gesundheitscampus Bad Säckingen, erläutert gegenüber dem SÜDKURIER, dass Wohnraum zu schaffen, zum Konzept dieses Projektes gehöre. Vorzug habe zwar die Vermietung von Praxen im Gesundheitswesen, doch der Bau von fünf bis zehn Appartements soll Anreize schaffen, damit Fachkräfte an den Hochrhein kommen. „Die Idee dahinter ist, dass Leute, die im Campus eine Anstellung haben, hier vorübergehend wohnen können, bis sie eine Mietwohnung gefunden haben“, sagt Blattmann.
Der Geschäftsführer weiß aus eigener Erfahrung, dass der Wohnungsmarkt auch in Bad Säckingen angespannt ist. „Meine Vorstellung war, dass ich zwischen Aqualon und Bahnhof eine Wohnung bekomme – es war nichts im Angebot.“ Bad Säckingen sei mit seiner Randlage eben nicht so abgelegen, wie manche aus der Ferne meinen.
Die 25 Quadratmeter großen Wohnungen am Campus sollen in einem Flügel in der dritten Etage entstehen und für etwa ein halbes Jahr für neu Zugezogene als Puffer dienen. Die Kosten für diese Appartements seien bereits Teil der Gesamtkosten für den Campus, sagt Blattmann. Mit der Fertigstellung des Gesundheitscampus einschließlich Wohnraum rechnet er Ende 2023.
Zu Jahresbeginn 2024 könnten die Appartements dann bezogen werden. „Nach Gesprächen mit der Stadt werden wir sehen, was ein vertretbarer Mietpreis ist“, sagt der Geschäftsführer und macht deutlich: „Den Wohnungsmarkt kann der Campus nicht steuern, das muss die Stadt oder ein Investor machen!“ Den Bedarf hierfür sieht er durchaus, wenn am Campus eines Tages zwischen 200 und 300 Menschen arbeiten werden.
Wohnungen zur Standortsicherung
Thorsten Walz, Betriebsleiter bei der Firma Günthart in Hohentengen, erklärt gegenüber dem SÜDKURIER, dass der Bau von 18 Betriebswohnungen auf dem Firmengelände „zur Sicherung des Standorts“ in unmittelbarer Nähe zur Schweiz beitrage. „Man muss Mitarbeitern heute etwas bieten“, betont er dabei. Hohentengen sei an sich schon „logistisch nicht der beste Standort“ für die Firma, die mit ihren 1500 Mitarbeitern in zehn Ländern nach eigenen Angaben international zu den führenden Unternehmen der Süßwaren-Dekor-Branche gehöre. „Wir wollen attraktiven Wohnraum zu einem angemessenen Mietpreis anbieten“, erklärt Walz die Hintergründe zum Bauvorhaben.

Der Gemeinderat Hohentengen hat dem Bebauungsplan im Westen des Gewerbegebiets bereits zugestimmt. Entstehen soll ein dreigeschossiges Gebäude mit Wohnungen mit zweieinhalb und dreieinhalb Zimmern auf dem Gelände hinter einer Lagerhalle. Im Februar erläuterte Bürgermeister Martin Benz dem Gemeinderat, dass Stefan und Peter Günthart sich durch dieses Projekt mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt versprechen.
Die Firma bietet nach Angaben des Betriebsleiters bereits jetzt vor Ort Mietwohnungen für Betriebsangehörige an. Dieses Angebot soll mit dem Neubau erweitert werden. Der Bebauungsplan liegt nun zur Genehmigung bei der zuständigen Behörde im Waldshuter Landratsamt. Thorsten Walz rechnet damit, dass noch in diesem Jahr mit den Bauarbeiten begonnen werden kann. Nach etwa einjähriger Bauzeit können die Wohnungen bezogen werden: „Je nachdem, wie sich die Situation in der Baubranche entwickelt“, räumt Walz ein. Zur Höhe der Investition wollte die Unternehmensleitung sich nicht äußern. Ob die Firma Günthart in Zukunft für Mitarbeiter weiteren Wohnraum schaffen werde, sei „nicht auszuschließen“, sagt Thorsten Walz.