Die Energiedienst Holding sieht sich in der aktuellen Energiekrise in ihrer Unternehmensstrategie bestätigt, vorrangig auf erneuerbare Energien zu setzen. Wäre die Energiewende weiter fortgeschritten und die heute teuren fossilen Kraftwerke aus dem Markt gedrängt, wäre der Strompreis an den Handelsplätzen niedriger, so die Einschätzung des Unternehmens. Doch real steht auch den rund 290.000 Privat- und Gewerbekunden von Energiedienst im nächsten Jahr eine Preiserhöhung von vermutlich rund einem Drittel ins Haus.

Energiedienst produziert nur 25 Prozent seines Stroms selbst

Der deutsch-schweizerische Energieversorger mit Sitz in Laufenburg/CH produziert nur etwa 25 Prozent des von ihm vertriebenen Stroms selbst. Den weitaus größeren Teil kauft es über langfristige Verträge hinzu. „Den Strom für unsere Haushaltskunden haben wir schon vor drei Jahren beschafft. Dies hat die Folge, dass wir die Preise dieses Jahr stabil halten konnten“, erklärte CEO Jörg Reichert am Freitag am Laufenburger Firmensitz vor Journalisten.

Energiedienst Holding

Nun stehe 2023 erstmals seit drei Jahren eine Erhöhung der Strompreise in der Grundversorgung an. Zum Frühjahr folge die Erhöhung in den Sondertarifen, deren Höhe final noch nicht feststehe. Energiedienst geht von einem Drittel höheren Tarifen aus. Die Vertragslaufzeiten für Bestandskunden und auch die Preisgarantien von einem beziehungsweise zwei Jahren sollen bestehen bleiben.

Die Beschaffungspreise für Strom haben sich verzehnfacht

Der Energieversorger begründete die anstehende Tariferhöhung mehr als verzehnfachten Preisen für Strom an den Beschaffungsmärkten. Unter seinen Geschäftskunden hatte Energiedienst bisher nur wenige Insolvenzen. Dennoch will der Versorger künftig stärker auf die Bonität achten, um etwaige Zahlungsausfälle zu vermeiden.

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„Wir glauben, dass es Lösungen braucht für in Not geratene Haushalte und Unternehmen“, sagte Reichert über eine finanzielle Entlastung der Endabnehmer durch den Staat. Bei Markteingriffen allerdings sei grundsätzlich Vorsicht geboten. „Man muss aufpassen, dass man mit diesen Maßnahmen den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht abwürgt.“

Hohe Gewinnmarkgen für selbst produzierten Strom aus Wasserkraft

Als Stromproduzent profitiert Energiedienst direkt von der aktuellen Preissituation auf dem Strommarkt. Dies auch, weil die Gestehungskosten für die Gewinnung von Strom aus Sonne, Wind und – vor allem maßgebend für Energiedienst – Wasser derzeit wesentlich niedriger liegen als bei den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Erdgas.

Preis richtet sich am teuersten Energieträger aus

Bei der Einspeisung nämlich erhalten Produzenten wie Energiedienst ein Entgelt, das sich derzeit an den Kosten der sehr teuren Produktion mit Gas orientiert. Dieser Merit-Order genannte Mechanismus soll garantieren, dass alle zur Deckung des Gesamtstrombedarfs benötigten Produzenten kostendeckend arbeiten können.

Vor diesem Hintergrund zeigte sich der Energiedienst-CEO auch offen für eine Übergewinnabschöpfung bei Unternehmen, die von den stark gestiegenen Energiepreisen profitierten: „Solche Maßnahmen sind grundsätzlich o.k.“ Allerdings wüchsen auch bei Energiedienst die Bäume nicht in den Himmel. So sei wegen des in diesem Sommer extrem niedrigen Wasserstands die in den Kraftwerken am Hochrhein produzierte Strommenge um 15 Prozent zurückgegangen.

Reichert hält Stromversorgung für gesichert

Die Stromversorgung in den europäischen Netzen hält Reichert auch in den kommenden Wintern für gesichert. Allerdings werde zur Sicherstellung der Versorgung derzeit auf jede verfügbare Kraftwerkskapazität zurückgegriffen. Zu einem größeren Black-out wird es nach seiner Einschätzung nicht kommen, allerdings sei die Wahrscheinlichkeit kleinerer Abschaltungen gestiegen. Auch Energiedienst bereite sich auf mögliche Cyberangriffe vor.

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