Der Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim erklärte im Mai 2023 die in Baden-Württemberg geltenden Regeln für Fristen, in denen Rettungskräfte am Einsatzort sein müssen, für unwirksam.
Im Rettungsdienstplan 2022 des Innenministeriums sind bis zum Eintreffen der Hilfe am Notfallort 15 Minuten in 95 Prozent der Notfalleinsätze angesetzt.
Eine Frist, die oft nur eine theoretische Angabe sein kann. Nicht berücksichtigt werden Verkehrslage, Straßenzustand oder, wie im Landkreis Waldshut, die großen Entfernungen. Der SÜDKURIER sprach mit drei Vertretern des Rettungswesens im Landkreis über das Thema.
Können im Landkreis Waldshut die vorgesehenen Hilfsfristen eingehalten werden?
Die verlangten 95 Prozent, in denen Rettungswagen beziehungsweise ein Notarzt spätestens nach 15 Minuten vor Ort sein soll, seien nicht zu halten. In 90 Prozent der Fälle könne die Mindestvorgabe von 15 Minuten allerdings eingehalten werden. Das bestätigt Peter Hofmeister, Vorsitzender im Bereichsausschuss für den Rettungsdienst im Dienstbereich Waldshut.

„Unser Fokus liegt auf der so genannten ,goldenen Stunde‘, der Zeit in der ein Patient oder Unfallopfer in einer für seinen Fall optimalen Klinik eingeliefert wird“, so Hofmeister.
Und er erklärt weiter: „Diese Hilfsfristen sind eine hohe Messlatte, sie sagen aber nichts über die Qualität der Versorgung eines Patienten aus.“
Wie viele Rettungswagen und Hubschrauber stehen zur Verfügung?
Im Landkreis stehen zwölf Rettungswagen, vier Notarztfahrzeuge, acht Krankentransportwagen sowie fünf Rettungshubschrauber zur Verfügung, drei sind in der Schweiz, einer Villingen-Schwennigen und einer in Freiburg stationiert.
„Der Notarzt entscheidet, in welches Krankenhaus der Patient oder das Unfallopfer verlegt wird“, sagt Patrick Frey, Betriebsleiter Rettungswesen im DRK-Kreisverband Waldshut.
Durch die Ausstattung der Fahrzeuge mit GPS könne die Leitstelle immer das in der Nähe eines Einsatzortes befindliche Fahrzeug benachrichtig werden.
Wo sind Rettungswagen und Notärzte stationiert?
Wie Patrick Frey informiert, sind an folgenden Standorten Rettungstransportwagen (RTW), Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) sowie Krankentransportwagen (KTW) vorhanden:
Wehr: ein RTW
Bad Säckingen: zwei RTW, ein NEF und vier KTW
Laufenburg und Segeten: jeweils ein RTW
St. Blasien und Bonndorf: jeweils ein RTW und ein NEF
Stühlingen: ein RTW und ein NEF
Ühlingen: ein RTW
Dettighofen: ein NAW (Notarztwagen)
Lauchringen: ein RTW
Waldshut: Schmittenau: zwei RTW ein NEF und vier KTW. Klinikum Hochrhein: ein Notarztwagen.
Zu wie vielen Einsätzen werden pro Jahr Rettungswagen gerufen?
Etwa 6500 Mal rücken Rettungswagen und Notärzte jährlich aus. In 43 Prozent der Fälle sind es allerdings Krankentransporte, in 14 Prozent der Einsätze wird der Notruf wegen Herz-/Kreislaufproblemen gerufen und vier Prozent sind Unfälle in Haushalt, Beruf oder Straßenverkehr.

„Oft wäre es wichtig, dass die Menschen vor Ort schnell Maßnahmen einleiten, zum Beispiel bei einem Atemstillstand“, sagt Patrick Frey. Peter Hofmeier wünscht sich deshalb, dass Defibrillatoren nicht nur in Hallen, Rathäusern oder Schulen angebracht werden, sondern auch von außen erreichbar sind. „Diese Defis sind auch für Laien selbsterklärend.“
Wie steht es um die Notarztversorgung im Landkreis?
Caren-Denise Sigg, Dezernentin für Mobilität, Ordnung und Kommunales im Landratsamt und Rechtsaufsicht für den DRK-Bereichsausschuss, erklärt, dass es im Klinikum Hochrhein keinen Notarzt mehr gibt.

Der Landkreis habe sich der sogenannten „Notarzt-Börse“ angeschlossen. Sie vermittelt Notärzte aus der Region, die auf Honorarbasis bezahlt werden. In Stühlingen hat eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) die Notarztversorgung geregelt, in St. Blasien organisiert eine Gruppe von Ärzten die Notarztdienste, wie Caren-Denise Sigg erklärt.
Die Situation bei den Notärzten schätzt sie derzeit noch gut ein. Vier sitzen bei einem Einsatz im Notarztwagen, der von einem Rettungssanitäter gefahren wird, vier weitere können in Rettungswagen mitfahren.
Wie sieht die personelle Lage bei Notfall- und Sanitätern aus?
„Bei den Rettungssanitätern sieht es noch gut aus, bei Notfallsanitätern gibt es ein Problem“, erklärt Caren-Denise Sigg. Notfallsanitäter sind für die Erstversorgung zuständig, Rettungssanitäter sitzen am Steuer eines Rettungswagens und unterstützen den Notfallsanitäter.

„Wir bilden am Hochrhein 15 Azubis für den Rettungsdienst aus, weil wir pro Fahrzeug nur einen Azubi mitnehmen können. Bewerbungen sind es jedes Jahr zwischen 30 und 40“, sagt Patrick Frey. Nicht alle blieben nach der Ausbildung beim DRK. Um den Beruf attraktiv zu halten, werden auch Teilzeitmodelle angeboten, betont Frey, was sehr gut funktioniere.
Welche Nummer ist die richtige im Notfall?
Der Landkreis Waldshut hat eine Aufklärungskampagne gestartet, damit Hilfesuchende sich in Notfällen an die richtige Stelle wenden. Die Lage ist auch im Klinikum Hochrhein in Waldshut angespannt.
Erste Anlaufstelle Hausarzt: In den meisten Fällen sei der Hausarzt die richtige Anlaufstelle.
116 117: Außerhalb der Praxisöffnungszeiten ist rund um die Uhr die bundesweite Telefonnummer 116 117 erreichbar.
112: Der Notruf 112 ist bei Bränden, Unglücksfällen oder Unfällen sowie medizinischen Notfällen die richtige Nummer. Mehr Informationen im Internet unter www.landkreis-waldshut.de/aktuelles/wann-rufe-ich-den-rettungsdienst-wie-sie-einen-notfall-erkennen
Wie wichtig sind Ehrenamtliche Helfer?
Im Landkreis unterstützen auch ehrenamtliche Helfer den professionellen Rettungsdienst. Wie die First Responder funktionieren und welche weiteren Pläne es zur Unterstützung gibt, lesen Sie hier: