„Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst – wo genau ist der Notfallort?“ – so wird ein Anrufer begrüßt, der die 112 gewählt hat. Und wer aus Stühlingen, Jestetten, Todtmoos oder Dogern anruft, wird nicht etwa in Stuttgart oder Berlin bedient, sondern in der Waldshuter Schmittenau.

Keine Angst vor einem Anruf bei der 112

Hier befindet sich die Notrufzentrale des Landkreises. „Angst vor dem Anruf haben, muss also keiner. Hier sitzen Menschen am anderen Ende der Leitung, die sogar alemannisch schwätzen und eine Lösung für jedes Problem finden“, sagt Christian Scheuble, „lieber einmal zu viel anrufen als gar nicht!“

Der 44-Jährige ist seit 2022 Abteilungsleiter der Integrierten Leitstelle, die vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Landkreis betrieben wird. Er erklärt: „Der Notruf 112 bündelt alle Einsatzorganisationen außer der Polizei.“ Auf Beamtendeutsch heißt das: „Nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr.“

Egal ob bei einem Sturm ein Keller mit Wasser vollgelaufen ist, zwei Autos auf der Bundesstraße frontal ineinander gekracht sind, ein Rheinschwimmer vermisst wird oder ein altes Bauernhaus lichterloh brennt – die Leitstelle klärt mit wenigen Fragen ab, welche Einsatzkräfte gebraucht werden und handelt.

Der zentrale Kontrollmonitor zeigt an, welche Nummer gewählt wurde. Nicht nur die 112-Anrufe gehen bei der integrierten Leitstelle ein, ...
Der zentrale Kontrollmonitor zeigt an, welche Nummer gewählt wurde. Nicht nur die 112-Anrufe gehen bei der integrierten Leitstelle ein, sondern auch die Notrufe an Feuerwehr, THW und weitere Einrichtungen. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Mobilisiert werden dann Rettungsdienst samt Notarzt (DRK), Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW), die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), die Bergwacht oder gleich mehrere Organisationen zusammen. „Und auch mit den Schweizer Einsatzkräften sind wir in engem Austausch“, sagt Scheuble, „fehlt es auf der einen oder anderen Seite des Rheins gerade an Rettungswagen, Hubschraubern, Einsatzkräften oder Spitalbetten, helfen wir gegenseitig schon mal aus.“

112 ist rund um die Uhr erreichbar

24 Stunden an sieben Tagen der Woche ist die 112 erreichbar. 13 Mitarbeiter bedienen in der Notrufzentrale im Drei-Schicht-Betrieb je zuzweit die Telefone. „Extreme Wetterlagen, die aktuelle Fasnacht und Unfälle mit mehreren Beteiligten sind die größten Herausforderungen“, sagt Christian Scheuble, der selbst seit seiner Jugend Feuerwehrmann und später Notfallsanitäter war.

Christian Scheuble, Abteilungsleiter der Leitstelle des Notrufes 112, zeigt auf der Karte, wo sich die Notrufzentrale befindet ...
Christian Scheuble, Abteilungsleiter der Leitstelle des Notrufes 112, zeigt auf der Karte, wo sich die Notrufzentrale befindet (Waldshuter Schmittenau). An den roten Kärtchen ist zu sehen, wo medizinische Einsatzfahrzeuge stationiert sind. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Weil er heute mehr für die Organisation der Leitstelle, Planung der Dienstpläne und Wartung der technischen Anlagen zuständig ist, sei er selbst nur noch selten im Einsatz vor Ort. „Das vermisse ich manchmal schon“, gibt er zu, „aber wir hier in der Leitstelle sind die ersten, die die Gefahrenlage einschätzen und in Sekundenschnelle Entscheidungen treffen müssen. Wir tragen jeden Tag dazu bei, Leben zu retten – und das ist das Schönste an diesem Beruf!“

Von 105.000 Anrufen waren 33.000 echte Notfälle

Im vergangenen Jahr hat das Telefon in der Leitstelle in Waldshut rund 105.000 Mal geklingelt – teils zur Koordination von Krankentransporten oder zur Weiterleitung an andere Stellen wie die Polizei. Aber 33.300 Anrufe waren echte Notfälle, in denen Menschen im Landkreis lebensgefährlich verletzt oder bedroht waren.

„Das ganze Jahr über spielen Verkehrsunfälle, Herzinfarkte und Schlaganfälle eine wichtige Rolle“, sagt Scheuble. Und genau in solchen Fällen müsse es extrem schnell gehen, um die schlimmstmöglichen Folgen zu verhindert. Mit Hubschraubern kommen etwa komplizierte Herz-Patienten direkt nach Bad Krozingen, Problemschwangerschaften nach Singen, Villingen-Schwenningen oder Lörrach, Menschen mit Schlaganfall-Verdacht nach Freiburg oder Villingen-Schwenningen – weil dort jeweils Schwerpunktzentren eingerichtet sind.

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Während im Winter Wintersport- und Glatteisunfälle das Notfall-Geschehen ergänzen und zur Fasnacht Alkoholmissbrauch, Stürze und Schlägereien vermehrt vorkommen, häufen sich im Sommer Badeunfälle, allergische Reaktionen auf Insektenstiche sowie verunglückte Wanderer oder Motorradfahrer. „Das alles hält Hunderte Einsatzkräfte im gesamten Landkreis an 365 Tagen im Jahr auf Trab“, sagt Scheuble.

Sind die Einsatzkräfte in 15 Minuten am Einsatzort?

In Baden-Württemberg gilt die Vorgabe, spätestens innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort zu sein. Immerhin bei mehr als 85 Prozent der Einsätze kann diese Zielzeit im Landkreis Waldshut erreicht werden. Damit besetzt Waldshut einen der hintersten Plätze im landesweiten Ranking. Warum ist das so? „Ein besserer Wert seit Jahren angestrebt“, sagt Christian Scheuble, „die vielen engen Täler und Höhenunterschiede erschweren aber vielerorts die Anfahrt enorm.“

Um abgelegenere Gemeinden schneller zu erreichen, seien die zwölf Intensiv-Rettungswagen, zwei Notarztwagen, fünf Notarzteinsatzfahrzeuge und acht Krankentransportwagen verteilt stationiert, beispielsweise auch in Stühlingen, Ühlingen-Birkendorf, Bonndorf und Dettighofen. Insgesamt fünf Helikopter – drei aus der Schweiz, einer aus Villingen-Schwenningen und einer aus Freiburg – können bei Bedarf angefordert werden.

Mittels Funkgerät können die Mitarbeitenden der Leitstelle mit den Einsatzkräften vor Ort kommunizieren, wenn etwa das Telefon ausfällt.
Mittels Funkgerät können die Mitarbeitenden der Leitstelle mit den Einsatzkräften vor Ort kommunizieren, wenn etwa das Telefon ausfällt. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

„Aus Freiburg schafft es der Heli in rund 15 Minuten nach Waldshut“, sagt Scheuble, „das sind im Ernstfall Minuten, die Leben retten können!“ Zweimal jährlich tage außerdem der Bereichsausschuss mit Vertretern von Einsatzorganisationen, Lokalpolitik und Regierungspräsidium, um die Versorgungslage zu besprechen und gegebenenfalls zu optimieren. „Wir haben die Lage für die Bürger stetig im Blick“, so Christian Scheuble.

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Das sind aktuelle Herausforderungen

Ein Problem, mit dem sich die zentrale Leitstelle seit einiger Zeit konfrontiert sieht: „Die Kommunikation mit der kassenärztlichen Vereinigung ist schwieriger geworden“, ärgert sich der Notrufzentralen-Leiter. Oft würden Menschen den Notruf wählen, weil die Notdienstnummer 116117 nicht erreichbar sei und sie nur einen Hausarztbesuch am Wochenende benötigen.

„Aber wir haben keinen direkten Zugriff auf die Notdienstpläne mehr und können dann auch nur auf die Warteschleife verweisen“, sagt Scheuble, „zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger wünsche ich mir, dass wir da gemeinsam eine bessere Lösung finden.“

Bei welchem Notfall muss welche Nummer gewählt werden?

Bei Gefahr und Bedrohung: Notruf 110 der Polizei

Über die Telefonnummer 110 erreichen Bürger die Polizei. Im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums in Freiburg laufen alle Notrufe 110 aus den Landkreisen Emmendingen, Lörrach, Breisgau-Hochschwarzwald und Waldshut zusammen und Einsätze werden koordiniert.

„Immer dann, wenn sich eine Notsituation anbahnt, Sie sich bedroht fühlen oder eine Gefahrensituation für Sie oder andere aufgekommen ist, ist die Polizei zuständig“, sagt deren Pressesprecher Mathias Albicker.

Bei Lebensgefahr: Notruf 112 der Integrierten Leitstelle

Die Telefonnummer 112 wurde für die „nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr“ eingerichtet und wird gewählt, wenn Lebensgefahr besteht. Bürger, die im Landkreis Waldshut anrufen, erreichen die integrierte Leitstelle (ILS) in der Waldshuter Schmittenau.

Je nach Fall werden Einsatzkräfte vom DRK, der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks (THW), Bergwacht oder Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) zum Einsatzort geschickt.

Wenn die Arzt-Praxis geschlossen ist: Medizinischer Notdienst 116117

Wenn keine Lebensgefahr besteht, sondern die eigene Hausarztpraxis geschlossen ist und ärztliche Hilfe benötigt wird, erhält man über die Telefonnummer 116117 oder die Internetseite www.116117.de Auskunft darüber, wer in der Region ärztlichen Notdienst hat. Bei Zahnschmerzen an Wochenenden und Feiertagen gibt die Internetseite www.kzvbw.de Auskunft.

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