Mehrere Monate ins Gefängnis oder ein Leben in Freiheit. Für den 35-jährigen Angeklagten geht es um viel. Dass er den Sitzungssaal des Landgerichts in Waldshut nach einer Berufungsverhandlung nicht – wie von ihm erhofft – mit einem Freispruch in der Tasche verlassen konnte, lag möglicherweise auch an seiner Verhandlungstaktik.

Erst wenige Tage vor dem Verhandlungstermin hatte er seiner Verteidigerin einen Mitschnitt eines Telefongesprächs vom Januar 2024 sowie weitere Audio-Aufzeichnungen übergeben. Die müssen jetzt von einer vereidigten Dolmetscherin abgeschrieben und dann vom Spanischen ins Deutsche übersetzt werden. Das dauert. Und so lange ist das Verfahren erst einmal ausgesetzt.

Aufnahmen sollen Unschuld beweisen

Richterin Christine Faust war in der Beweisaufnahme schon ein gutes Stück vorangekommen, bis sie nach mehr als zweistündiger Dauer der Berufungsverhandlung mit der Existenz dieser Aufzeichnungen überraschte. Diese, so machte der Angeklagte deutlich, seien seine einzige Chance, seine Unschuld zu beweisen. Die mitgelieferten Übersetzungen per künstlicher Intelligenz erkannte die Richterin nicht an.

Weil die Dolmetscherin für die Übersetzung Zeit benötigt, wurde das Verfahren zunächst ausgesetzt und folglich auch der für diese Woche vorgesehene Fortsetzungstermin gestrichen. Für den Angeklagten aus der Dominikanischen Republik mit niederländischem Pass und zahlreiche mitgereiste Familienangehörige ging es noch am gleichen Tag per Kleinbus zurück in die Niederlande.

Was wird dem Mann vorgeworfen?

Vorgeworfen wird dem 35-Jährigen unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er soll von Oktober 2020 bis Juni 2022 in der Region Jestetten Kokain gehandelt und damit rund 50.400 Euro und rund 5000 Schweizer Franken eingenommen haben. Außerdem habe er im Oktober 2020 insgesamt 694,7 Gramm Kokain erworben und im Juni 2022 bei einer Verkehrskontrolle 0,6 Gramm eines Kokaingemischs sowie Einnahmen aus Kokaingeschäften in Höhe von 9.380 Euro mit sich geführt.

Gericht verurteilt den Mann zu Gefängnisstrafe

Dafür ist er im vergangenen Jahr vom Amtsgericht Waldshut zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Dem Angeklagten war das zu viel, der Staatsanwaltschaft zu wenig. Beide Seiten gingen in Berufung.

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Das Urteil setzt sich zusammen aus einer 20-monatigen Haftstrafe für den vorgeworfenen Kokainhandel bei Jestetten und einer Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 30 Euro für das Kokaingemisch. Für letzteres hatten vor dem Landgericht sowohl Staatsanwältin Bäcker als auch Verteidigerin Christine Küpfer ihre Berufung zurückgezogen. Jetzt geht es noch um den Kokainhandel, der aufgeflogen war, als ein an ihn adressiertes Paket mit knapp 700 Gramm Kokain sichergestellt worden war.

In Deutschland war der Angeklagte zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten; allerdings gibt es drei Einträge aus der Schweiz, zwei aus Belgien und vier aus den Niederlanden.