Sein Wahlkreis ist der Wahlkreis Bretten in Nordbaden. Und doch macht sich Christian Jung, Landtagsabgeordneter und verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Sorgen um eine weit entfernt davon liegende Region – den Landkreis Waldshut.
Den hat er jetzt besucht. Hauptreisezweck war der Vortrag vor Vertretern regionaler Speditionen in Bad Säckingen. Lastwagen brauchen gute Straßen, um vorwärtszukommen. Und so hat sich der Liberale bei seinem Besuch auch ein Bild von den Landesstraßen im Kreisgebiet verschafft. Dabei war er vor allem im Hotzenwald unterwegs – in Herrischried auf der Landesstraße L 151, in Rickenbach auf der L 155 und in Wehr auf der L 148.
Unterwegs fielen ihm die schwarzen Linien auf den Straßen auf, die auf die Auffüllung von Frostschäden im Asphalt hindeuten. Jung bemerkte abgenutzte Fahrbahnbeläge, Schlaglöcher und ausgefranste Straßenränder. Und sprach sich dafür aus, demnächst Geld in die Sanierung der Hotzenwald-Verbindungen zu investieren. Wobei es mit „kosmetischen Maßnahmen“ nicht getan sei, wie er sagte. Besser sei es, umfassend und „nachhaltig“ zu sanieren, um für die kommenden 20 bis 25 Jahre Ruhe zu haben.
Forderung nach mehr Geld für die Landesstraßen
165 Millionen Euro stehen im Haushaltsjahr 2024 für den Bereich Erhaltung von Landesstraßen in ganz Baden-Württemberg zur Verfügung. Für den Liberalen „bei weitem“ nicht ausreichend. Die Menschen im ländlichen Raum des Kreises Waldshut seien auf gute Straßen angewiesen. Auch die regionale Speditionsbranche brauche sie dringend.
Bei dieser nachgefragt, wird aber deutlich, dass die Landesstraßen gar nicht so sehr als Problem betrachtet werden. „Die sind eigentlich weitgehend noch in Ordnung und auch gut befahrbar“, sagt etwa Michael Schnäbele, Verkehrsleiter bei der Spedition Eckert mit Hauptsitz in Albbruck. Eher Probleme machten Straßen mit zu geringer Kapazität, fehlende Ortsumfahrungen und die eben nicht gebaute Autobahn.
Hintergrund für Jungs Besuch am Hochrhein war eine parlamentarische Anfrage durch ihn und einen Mitabgeordneten mit dem Ziel, Auskunft über den Zustand der Landesstraßen im Kreisgebiet zu bekommen. Laut Landesverkehrsministerium sind es 25 Landestraßen mit einer Gesamtlänge von 318 Kilometern. Zudem umfasst das hiesige Landesstraßennetz 291 Stützbauwerke und 109 Brücken.
Das Land benotet alle vier Jahre den baulichen Zustand der Straßen, in einer Zustandserfassung und -bewertung (ZEB). Aktuell, noch bis Ende 2024, läuft wieder eine ZEB. Weil deren Ergebnisse erst im Frühjahr 2025 vorliegen dürften, gelten noch die Werte von 2020.
Schlechteste Werte für 38,3 Prozent der Landesstraßen
Und die bescheinigen Jung zufolge dringend Handlungsbedarf. 38,3 Prozent der regionalen Landesstraßen erreichen demnach nur den Bereich zwischen 4,5 und 5,0, was den schlechtesten Wert bildet und es erforderlich macht, bauliche oder verkehrsbeschränkende Maßnahmen einzuleiten, sofort zu sanieren, das Tempo zu drosseln oder eine Tonnagebeschränkung zu verhängen. Weitere 21,1 Prozent der Landesstraßen belegen Noten ab 3,5 und schlechter, was als „Warnwert“ gilt und gemäß Land Anlass zur intensiven Beobachtung und Analyse gibt. Lediglich 7,9 Prozent der Landesstraßen im Kreis Waldshut gelten als neuwertig. Im Schnitt erreichen die regionalen Landesstraßen einen Wert von 3,6 – gegenüber der ZEB von 2016 mit 3,4 also nochmals schlechter. Auf die Frage, an wie vielen und welchen Straßenabschnitten im Kreis schon Tempo- oder Gewichtsbeschränkungen bestehen, bekam Jung keine Antwort — mangels Daten.
Mit einem noch „gut“ besser schneiden indes die Stützbauwerke und die Brücken im Landesstraßennetz im Landkreis Waldshut ab. Bei den Stützbauwerken beträgt die Note im Schnitt 2,3, bei den Brücken 2,4. Allerdings hat das Land noch gar nicht alle 291 Stützbauwerke unter die Lupe nehmen oder die ermittelten Werte in Datenbanken eintragen können – der großen Zahl wegen und, wie es in der Antwort des Ministeriums heißt, „aufgrund knapper Personalressourcen in der Bauwerksprüfung“.
Seit Januar 2020, auch das wird aus den Antworten auf die Anfrage deutlich, wurden für Erhaltungsmaßnahmen im Landesstraßennetz im Landkreis Waldshut insgesamt 32,5 Millionen Euro ausgegeben. Wie viel Geld es für die kommenden Jahre sein wird und wo genau es ausgeben wird, ist noch unklar. „Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg plant die Umsetzung konkreter Erhaltungsmaßnahmen an Fahrbahnen ab 2026 vor allem auf Grundlage der Ergebnisse der neuen ZEB 2024“, heißt es seitens des Landes. Und deren Ergebnisse stehen ja noch aus.