Ein Jahr nach den Bauernprotesten loderte erneut ein Mahnfeuer am Hochrhein. Rund 100 Menschen waren zusammengekommen, um über die Situation und Zukunft der Landwirtschaft zu sprechen. Zwischen Hoffnung und Frust beschrieben zahlreiche Landwirte aus der Region bei der Mahnwache am Mittwoch in Bad Säckingen ihre derzeitige Lage. Zwar seien Fortschritte erzielt worden, aber weitere existenzsichernde Maßnahmen der kommenden Regierung seien nötig, lautete der Tenor.
Rund 100 Teilnehmer waren dem Aufruf der BLHV (Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband) gefolgt, sich über die Herausforderungen der Landwirtschaft auszutauschen. Politiker von CDU, SPD und FDP bezogen Stellung und sprachen über Verbesserungen.
So empfinden Landwirte
„Wir merken jeden halben Cent, der fehlt“, erzählt Andrea Hildenbrand dem SÜDKURIER. Ihr Betrieb, den sie als ländliche Hauswirtschaftsmeisterin führt, würde durch die gefallenen Milchpreise bei steigenden Tierarztkosten stark belastet. „Den Kühen soll es gut gehen und wenn nicht, dann wird auch weniger gemolken“, sagte die Dogernerin. Es sei ein stetiger Kampf um den eigenen Verdienst am Monatsende. Für zusätzliche Einnahmen würden sich Landwirte dann einen Neben- oder Mischbetrieb aufbauen.

Das tat der gelernte Landwirt Robert Reiniger vom Nagelschmiedehof. Neben der Landwirtschaft unterhält er auch diverse Dienstleistungen wie etwa Schneeräumen. „Das ist eine Überlebensstrategie“, sagte der Wehrer im Beisein seiner Familie. Doch jedes Fünkchen Service würde auch mehr Arbeit und Zeitaufwand bedeuten, ergänzt seine Lebensgefährtin Nicole Wasmer. Die ganze Familie im Betrieb müsse mit anpacken.

So äußern sich auch die Vogts vom Gordihof in Rickenbach. Sie kümmern sich um ihre Tiere, darunter um Schweine. Ihr Fleisch stehe im Wettbewerb zu importierten und günstigeren Supermarkt-Produkten – ein Nachteil für heimische Betriebe, angekurbelt durch das EU-Mercosur-Abkommen, sagte Stefan Vogt. Zur Erklärung: Das Abkommen der Wirtschaftsorganisation in Lateinamerika mit der EU senkte oder erließ Zoll-Gebühren für verschiedene Produkte.

„Importierte Produkte sind günstiger als einheimische“, sagte Demo-Teilnehmerin Annette Rüttnauer empört. Sie wolle „keinen Dreck“ konsumieren, darum kaufe sie regional beim Landwirt ihres Vertrauens. Die Schwörstädterin wünsche sich mehr Aufklärung auch an Schulen über das gesundheitliche Risiko durch Pestizide und Antibiotika in Billigfleisch.
Die Teilnehmer der Mahnwache sind sich einig: Sie nehmen teil, um auf Politik und Mitbürger auf die Herausforderungen der Landwirte aufmerksam zu machen, wie schon bei den Bauernprotesten vor einem Jahr. Doch was ist seither passiert?
Maßnahmen wurden umgesetzt, doch Luft ist nach oben
„Ein Teil unserer Forderungen wurde seit den letzten Protesten erhört“, sagte Clemens Speicher aus dem Kreisvorstandsteam des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) Säckingen. Die geplante Kürzung der Agrardieselbeihilfe wurde in der Folge gestreckt und eine weitere wirtschaftliche Belastung vermieden worden. Doch um die Existenz der heimischen Betriebe wirklich zu sichern, seien weitere Maßnahmen nötig, sagte BLHV-Vorstandskollege Bernhard Schleicher auf der Bühne. Er richtet das Wort an geladene Politiker und wollte wissen, wie eine Verbesserung aussehen könnte.

„Finanzielle Unterstützung und dass endlich ein Bürokratieabbau erfolgt“, sagte Klaus Denzinger, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Kreistag. Viel zu lange würden Landwirte nach ihrer eigenen Arbeit noch am Schreibtisch sitzen müssen, so auch Felix Schreiner, Abgeordneter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ideen der Maßnahmen würden an die kommende Regierung herangetragen werden, so Schreiner.

„Wir sind in Deutschland schon jetzt nicht mehr in der Lage, uns mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen“, so Schreiner.
Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD-Bundestagsabgeordnete, betonte: „Deswegen sollte die nächste Regierung ermöglichen, dass die Bäuerinnen und Bauern hier weiter produzieren können, auch davon leben können und eine Existenzgrundlage haben.“ Für die kommende Bundestagswahl gibt sie mit auf den Weg: „Die AfD hat keine Lösung für die Landwirtinnen und Landwirte und dazu stehe ich.“ Auch Schreiner macht deutlich: „Ich glaube, es ist wichtig, dass man eine pragmatische Landwirtschaftspolitik macht, eine normale, vernünftige. Gehen Sie denen nicht auf den Leim.“
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