Seit mehreren Jahrzehnten bewegt die Autobahnplanung am Hochrhein die Menschen in Wehr und Öflingen. Egal wo die A98 das Wehratal einmal queren wird: Immer werden die Bewohner des südlichen Wehrer Ortsteils betroffen sein. So ist es auch keine Überraschung, dass auch die von der Autobahnplanungsgesellschaft Deges herausgearbeitete neue Vorzugsvariante in Brennet ihre Kritiker findet.
Bei der gut besuchten Einwohnerversammlung am Donnerstagabend in Öflingen meldeten sich vor allem die Bewohner der Hardsiedlung und der Weckertsmatt zu Wort. Während im Hard die Autobahn etwa 80 Meter entfernt verläuft, der Blick Richtung Rhein allerdings durch Dämme und Lärmschutzwände versperrt werden soll, bekommt Anwohner der Weckertsmatt das Tunnelportal und die Anschlussstelle Wallbach quasi vor die Haustür. Gerade für die Bewohner der Hardsiedlung, die seit Jahrzehnten schon durch Bundesstraße und Bahnlinie betroffen sind, bedeutet die Deges-Trasse eine weitere Belastung.
Vergleich der Varianten
„Fachlich ist die Bergtrasse die beste Lösung“, beharrte denn auch Georg Wunderle, Sprecher der Bürgerinitiative Pro Bergtrasse, auf einer hohen Talbrücke über Öflingen. Den von den Deges-Planern vorgestellten Variantenvergleich hält er nicht für nachvollziehbar. „Wir kennen das Ergebnis des Vergleichs, die Details, wie es zum Ergebnis kommt, kennen wir aber noch nicht“, so Wunderle. Nach Auskunft der Deges solle der Vergleich erst im kommenden Jahr öffentlich werden, so Wunderle.
Bürgermeister Michael Thater sieht dies hingegen anders: Fünf Aktenordner umfasse der Variantenvergleich, die Deges überlasse ihn sicher auch der BI zur Lektüre. Seine Bewertung ist eindeutig: Die Deges habe nun endlich den Trassenvergleich vorgelegt, den die Stadt Wehr schon 1974 gefordert habe.
Er räumte allerdings ein, dass es bei der Vorzugsvariante durchaus noch Optimierungsbedarf gebe. Die elf Meter hohe und 1140 Meter lange aufgeständerte Talbrücke solle möglichst an beiden Enden noch verlängert werden. Bei der Hardsiedlung solle aus Sicht der Stadt Wehr auf einen breiten Damm verzichtet werden. Heikel ist für Thater auch die Nähe der Autobahn zur Firma Rota Yokogawa, einem der größten Arbeitgeber der Stadt. Die Firma betreibt hier ein hochempfindliches Kalibrierungszentrum. Unklar sei, wie sich Erschütterungen beim Bau und Betrieb der Autobahn darauf auswirken. „Vertreter der Deges und der Rota Yokogawa kommen im November zu ersten Gesprächen zusammen“, so Thater. Dies sei der richtige Weg, um zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.
Keine „A98-Bremser“
Hans Loritz, ebenfalls Anwohner der Hardsiedlung, mahnte eine gerechte Verteilung der Lasten an. „Dort wo jetzt schon am meisten Verkehrslärm ist, kommt noch mehr dazu“, stellte er fest. Er warnte davor, die Bewohner der Hardsiedlung nun als „A98“-Bremser“ darzustellen.
In der Vergangenheit seien die Gegner der amtlichen Bergtrasse vom Bürgermeister gelobt worden. „Das beanspruchen wir auch für uns“, so Loritz. Thater zeigt durchaus Verständnis für die Kritik aus Brennet. Bei der Detailplanung werde die Stadt natürlich auch die Interessen der Betroffenen vertreten, um die Auswirkungen der A98 zu minimieren und gegebenenfalls auch auszugleichen. „Die Planung ist ja noch lange nicht fertig.“ so Thater.
Eine konkrete Entwurfsplanung soll bis März 2023 vorliegen, im Herbst 2025 könnte dann das Planfeststellungsverfahren beginnen. „Wir haben also Zeit, unsere Vorstellungen einzubringen“, so Thater. Es gebe aber auch keinen Grund, sich zurückzulehnen: „Jetzt ist das Eisen heiß, jetzt müssen wir es schmieden.“
Entwicklungen bei der Hochrheinautobahn A98
- 13. Oktober 2021: Rückenwind für Vorzugstrasse der Autobahn kommt aus dem Waldshuter Kreistag. Doch es herrscht Uneinigkeit über die Verkehrsprognose.
- 30. September 2021: Die Gemeinderäte aus Bad Säckingen, Wehr und Murg begrüßen A98-Vorzugstrasse, aber nicht in allen Fragen herrscht Einigkeit.
- 14. Juli 2021: Die Deges hat die neue Vorzugsvariante für den Autobahnabschnitt 6 zwischen Schwörstadt und Murg präsentiert. Außerdem liefert ein neues Verkehrsgutachten die Grundlage für die weitere Planung. Hier die Hintergründe.
- Juli 2021: Entscheidung in der Tunnelfrage im Abschnitt 5.
- Juli 2021: Äußerungen des Verkehrsministers: Erneut Wirbel um A98.
- Juni 2021: Spektakuläre Luftaufnahmen: Rundflug über die neue Autobahn bei Rheinfelden.
- Mai 2021: Wie kommen die Planungen der A98 voran? Wo stockt es? In diesem Artikel können Sie den aktuellen Stand jedes Abschnitts überblicken.
- März 2021: Diskussionen um den Tunnel im Abschnitt 5 (Karsau-Minseln) Ausführlichere Informationen zu den Hintergründen finden Sie hier.
- März 2021: Ist ein Basistunnel bei Waldshut denkbar? Lesen Sie hier mehr dazu.
- Februar 2021: Der BUND fordert einen Baustopp bei der A98.
- Dezember 2020/Januar 2021: Die neue Autobahngesellschaft übernimmt Zuständigkeiten des Regierungspräsidiums Freiburg.
- August 2020: Wie hat sich Corona auf die Hochrheinautobahn ausgewirkt? Das können Sie hier nachlesen.