„Wenn ich Angst habe und nicht mehr schlafen kann, brauche ich eine Stimme, einen Menschen, der mit mir spricht. Ich weiß dann, ich werde die Nacht überleben.“ Sätze wie diesen hören die ehrenamtlichen Helfer der Telefonseelsorge immer wieder am Telefon. Diese Menschen sind dankbar, dass es die Telefonseelsorge für sie gibt.
Manche tragen die Nummer immer bei sich. In Zeiten der Corona-Pandemie ist Telefonseelsorge für sie noch wichtiger geworden, weil andere Kontakte weniger geworden sind.
Corona bleibt beherrschendes Thema
Vor einem Jahr hoffte der Trägerverein noch, dass demnächst alles wieder „normal“ laufen würde. „Das Virus hat uns eines Besseren belehrt.
So sind auch in 2021 die Frühjahresfortbildung und einige Supervisionen der Pandemie zum Opfer gefallen. Umso dankbarer waren wir, dass unsere Mitgliederversammlung im September mit einem strengen Hygienekonzept in Wehr stattfinden konnte“, erklärt Traugott Weber, Vorsitzender des Trägervereins Telefonseelsorge Lörrach-Waldshut.
Wichtig sei auch die persönliche Begegnung bei der sehr guten Herbstfortbildung zum Thema „Häusliche Gewalt“ gewesen.
Doch nun sind die Folgen der Pandemie wieder spürbar: Manche Supervisionen und auch die Vorstandssitzungen finden wieder nur am Bildschirm statt. Trotzdem hat inzwischen wieder ein neuer Ausbildungskurs begonnen. „Wir sind dankbar, dass es immer wieder geeignete Menschen gibt, die bei uns mitarbeiten wollen“, so Weber. Seit Mai 2022 übernehmen die frisch ausgebildeten Ehrenamtlichen den Dienst am Telefon.
„Zur Würdigung unserer Arbeit hat die Deutsche Post im Herbst eine Sonderbriefmarke für die Telefonseelsorge herausgebracht“, schreibt Traugott Weber an die Vereinsmitglieder. „Auch das ist ein Zeichen, dass unsere Arbeit sehr wertgeschätzt wird.“
5000 Gespräche im Jahr 2021
Die Mitarbeiter der Telefonseelsorge Lörrach-Waldshut führten im vergangenen Jahr wieder an die 5000 Seelsorgegespräche. Die Anrufenden waren zu etwa 60 Prozent Frauen. Ebenfalls 60 Prozent der Anrufe kamen von allein lebenden Personen.
Die 50- bis 70-Jährigen waren mit 45 Prozent die stärkste Altersgruppe der Anrufenden. Die Gespräche dauerten im Durchschnitt 28 Minuten.
Um welche Themen geht es?
Themen aus dem Bereich Körperliches und seelisches Befinden waren mit 20,3 Prozent die am häufigsten genannten. Es folgen Einsamkeit/Isolation bei 19 Prozent der Anrufenden, und Familiäre Beziehungen bei 18 Prozent.
Über depressive Stimmungen ist in 17,4 Prozent der Telefonate geklagt worden.
Auffällig: Es waren mehr Anrufende mit Suizidgedanken und früheren Suizidversuchen zu verzeichnen als im Vorjahr. „Dass vor allem während der Pandemie viele Menschen Sorgen dieser Art hatten verwundert nicht“, so Weber. Eine andere bemerkenswerte Beobachtung sei, dass etwa ein Drittel der Anrufenden eine psychische Erkrankung erkennen ließ.
Im letzten Jahr haben die 46 Aktiven von 1200 Soll-Diensten 1104 besetzt – also beachtliche 92 Prozent im Jahresdurchschnitt. Jeder Ehrenamtliche hat an 24 Tagen oder Nächten 80 Stunden Telefondienst geleistet, jeden Monat eine Supervision besucht, und obendrein zwei Wochenenden für Fortbildungen geopfert.