Vor wenigen Tagen machten wir den Test: Wie viele Menschen nutzen die neue Corona-App in Bad Säckingen und in Waldshut-Tiengen? Unsere Ergebnisse entsprachen mit etwas mehr als 20 Prozent in etwa dem Bundesdurchschnitt.
Allerdings gibt es dabei eine Besonderheit: Die deutsche und die Schweizer Corona-App senden identische Signale aus, die wir für den Test an einem Samstagvormittag in den Innenstädten ausgelesen haben. Da viele Schweizer an diesem Tag unterwegs waren, ist klar: Auf einem Teil der von uns gemessenen Smartphones war in diesem Zeitraum die schweizerische Tracing-App SwissCovid aktiv und nicht die deutsche Corona-Warn-App.
1. Beide Apps erfassen und melden Risikokontakte. Wo ist das Problem?
Die Apps beider Länder sind bislang nicht miteinander kompatibel. Das heißt: Daten über mögliche Risikokontakte erfasst und meldet die deutsche Corona-App nur dann, wenn diese von einer deutschen Corona-App ausgestrahlt werden – nicht aber von der App der Eidgenossen – und umgekehrt.
Robin Houben vom Team Corona-Warn-App des Robert-Koch-Institus (RKI), bestätigt auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Es ist korrekt, dass es aktuell noch keine Interoperabilität der Apps in Europa gibt – das gilt auch für die deutsche und schweizerische App.“ Dabei wäre genau diese Kommunikation in unserer eng mit der Schweiz verbundenen Region elementar, um wirklich vom Nutzen der Apps profitieren zu können.
2. Ist hier eine Verbesserung geplant?
Ja, eine Kompatibilität der Apps ist angestrebt, so dass der Austausch möglich werden soll. Marco Stücheli, Sprecher des Schweizer Bundesamts für Gesundheit (BAG), erklärt auf Nachfrage Anfang Juli: „Die EU hat sich letzte Woche auf eine regulatorische Basis geeinigt, sie werden im Rahmen der ‘cross border initiative‘ eine Erweiterung machen. Dies wird ihre rechtliche Basis für den Datenaustausch zwischen den EU-Ländern sein, die auf das dezentrale Modell setzen und die Apple/Google API nutzen. Die Schweiz möchte sich daran beteiligen. Die entsprechenden Gespräche sind lanciert.“ Es besteht also Einigkeit in der Frage, dass es bei der globalen Epidemie rein nationale Werkzeuge nicht ausreichen.
3. Wie sind die jeweiligen technischen Voraussetzungen?
Houben vom deutschen RKI erklärt: „Um die Interoperabilität der Anwendungen zu gewährleisten ist es notwendig, dass die Apps über die gleichen Standards verfügen. Durch das Bluetooth-Protokoll sowie den Standard von Google und Apple wird die Möglichkeit geschaffen, entsprechende Roaming-Funktionalitäten anzubinden.“
Diese Voraussetzungen sind sowohl bei der deutschen als auch der schweizerischen App gegeben, wie BAG-Sprecher Stücheli bestätigt: „Die technischen Aspekte sind nicht so komplex, und wir haben mit der Arbeit begonnen.“ Dennoch seien Anpassungen nötig, wie der BAG-Sprecher erklärt: „Die App wird angepasst werden müssen, um die verschiedenen Länder zu verwalten (aber ein Schweizer wird immer SwissCovid verwenden).“ Abgesehen von der Technik gebe es allerdings aktuell noch Unklarheiten hinsichtlich der rechtlichen Aspekte, so Stücheli.
4. Bis wann sollen die Apps kompatibel sein?
Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit will sich bei dieser Frage noch nicht genau festlegen: Es sei „zur Zeit nicht möglich, eine zeitliche Planung zu definieren“, so Sprecher Stücheli.
Optimistischer ist man dagegen auf deutscher Seite des Rheinufers. Robin Houben vom RKI verweist in diesem Zusammenhang auf ein Statement des Leiters des Bundeskanzleramts, Helge Braun, kürzlich im Bayerischen Rundfunk: „Wir denken, dass wir zum Beispiel Österreich, Schweiz, Italien noch vor der großen Sommerhauptreisezeit anbinden können, weil die ein sehr ähnliches Konzept verfolgen wie wir“, sagte Braun dort.
5. Wäre es zwischenzeitlich nicht am einfachsten, die Apps beider Länder zu nutzen?
Es ist problemlos möglich die Corona-App des anderen Landes zusätzlich zu installieren. Allerdings können nicht beide Apps zeitgleich aktiviert und genutzt werden. Das heißt, dass immer nur entweder die deutsche App vor Riskokontakten mit deutscher App warnt, und das Pendant der Eidgenossen nur vor solchen mit schweizerische App.