Ausgerechnet im Kulturzentrum Schloss Bonndorf war die Sonderveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen des Landkreises mit ehemaligen Landräten angesetzt. Kaum weiter entfernt von der Großen Kreisstadt Waldshut-Tiengen hätte man kaum planen können. Und dennoch war gerade das eine symbolträchtige Klammer, die die Herausforderung des vor 50 Jahren neu entstandenen Landkreises kennzeichnete.
Altlandrat Norbert Nothhelfer erinnert sich
Peter Folkerts, 1973 zum Bonndorfer Bürgermeister gewählt, ebenso wie seinem Nachfolger sei es jeweils egal gewesen, wer unter ihnen Landrat war, witzelte der amtierende Landrat Martin Kistler. „Bonndorf kann sich selbst genug sein.“
Die Beharrlichkeit des damaligen Bonndorfer Bürgermeisters, mit der sich seinerzeit Landrat Norbert Nothhelfer auseinanderzusetzen hatte, sei indes überaus fruchtbar gewesen, betonte Nothhelfer als Diskussionspartner auf der Bühne.
Damals sei das Schloss „ein Rattenloch“ gewesen. Der Gemeinde hätten die Mittel gefehlt, daraus etwas zu machen. „Es ist ein kultureller Leuchtturm, den der Kreis hier geschaffen hat“, lobte der Altlandrat auch ein bisschen sich selbst. Aber eben auch das beharrliche Engagement des damaligen Bonndorfer Bürgermeisters.
Es war die Zeit, in der man sich noch allerorten aufregte über die Gebietsreform. Nicht nur die Bonndorfer – sich bis zum heutigen Tag oft Richtung Freiburg orientierend – waren nicht glücklich gewesen. Den Säckingern bringt Nothhelfer bis heute großes Verständnis entgegen.
Besser ein Hochrhein-Landkreis?
Den Altkreis Säckingen hätte man nicht auseinanderreißen dürfen, sondern einen kompletten Hochrhein-Kreis kreieren sollen. „Dann wäre es emotional einfacher gewesen, sich mit dem Landkreis zu identifizieren.“
Nothhelfer bezeichnet das als „Webfehler“, der sich durch die gesamte Gebietsreform von damals zöge, was in der Bemerkung gipfelte: „Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald war überflüssig wie ein Kropf.“
Auch Landrat Martin Kistler bemängelt bis heute, dass Schluchsee, „der Zankapfel“ von damals, „unnatürlicher Weise“ nicht zum Landkreis Waldshut gehört. „Das ist ein Zacken, den man aus dem Landkreis herausgehauen hat.“
Partnerschaftliche Zusammenarbeit über Grenzen
Nichtsdestotrotz würde man sich gut behelfen, indem man partnerschaftlich über Kreisgrenzen hinweg zusammenarbeitet. Als gutes Beispiel nannte Kistler die Breitbandversorgung. Ein guter Landrat könne viel bewirken, konstatierte Nothhelfer.
Alexis von Komorowski, der dritte Mann auf dem Podium feierte die Gebietsreform von damals trotz aller möglichen Mängel. Komorowski, aus Tiengen stammend, ist längst in Stuttgart daheim, wo er Geschäftsführer des Landkreistags ist.
Die Reform sei nicht aus heiterem Himmel gekommen. Es hätte ein Reformstau in den Verwaltungen zugrunde gelegen. Gebietsreformen, Gemeindefusionen und die Einrichtung der Hochschule für Verwaltung seien prinzipiell richtig und notwendig gewesen.
Das ist gut am Zusammenschluss
„Sekt oder Selters?“ hatte die Eingangsfrage der Moderatorin Petra Jehle zu dieser „goldenen Landkreishochzeit“ gelautet. Dass sich alle für Sekt entschieden haben, lag wohl daran, dass alle Diskutanten mit den bisherigen Ergebnissen der Kommunalpolitik im Zusammenspiel von Gemeinden mit dem Landkreis – mindestens im Großen und Ganzen – zufrieden sein konnten.
Stichworte für Landrat Martin Kistler dafür waren die gelungene Breitbandversorgung des Kreises oder auch gute Ergebnisse bei Verhandlungen von Landräten in Grenzlandkreisen auf Augenhöhe mit den Vertretern der eidgenössischen Kantone – die immerhin mit hiesigen Bundesländern vergleichbar wären.
Banger Blick in die Zukunft
Dennoch gab es mahnende Blicke in die Zukunft. Alexis von Komorowsik, Verhandlungen mit dem Land für die Landkreise im Blick, meinte: „Es geht uns außerordentlich schlecht.“ Herkulesaufgaben seien zu meistern, mit denen Landkreise bis vor Kurzem nicht behelligt waren. Klimaschutz, Digitalisierung und auch den demografischen Wandel führte er als Beispiele an.
Zudem würde man in Zeiten des Fachkräftemangels mit einer Regelungsflut konfrontiert, die er, den Ministerpräsidenten zitierend, als „wüstes Brombeergestrüpp“ bezeichnete. Zwar würde Politik vielfach über neue Normen steuern.

„Ich habe allerdings den Wunsch, dass hier öfter einmal Regelungsverzicht geübt wird.“ In der Folge der Überforderung von Verwaltungen, wären staatlich zugesagte Leistungen nicht mehr erfüllbar, wie etwa Kindergartenöffnungszeiten. „So verlieren Menschen das Vertrauen in die Politik.“