Es ist jedes Mal zum Jahresende dasselbe Ritual: Bund, Länder und Kommunen ringen um den Haushalt des kommenden Jahres. Auch bei uns in der Region jonglieren Gemeinden und Landkreise in diesen Wochen mit Millionensummen. Doch wofür braucht die öffentliche Hand soviel Geld, was müssen die Kommunen jedes Jahr eigentlich leisten? Diesen Fragen sind wir am Beispiel des Landkreises Waldshut einmal nachgegangen.
Der Landkreis hat kaum eigene Geldquellen
Beobachter verfolgten aktuell die Haushaltsdebatten im Kreistag, die Diskussion um die Kreisumlage, die Forderung nach Einsparungen und einen Beschluss mit viel Zähneknirschen. Die Krux an den Kreisfinanzen: Die Landkreise haben kaum eigene Geldquellen. Anders als Gemeinden können sie nicht einfach Grundsteuer oder Gewerbesteuer erhöhen. Der Kreis wird nur von zwei Seiten finanziert, berichtet Landrat Martin Kistler im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Ein Teil der Gelder kommt von Land und Bund, der andere von den Kreisgemeinden. „Wir sind auf Zuweisungen und Umlagen angewiesen“, sagt Michael Hayden, als Kreiskämmerer Chef der Finanzen.
Und genau hier liegt auch der alljährlichen Streitpunkt zwischen Landkreis und Gemeinden. Auch fürs nächste Haushaltsjahr mussten die Kreisgemeinden eine Erhöhung ihrer Umlage akzeptieren – um 8,3 Millionen auf 92,4 Millionen Euro. Genügend Zündstoff für Diskussionen.

Bund und Land zahlen zu wenig Geld für angeordnete Pflichtaufgaben
Aber wieviel Geld braucht der Landkreis Waldshut eigentlich konkret? Und vor allem wofür? Was vielen nicht klar ist: Im Grunde lässt sich feststellen, dass die Landkreise in Deutschland den Großteil aller sozialen Segnungen abwickeln müssen, die man sich in Berlin und in den Landeshauptstädten ausdenkt. Das Problem: Bund und Land stellen den Landkreisen dafür zwar Geld zur Verfügung, aber nicht in allen Bereichen genug. Nicht zuletzt deshalb klagt Landrat Martin Kistler, dass teilweise ein Finanzierungsdelta bleibt.
Doch von Anfang an: Der gesamte Kreishaushalt wird 2024 ein Volumen von 320 Millionen aufweisen. Davon sind alleine 179 Millionen reine Sozialausgaben, betont der Landrat. Sozialkosten sind Pflichtausgaben der öffentlichen Hand, hier kann nichts gespart werden. Zu diesem Bereich gehört das Sozialamt, das Jobcenter und das Jugendamt. Im vergangenen Jahr lagen diese Ausgaben noch bei 155 Millionen“, zeigt Kreiskämmerer Hayden die enorme Steigerung. Gleichzeitig macht Kistler deutlich, dass dies der allgemeine Kostensteigerung geschuldet sei und nicht etwa einer Zunahme von Hilfeempfängern. Diese Zahl sei stabil, so Kistler.
Der Schwerpunkt des Haushaltes liegt bei Sozialhilfen
Die Sozialaufgaben sind die Hauptaufgabe des Landkreises: Leistungen der Sozialhilfe, Bürgergeld, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung, Schülerbeförderung, Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfen – nur einige Schlagworte aus dem großen Katalog der Sozialhilfen, die über den Kreishaushalt finanziert werden. Für diese Pflichtaufgaben braucht der Landkreis im kommenden Jahr eben besagte 179 Millionen Euro. Doch abzüglich der Kreisumlage und der staatlichen Zuweisungen für diese Sozialleistungen fehlen dem Kreis auf der Einnahmeseite fast zehn Millionen. Deshalb nimmt er fünf Millionen neue Schulden auf. Ein weiterer Beitrag muss der Kreiskämmerer irgendwo aus dem Haushalt rausschwitzen. Der Kreistag hat ihm schon den Auftrag mitgegeben, bei der Bewirtschaftung der kreiseigenen Immobilien zu sparen.

Belastet die Flüchtlingszuwanderung den Kreishaushalt?
Nein, sagen Landrat und Kreiskämmerer. Natürlich koste die Flüchtlingsunterbringung Geld, aber dies gehe nicht zu Lasten der eigenen Kreisfinanzen. „Denn diese Kosten werden von Bund und Land voll gedeckt“, sagt Kistler. Insgesamt sind 18 Millionen an Ausgaben und Einnahme gebucht. Hierin eingerechnet seien alle Kosten, also die direkten Leistungen für Flüchtlinge, die Unterbringungskosten sowie anteilig auch der Personalkostenaufwand der Behörde.
Kostensteigerung beim Personal
Das Landratsamt ist gewissermaßen ein zweigeteiltes Amt. Es beinhaltet die unteren Landesbehörden, und es beinhaltet gleichzeitig auch die Kreisbehörden. Angestellt sind 1100 Personen auf 870 Vollzeitstellen. Die Personalkosten werden sich wegen Tarifsteigerungen im kommenden Jahr um zehn Prozent auf 63,1 Millionen Euro erhöhen.
Stationäre Gesundheitsvorsorge – die Klinik kostet enorme Summen
Eine weitere wichtige Aufgaben des Kreises ist die stationären Gesundheitsvorsorge – sprich das Krankenhaus- und Klinikwesen. Aktuell muss der Landkreis für das Klinikum Hochrhein in Waldshut jedes Jahr Millionendefizite schultern (2024: 7,7 Millionen). Hinzu kommt in diesem Bereich als Zukunftsaufgabe der Bau des neuen Kreisklinikums in Albbruck. Im Moment steckt man hier im Planungsstadium, im kommenden Jahr sind dafür drei Millionen eingeplant.
Öffentlicher Nahverkehr: So kommen die Kinder in die Schule
Ein dicker Brocken sind die Gelder für den ÖPNV, die tägliche Schülerbeförderung und der Ausbau der Bahn-Elektrifizierung. Dieser Block schlägt mit 20 Millionen Euro zu Buche. Zu weiteren Aufgaben gehören die Kreisschulen, also die beruflichen Schulen in Bad Säckingen und Waldshut, und die Förderschulen, die Instandhaltung der Kreisstraßen, das kreiseigene Pflegeheim, die Abfallwirtschaft und das Breitband, dessen Backbone-Ausbau nahezu abgeschlossen ist.