Noch ist die alte Murgtalstraße durch das wildromantische Murgtal unter der Woche für den Verkehr offen, und gilt unter Motorradfahrern sogar als Geheimtipp. Ab dem 1. Januar 2025 ist Schluss damit. Der Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung am Montag, das Murgtal für den motorisierten Verkehr zu sperren. Ausschlaggebend sind Sicherheits- und damit verbunden Haftungs- und Kostenfragen. Der Kutschbetrieb Behringer aus Hänner erhält eine Ausnahmegenehmigung.
Was ist passiert?
Die Diskussion über eine mögliche Sperrung des Murgtals für den motorisierten Verkehr nahm im Februar 2021 ihren Lauf. Nassschnee hatte vor dem Tunnel beim Elendslöchle eine Fichte auf einer Trockenmauer umgedrückt, die dabei ein großes Stück der Mauer mit mit sich riss, so dass die Murgtalstraße zwischen Elendslöchle und Lochmühle gesperrt werden musste.
Nach zwei Jahren ist das Murgtal wieder offen
Noch im selben Sommer schuf ein Steg Abhilfe, zumindest für Fußgänger, Wanderer und Radfahrer. Für den motorisierten Verkehr war das Murgtal erst ab September 2023 wieder frei, nachdem Baggerfahrer aus dem befreundeten Murg am Walensee in der Schweiz gemeinsam mit der Firma Strittmatter aus Hänner eine Stützmauer aus Natursteinen errichtet hatten. Auch für den Kutschenbetrieb Behringer aus Hänner waren nun wieder Murgtalfahrten möglich.
Gemeinderat will Sperrung
Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass die Murgtalstraße in Zukunft für den motorisierten Verkehr gesperrt werden würde. Der Gemeinderat hatte sich dazu bereits im Oktober 2022 in nicht-öffentlicher Sitzung entschlossen. Der Hintergrund: Aufgrund des Titels „Gemeindeverbindungsstraße“ der Murgtalstraße hat die Gemeinde Murg auch die Verkehrssicherungspflicht und haftet bei etwaigen Schadensfällen.
Der Klimawandel ist angekommen
In Sachen Verkehrssicherung aber, entständen der Gemeinde, trotz jährlicher Zuschüsse seitens des Landkreises, in Zukunft erhebliche Kosten. Ein geologisches Gutachten hatte im Juni 2022 nämlich festgehalten, dass in zwölf Bereichen im Murgtal aufgrund der klimatischen Bedingungen in Zukunft vermehrt mit Felsabgängen gerechnet werden müsse.
Die Kostenfalle
Weil das Murgtal Landschaftsschutzgebiet und als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) besonders schützenwert ist, müsste vor einer Sanierung dieser Bereiche zunächst ein naturschutzrechtliches Gutachten erstellt werden. „Allein dieses Gutachten kommt auf 80.000 Euro, und da ist noch kein einziges Netz zur Felssicherung gespannt“, stellte Bürgermeister Adrian Schmidle fest.
Das ist die Lösung
Ein Ausweg aus dieser Kostenfalle ist die Umwidmung der Murgtalstraße von einer Gemeindeverbindungsstraße in einen Waldweg. Damit entfallen zwar die Zuschüsse, aber auch die hohen Anforderungen an die Verkehrssicherung, etwa die Sicherung vor Steinschlägen, und die Haftung. Jeder Nutzer von Waldwegen hat mit sogenannten „waldtypischen Gefahren“ zu rechnen und ist auf eigene Gefahr unterwegs.
Was passiert mit den Murgtalkutschfahrten?
Privaten Waldbesitzern ist der Zugang zur Bewirtschaftung ihrer Flächen weiterhin gestattet. Auch der Kutschbetrieb der Familie Behringer ist möglich. Auf Anfrage von Rätin Andrea Volz (Die Grünen) erklärte Schmidle, dass die in Aussicht gestellte Ausnahmegenehmigung eine Formalie sei: „Auch wir sind bestrebt, dass die Kutschfahrten weitergehen.“ Die Pflege der Wege durch die Gemeinde werde ebenfalls weitergeführt, so Schmidle auf Anfrage von Rat Uwe Stehle (AfD). Offen bleibt auch die Verbindung Oberhof – Lochmühle – Harpolingen.
Rickenbach zieht mit
Laut Schmidle ist die Sperrung des Murgtals auf Murger Gemarkung mit dem Rickenbacher Bürgermeisterkollegen Dietmar Zäpernick abgestimmt. Die auf Rickenbacher Gemarkung liegende Teilstrecke der alten Murgtalstraße wird ebenfalls für den motorisierten Verkehr gesperrt.
Gut für den Tourismus
Der Murger Bürgermeister sieht die Sperrung auch als Zugewinn für den Tourismus und erinnerte an die Erneuerung des Murgtalpfades, die zur Zeit voll im Gange ist.