Elena Borchers

Herr Beck, Corona hat das kulturelle Leben in den vergangenen Monaten nahezu lahmgelegt. Sie waren mit beteiligt, neue Formate wie die Online-Kulturnacht und Drive-In-Veranstaltungen zu schaffen. Macht Ihnen das den Abschied leichter oder schwerer?

Anfangs war das schon bitter. Wir hatten das Programmheft gerade gedruckt und hatten viel vor, etwa die Kulturnacht, ein Konzert zum 250. Geburtstag von Beethoven und die lange Nacht des Kabaretts. Dann wurde erstmal alles abgesagt und man findet sich damit ab. Es hat mich gewundert, wie schnell wir das alle akzeptiert haben. Als städtische Mitarbeiter haben wir natürlich auch eine gute Situation, wir bekommen weiter unser Gehalt, aber die Künstler haben es derzeit richtig schwer.

Und Sie mussten sich in Ihrer Arbeit auch nochmal richtig umstellen.

Ja, es war Zeit, etwas Neues zu machen. Die lange Nacht des Kabaretts stand ja im Raum, da mir die sehr am Herzen liegt, habe ich sie lange nicht abgesagt. Als klar war, dass es nicht geht, haben wir die Kabarettisten, die gebucht waren, ins Auto-Comedy gepackt und auch andere Drive-In-Angebote aufgelegt. Das ist interessant, aber es ist nicht das Wahre. Obwohl sie sonst einen Saal füllen würden, ist der Ticketverkauf schwieriger, mit Ausnahme von Hazel Brugger, wo wir ausverkauft waren.

Das könnte Sie auch interessieren

Das klingt nach einem schwierigen Abschied.

Ja, es ist ein schwieriger Abschied. Es war wie in Zeitraffer, plötzlich lief alles ganz anders. Die Absage der Brückensensationen schmerzt mich am meisten.

Sie haben die Brückensensationen kurz nach Ihrem Start in Rheinfelden etabliert. Würden Sie sagen, das war Ihr größter Erfolg?

Ja, das kann man sagen.

Und was war Ihr größter Misserfolg?

(überlegt) Das ist schwer zu sagen. Es gibt immer mal Dinge, die nicht laufen. Ich erinnere mich etwa an ein Konzert mit französischen Chansons, zu dem gerade mal vier bis fünf zahlende Besucher kamen. Wir haben dann mit den Künstlern einen Stuhlkreis gebildet (lacht). „Ich habe lange gefremdelt, aber Rheinfelden ist eben eine junge Industriestadt und damit etwas ganz anderes, als ich kannte.“

Das könnte Sie auch interessieren

Wie kam es dazu, dass Sie städtischer Kulturamtsleiter wurden? War das schon immer Ihr Ziel?

Nein. Ich war zunächst in der Kinder- und Jugendarbeit bei der Stadt Friedrichshafen tätig. Danach habe ich 13 Jahre lang als selbstständiger Kultur- und Eventmanager gearbeitet. Dann aber kam die große Krise der Branche, ich musste meine Mitarbeiterinnen entlassen und saß am Ende alleine im Büro. Da hat meine Frau die Stellenausschreibung der Stadt Rheinfelden entdeckt. Ich habe mich beworben, obwohl ich eigentlich dachte, dass die mich eh nicht wollen. Dann aber wurde ich aus mehr als 125 Bewerbern ausgesucht.

Sie wohnen in Salem am Bodensee. Erinnern Sie sich an Ihren ersten Arbeitstag in Rheinfelden?

Oh ja. Da dachte ich: ,Meine Güte, was hast du nur gemacht?‘ (lacht). Es war Winter, und ich kam in das Rathaus, das damals ja noch ganz anders aussah als heute, musste zeitstempeln, das kannte ich alles nicht. Ich hatte noch nie zuvor in einem Rathaus direkt mein Büro. Noch Jahre später habe ich mir, wenn ich in der Mittagspause in Rheinfelden unterwegs war, gedacht: ,Es gibt so viele schöne Orte auf der Welt, warum bist du gerade hier gelandet?‘ Ich habe lange gefremdelt, aber Rheinfelden ist eben eine junge Industriestadt und damit etwas ganz anderes, als ich kannte. Ich hatte jedoch trotzdem einen sehr guten Start, denn direkt, nachdem ich kam, sollte ich das Programm rund um die damals umstrittene Grün 07 machen. Der damalige Oberbürgermeister Eberhard Niethammer hat mir viel Freiheit gelassen, ich konnte richtig zupacken und habe mit den Zeltfestivals und den Brückensensationen ein Programm geschaffen, das viele Menschen angezogen hat. Das war ein positives Zeichen für die Bevölkerung und hat auch ein anderes Licht auf Rheinfelden geworfen.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie haben Sie Rheinfelden aus den Augen eines Kulturschaffenden kennengelernt? Ist es ein gutes kulturelles Pflaster?

Es gibt hier wenig Kulturbürgertum, das muss man ehrlich sagen, aber das muss ja nicht schlecht sein. Es ist einfach schwieriger als in einem Bürgerstädtchen, die Besucherzahlen sind niedriger. Ich habe versucht, Formate zu finden, die angenommen werden. Dazu gehören Fotoaktionen zum Mitmachen wie Klick und auch die Brückensensationen. Klassik, Schauspiel, Kabarett spricht einen bestimmten Personenkreis an. Wirklich ärgerlich ist jedoch, dass viele Menschen kaum etwas mitbekommen, weil sie über die Medien nicht zu erreichen sind. Wir veröffentlichen unser Programm online, in der Zeitung, in Programmheften, es gibt das Magazin 2xRheinfelden und zudem hängen Plakate in der Stadt aus. Trotzdem gibt es immer mehr Menschen, die gar nicht wissen, was geboten wird.

Sie haben bereits angekündigt, der Stadt und Ihrer Nachfolgerin Henrike Fuder weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen zu wollen. Wie wird das aussehen?

Das lasse ich auf mich zukommen. Erst einmal bin ich weg und werde den Abstand zu Rheinfelden genießen. Ich war ja all die Jahre Wochenpendler und ziehe jetzt wieder ganz an den Bodensee.

Das könnte Sie auch interessieren

Freuen Sie sich auf Ihren Ruhestand?

Ja, ich freue mich darauf. Ich werde trotzdem aktiv bleiben, ich bin ja noch jung, aber eben anders. Ich werde am Bodensee auch weiterhin als Freiberufler kulturelle Projekte in Angriff nehmen.

Zum Schluss entscheiden Sie sich bitte für je einen der beiden genannten Begriffe: Kino oder Kabarett?

(überlegt) Als Kulturamtsleiter müsste ich eigentlich Kabarett nehmen, aber ich bin auch ein großer Kinofan.

Mozart oder Madonna?

Mozart.

Theater oder Techno-Party?

Theater, da bin ich dann doch altmodisch.