Rheinfelden Es ist ein feiner, unverkennbarer Geruch nach Papier und Staub, der den Besucher in der Herzkammer des Rheinfelder Stadtarchivs empfängt. Hier, im zentralen Magazin im zweiten Stockwerk des Rathauses, lagern unzählige Verwaltungsakten, sortiert nach Ämtern und Jahren, in langen Regalreihen zwischen Betonpfeilern.
„Wir sind das Gedächtnis der Verwaltung“, sagt Maribel Bogenschneider. Die Archivleiterin wacht mit ihren vier Mitarbeitern über mehr als 3000 Laufmeter Archivmaterial. Von Baurechtsakten über Ratsprotokolle bis zu Sterbebüchern finden sich hier die Dokumente. Der Bestand beginne etwa ab 1870 und dann verstärkt ab der Stadtgründung in den 1920er-Jahren, erklärt Bogenschneider. Ältere Dokumente und Urkunden seien eher ein Fall fürs Landesarchiv. Neben den Verwaltungsakten verwahrt das Archiv auch Nachlässe von Privatpersonen und Aufzeichnungen von Vereinen und Parteien.
Auch wenn das Archiv ein eher abgeschiedener Ort ist, gibt es regelmäßig Besucher. Historiker, Ahnenforscher oder Schüler recherchieren hier. Am häufigsten gebe es Anfragen zu Baurechtsakten. Wer ein Haus kaufen oder verkaufen möchte, benötige oftmals die Pläne, erklärt die Archivleiterin. Unbeaufsichtigt ins Magazin gehen, darf man nicht. Dort lagert auch vieles, das datenschutzrechtlich sensibel ist. „Man muss immer ein berechtigtes Interesse vorweisen“, betont Bogenschneider.
Neben der Erfassung und der Bewertung, ob eine Akte archivwürdig ist, ist die Konservierung der Dokumente eine wichtige Aufgabe der Archivmitarbeiter. Um die Dokumente vor dem Tageslicht zu schützen, sind die Jalousien an den Fenstern immer heruntergelassen. Es kommt aber auch auf das Klima an. Optimal seien eine Temperatur von 21 Grad und eine Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 55 Prozent, erläutert Maribel Bogenschneider. Und hier kommt auch der Geruch wieder ins Spiel. Der typische Papiergeruch sei durchaus normal, wenn aber ein Archiv besonders stark oder gar modrig riechen würde, könne das ein Zeichen für Feuchtigkeit oder Schimmel sein.
Die meisten Ordner und Bücher stehen oder hängen momentan noch in den Regalen. Sie sollen zukünftig in spezielle Archivkartons umgeräumt werden. Das gewährleiste nicht nur eine längere Haltbarkeit, sondern schütze auch das Papier im Falle einer Katastrophe. „Nach der Ahrtal-Flut konnten so viele Akten gerettet werden. Man konnte die Kartons aus dem Schlamm ziehen, den Container abspritzen und die Akten waren fast unberührt“, berichtet Bogenschneider.
Mit der Digitalisierung steht im Archiv ein weiteres großes Projekt an. Neue Akten werden oft schon von vorneherein nur digital erfasst. So sind beispielsweise die Protokolle des Gemeinderats nur bis 2016 in Papierform archiviert. Aber auch die älteren Akten sollen nach und nach eingescannt und damit besser zugänglich und recherchierbar gemacht werden – eine Aufgabe, die das Stadtarchiv mindestens noch die nächsten zehn Jahre beschäftigen wird, schätzt Bogenschneider. „Als Archivar beschäftigt man sich also immer mehr mit Bits und Bytes und weniger mit Papierqualitäten“, sagt sie.
Das physische Archiv werde es aber trotzdem weiterhin geben. Bei vielen Dokumenten sei es auch eine wichtige Qualität, dass man nachvollziehen kann, wie sie entstanden sind. „Akten haben Haptik. Man fühlt sie. Man sieht die Größen. Man spürt das Gewicht“, sagt Bogenschneider. Und man riecht sie eben auch. „Früher wurde in den Büros noch geraucht. Das merkt man bei einigen Akten immer noch. Und bei manchen kann man sogar noch das Parfüm aus den 60er-Jahren riechen“, berichtet die Archivleiterin.