Herr Rooks, auf wie viel Fläche leben Sie? Können Sie sich vorstellen, in einem Tiny House zu leben?
Ich wohne in einem kleineren Einfamilienhaus. Von meinem aktuellen Familienstand her kann ich es mir nicht vorstellen, in einem Tiny House zu leben. Aber allein oder zu zweit finde ich es denkbar, an der Philosophie der Konzentration auf das Wesentliche auf 30 oder 40 Quadratmetern Gefallen zu finden. Corona hat meiner Meinung nach den Trend zu einer neuen Bescheidenheit gefestigt. Mit wenig Aufwand viel erreichen, das finde ich nicht verkehrt.
Tiny Houses sind meist transportabel, werden aber oft fest installiert. Sie sind bedeutend günstiger als normale Neubauten und können schnell errichtet werden. Wodurch definieren sich Tiny Houses baurechtlich?
Das Baurecht definiert keine Tiny Houses, sondern bauliche Anlagen, zu denen auch Gebäude gehören. Ein Tiny House kann als Gebäude mit Aufenthaltsqualität gewertet werden. Schwierig wird es, weil bauliche Anlagen wiederum immobil sein müssen, also fest mit dem Boden verbunden. Bei einem wohnwagenähnlichen Modell, also einem Haus, das auf seinen Rädern steht, werden die Grenzen der Zuständigkeit der Baurechtsbehörde fließend. Eine andere Form der Tiny Houses ist zwar zunächst auch mobil, es wird aber schließlich mit dem Erdboden verbunden, so dass man es nicht mit eigener Kraft vom Standort wegbewegen könnte. Solche Tiny Houses würden in unsere Zuständigkeit fallen. Für sie muss die Statik bezüglich eines Fundaments berechnet werden und eine Prüfung stattfinden, weil Teile von Rheinfelden in der Erdbebenzone 3 liegen. So ein Tiny House wäre also baurechtlich wie ein normales Wohnhaus zu bewerten mit Zu- und Abwasseranschluss und einer Stromversorgung.
Die Bauvoranfrage in Eichsel wurde ja vom Ortschaftsrat abgewiesen. Ist das das letzte Wort?
Die Zuständigkeit über die Entscheidung liegt bei der unteren Baurechtsbehörde. Wie bei anderen Vorhaben außerhalb eines gültigen Bebauungsplanes kommt Paragraf 34 des Baugesetzes zum Tragen, nach dem sich ein Vorhaben nach Art und Maß in die Umgebung einpassen muss. Wenn auf ein Baugrundstück sechs Tiny Houses gestellt werden sollen, würde das Vorhaben darauf bewertet, ob es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einpasst. Auch das Ortsbild spielt dabei eine wichtige Rolle.
Wo dürften denn baurechtlich Tiny Houses aufgestellt werden – und unter welchen Bedingungen?
Wir hatten bereits genehmigungsfähige Anfragen, die dann aber doch nicht umgesetzt wurden. In einem Fall handelte es sich um ein Tiny House der mobilen Art. Beim zweiten um eine Anfrage für ein immobiles Tiny House innerhalb eines gültigen Bebauungsplans. In den meisten Bebauungsplänen sind Maximalwerte für Bauwerke festgehalten, aber oft keine Minimalwerte. Wenn ein Bebauungsplan also keine Untergrenzen definiert, sind Tiny Houses durchaus möglich.
Dürften denn mehrere Einzelbauten in ein Baufenster gesetzt werden?
Im Bebauungsplan wird teilweise festgelegt, wie viele Wohneinheiten pro Baufenster erlaubt sind. Wenn zum Beispiel maximal drei Einheiten möglich sind, könnte ein Haus mit drei Wohnungen oder auch drei Tiny Houses errichtet werden, wobei bei letzteren die Brandschutzvorgaben zu bedenken sind, nach denen zwischen den Bauten mindestens fünf Meter Abstand liegen müssen.
Das deutsche Baurecht hat ja schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. Wie wird da mit neuen, alternativen Konzepten des Wohnens und Bauens umgegangen?
Die sind in der Landesbauordnung gewürdigt. Laut §56 sind Abweichungen von den vorigen Paragrafen zuzulassen, wenn sie der praktischen Erprobung neuer Bau- und Wohnformen im Wohnungsbau dienen. Voraussetzung ist, dass die Abweichungen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Letztlich bleibt es im Einzelfall zu prüfen.
Gäbe es andere Möglichkeiten, Tiny Houses zu ermöglichen?
Das Baugesetz kann Planungsmöglichkeiten durch die Ausweisung von Sondergebieten schaffen. Aber Planungsrecht wäre grundsätzlich auch herzustellen, indem man Tiny Houses in Bebauungsplänen in gewissen Bereichen explizit zulassen würde.
Sind Tiny Houses nur eine vorübergehende Mode oder ein echter Trend für das Wohnen der Zukunft?
Ich denke, die Wahrheit liegt dazwischen. Dass uns gerade in ländlichen Regionen eine Fülle von Tiny Houses überrollen wird, glaube ich nicht. Aber ich schließe auch nicht aus, dass welche in Rheinfelden beantragt und auch einmal genehmigt werden.