Krimi-Szenen auf einem Parkplatz an der B317 bei Schönau-Brand: Drei Männer mit Sturmhauben versuchen, mitten in der Nacht einen Imbisswagen vor der Irisette-Fabrik aufzubrechen. Womit sie nicht gerechnet hatten: In einem Lastwagen auf dem Parkplatz übernachtete ein Fernfahrer. Dieser Zeitung erzählt er, wie er die Einbrecher verscheuchte.
Das schmucklose Industrieareal am Ortseingang von Schönau dient dem 56-jährigen Veit Dreißigacker ein oder zweimal pro Woche als Nachtquartier: Als Berufskraftfahrer tourt er für einen Automobil-Zulieferbetrieb aus Thüringen durch ganz Europa.
Dabei macht er regelmäßig bei der Firma Hella in Wembach Halt. Abends kommt er, um die Ware am nächsten Morgen auszuladen. Dazwischen übernachtet er in seinem Lastwagen, einem Mercedes Sprinter, auf dem Parkplatz in Brand direkt gegenüber der Hella.
So sieht der übliche Ablauf aus. Doch am Donnerstag kam alles anders: Um halb eins in der Nacht wacht Veith Dreißigacker von Kratzgeräuschen auf. Durch seine Windschutzscheibe entdeckt er drei Männer, die sich an einem Imbisswagen etwa zehn Meter entfernt zu schaffen machen: „Voll maskiert, mit Sturmhaube, Rucksack, schwarze Jeans. Das sah nicht aus wie ein Dumme-Junge-Streich“, schildert der Berufsfahrer die Situation.
Nach einem erstem Schrecken gelingt es ihm, nüchtern zu überlegen und zu handeln: Als erstes natürlich der Anruf bei der Polizei. Problem allerdings: „Ich wusste, das dauert jetzt mindestens eine Viertelstunde, bis die da sind. Wir sind ja in Schönau.“
Solange aber einfach dasitzen und zuschauen, wie vor seinen Augen ein Wagen aufgehebelt wird und eine Straftat geschieht? Nein. Dann doch eher ein Überraschungsangriff. „Motor gestartet, Fernlicht an, Türe auf, und rausgebrüllt: Ihr Dreckschweine“, schildert Dreißigacker das entscheidende Manöver. Die Aktion zeigte Wirkung: „Die haben einen Riesenschreck gekriegt und sind abgehauen, runter in Richtung Wiese.“
Als die Polizei am Tatort in Schönau eintrifft – es dauert tatsächlich eine Viertelstunde –, machen sich die Beamten erstmal ans Spurensichern. Veith Dreißigacker legt sich wieder schlafen, bis die Polizisten an der Wagentür klopfen und ihn wecken, um ihn als Zeugen zu befragen.
Danach endlich ist endgültig Nachtruhe. So lange, bis früh am nächsten Morgen das ganz normale Programm ansteht: Ausladen und zurück, 470 Kilometer ins heimische Meiningen.
Ob er denn keine Angst hatte in dieser Situation? Oder umgekehrt: Ob es für das Manöver nicht eine Menge Mut brauchte? „Na – das war eher Empörung bei mir. Und ein Adrenalinschub.“ Zu spät kam ihm allerdings eine andere Idee: „Ich hätte das erst mal noch filmen sollen. Da bin ich aber erst im Nachhinein drauf gekommen“, erzählt er.
Oft regten sich die Leute auf über Laster, die über Nacht irgendwo parken. „In dem Fall kann man ja jetzt aber auch mal froh sein, dass da jemand war.“ Dass Dreißigacker von den Einbruchgeräuschen überhaupt aufgewacht ist, ist seinem leichten Schlaf zu verdanken, erzählt er.
Der komme leider nicht von ungefähr: Schon vor diesem Fall war er Zeuge von zwei Einbruchsversuchen, einmal sogar in seinem eigenen Wagen. „Da schläft man dann irgendwann eher unruhig.“
Seinen Stellplatz will Dreißigacker bei seinen künftigen Arbeitsbesuchen im Oberen Wiesental wegen dieser Angelegenheit nicht aufgeben: „Selbstverständlich komme ich wieder dahin“, erklärt er knapp und entschieden. Denn: „Von so etwas kann man sich ja nicht vertreiben lassen.“